| # taz.de -- Filmdoku über Conny Plank: Welthits vom Bauernhof | |
| > Im Dokumentarfilm „Conny Plank – The Potential of Noise“ geht Stephan | |
| > Plank auf die Spurensuche seines Vaters, des Musikproduzenten. | |
| Bild: Haare hinter die Ohren, damit sie sich bloß nicht in den Reglern verfang… | |
| Eurythmics. Ultravox. Killing Joke. Whodini. Devo. DAF. Cluster. Neu!. | |
| Harmonia. Ideal. Gianna Nannini. Was verbindet diese Bands und Musiker? | |
| Bei aller Verschiedenheit: Sie alle schauten bei Conny Plank im Studio | |
| vorbei. Bei wem? | |
| Die Frage ist leider berechtigt. Bis heute gehört Conny Plank zu den | |
| einflussreichsten Unbekannten der Musikgeschichte. Ohne ihn hätte der | |
| Krautrock anders geklungen, und viele Bands des New Wave der frühen | |
| achtziger Jahre ebenfalls. | |
| Der Produzent und Tontechniker war einer der wenigen Studioarbeiter, die | |
| sich – unter Musikern zumindest – einen Namen damit machten, den Bands | |
| nicht den eigenen Sound aufzudrücken, sondern genau das aus den Musikern | |
| herauszukitzeln, was sie im Einzelnen auszeichnete, besonders machte. Und | |
| dabei ständig neue Möglichkeiten erprobte, das Studio selbst zum Instrument | |
| machte. | |
| Wer war Conny Plank? Diese Frage stellt sich in „Conny Plank – The | |
| Potential of Noise“ sein Sohn Stephan Plank. Der war erst 13, als sein | |
| Vater 1987 im Alter von 47 Jahren plötzlich an Krebs starb. Bis dahin hatte | |
| Stephan Plank viele verschiedene Musiker kennengelernt, die bei Planks ein | |
| und aus gingen, während sie im heimischen Studio ihre Platten aufnahmen. | |
| Den Vater selbst erinnerte er, wie er im Film zu Protokoll gibt, in erster | |
| Linie über die Aufnahmen, deren Entstehung er selbst als Kind miterlebte. | |
| Stephan Plank tut in seinem Film daher zweierlei. Zunächst besucht er | |
| diverse Musiker, die bei seinem Vater im Studio waren, in einem | |
| umfunktionierten ehemaligen Bauernhof in Wolperath bei Köln. Und liefert | |
| damit ein beeindruckendes Stück Musikgeschichte. Dass diese Musikgeschichte | |
| für ihn andererseits eine sehr persönliche Angelegenheit ist, hätte sich | |
| leicht als Hindernis für den Film erweisen können. | |
| ## Reise zu sich selbst | |
| Bei Stephan Plank gerät diese Reise zum abwesenden Vater hingegen zu einer | |
| Reise zu sich selbst, was dem Film eine interessante weitere Ebene | |
| hinzufügt, in der die Befragten vor der Kamera nicht bloß Auskunft über | |
| ihren früheren Produzenten geben, sondern Stephan Plank seine eigene | |
| Kindheit, gespiegelt durch ihre Erinnerungen, noch einmal erleben lassen. | |
| Plank junior verwendet dabei reichlich Archivmaterial, das rund um die | |
| verschiedenen Aufnahmesitzungen im Studio entstand. Den Hof, der nach Conny | |
| Planks Tod später umgebaut wurde, bekommt man so ausgiebig zu sehen. An der | |
| Hauswand hing ein kreisförmiges selbst gemaltes Schild: „Connys Studio“. | |
| Der Herr des Hauses, eine zunehmend rundliche Erscheinung mit Vollbart und | |
| kreisförmigem Gesicht, tritt meist wie ein großes Kind in Erscheinung, als | |
| jemand, der fasziniert ist von den Apparaturen um sich herum und diese in | |
| allen erdenklichen Weisen erprobt. | |
| Für Musiker wie das Elektronik-Duo Cluster, Dieter Moebius und Hans-Joachim | |
| Roedelius, oder die Krautrock-Motoriker von Neu!, Michael Rother und Klaus | |
| Dinger, die in ihrer Musik eigene Pop-Entwürfe erkundeten, statt einfach | |
| die Vorbilder aus der angelsächsischen Musik zu kopieren, bedeutete Conny | |
| Plank ein Geschenk des Himmels, oder wie man die segensreiche zuständige | |
| Institution auch immer nennen möchte: Er war stets neugierig auf | |
| Unbekanntes, Unerprobtes, Abenteuerliches. | |
| ## In drei Tagen mit der Arbeit durch | |
| Und er ließ die Musiker machen. Daniel Miller, der Chef des Londoner | |
| Mute-Labels, erinnert sich etwa, wie er seine noch junge Band DAF in Connys | |
| Studio schickte, weil dieser ihm zugesichert hatte, dass man in drei Tagen | |
| mit der Arbeit durch sei. Die ersten zwei Tage hätten Gabi Delgado-López | |
| und Robert Görl von DAF dann jedoch wenig mehr getan, als in der Gegend | |
| herumzustreifen oder sich zu streiten. Als Miller am zweiten Tag immer | |
| nervöser wurde, weil noch kein einziger Ton aufgenommen war, beruhigte ihn | |
| Plank: Die beiden wären bald so weit. Am Ende nahm man Hits wie DAFs | |
| Klassiker „Essen dann schlafen“ mit nach Hause. | |
| Die Energie der Musik, die Leidenschaft, mit der sie von Conny Plank in | |
| Form gebracht wurde, macht Stephan Plank im Zusammenschnitt der | |
| verschiedenen Sessions bestens nachvollziehbar. Und die unorthodoxe Haltung | |
| dazu. So erinnert sich Gerald Casale von der Band Devo, wie sie aus den USA | |
| zu Connys Studio aufs Land fuhren, um ihr Debütalbum einzuspielen. Beim | |
| Song „Mongoloid“ wollte ihr Produzent Brian Eno den rauen Klang der Nummer | |
| unbedingt mit Synthesizern aufweichen. Doch die Band wollte nicht, ihr | |
| gefiel der harte Sound. Conny Plank gefiel er ebenfalls. Und so geschah es. | |
| Rührend wird der Film, als Stephan Plank die Rap-Pioniere Whodini in | |
| Atlanta aufsucht. Auch sie hatten sich in den frühen achtziger Jahren zu | |
| Conny Plank aufgemacht und sich sehr gewundert, wo sie eigentlich gelandet | |
| waren. Die Zusammenarbeit mit Plank war dann dafür so angenehm wie sonst in | |
| keinem anderen Studio, erinnern sich die beiden Rapper John B. Fletcher und | |
| Jalil Hutchins. Auch für ihre Karriere bedeutete der Besuch im Rheinland | |
| einen großen Schritt. Irgendwann bitten sie den Filmemacher sogar darum, | |
| die Kamera abzuschalten, weil sie so gerührt sind. Das wirkt nicht peinlich | |
| inszeniert, sondern durchaus echt. Schöne Geste zum Gedächtnis an Conny | |
| Plank. | |
| 28 Sep 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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