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# taz.de -- US-Sportler rebellieren gegen Trump: Auf die Knie
> Beim Abspielen der Nationalhymne knieten zahlreiche Sportler nieder,
> statt strammzustehen. Hat sich der Präsident mit den Falschen angelegt?
Bild: So viel Solidarität war noch nie im US-Sport
Du Penner. „U bum“: So simpel, so vulgär beschimpfte LeBron James den Mann
im Weißen Haus, Donald Trump.
James ist Basketballer, einer der besten der Welt. Sogar der beste, meinen
viele.
Trump ist Präsident, einer der schlechtesten der Welt. Sogar der
schlechteste, meinen viele.
Zumindest unter professionellen Sportlern in den USA, vor allem unter
Schwarzen, dürfte diese Meinung weit verbreitet sein.
Die Vorgeschichte, die zu „Penner“ führte, ist lang.
Sie beginnt mit Colin Kaepernick, einem Football-Quarterback, und endet bei
Stephen Curry, einem Basketballer.
## Große Geste
Im August 2016 hatte sich Kaepernick in einem Vorbereitungsspiel während
der Hymne demonstrativ nicht hingestellt. Er kniete nieder. Seit den
gereckten Fäusten von Tommie Smith und John Carlos bei den Olympischen
Spielen in Mexiko-Stadt 1968 hat keine Geste im US-Sport eine größere
Wirkung entfaltet.
Mehrere Schwarze waren in den Wochen und Monaten vor Kaepernicks Kniefall
von Polizisten erschossen worden. „Ich werde nicht stehen und meinen Stolz
zeigen für ein Land, das Schwarze und People of Color unterdrückt“,
erklärte Kaepernick damals. „Für mich ist dieses Thema größer als Football
und es wäre ignorant, wenn ich einfach wegschauen würde.“
„Vielleicht sollte er sich ein Land suchen, das besser zu ihm passt“,
antwortete Donald Trump damals gewohnt gehässig, als er noch nur
Präsidentschaftsbewerber war.
## Kleiner Geist
Zwar schlossen sich andere Sportler Kaepernick an, aber es waren wenige.
Doch nun scheint Trump es geschafft zu haben, sie zu einen, indem er
ordentlich Benzin und sonstige Brandbeschleuniger aufs bislang nur lodernde
Feuer kippte: Bei einem Auftritt in Alabama am Freitag sagte er, was er von
den Eigentümern der NFL-Klubs erwarte, wenn einer ihrer Spieler es wagte,
während der Hymne zu knien: „Runter vom Feld mit dem Hurensohn! Raus! Er
ist gefeuert!“
Und da Trump eh gerade in Fahrt war, legte er tags darauf via Twitter nach:
„Ins Weiße Haus zu kommen, ist eigentlich eine große Ehre für die Meister.
Stephen Curry zögert, also ist die Einladung zurückgenommen.“
Der Basketballer Stephen Curry gewann im Frühsommer mit den Golden State
Warriors die NBA-Meisterschaft. Und eigentlich ist es Tradition, dass die
Meister der vier großen Ligen NFL (Football), NBA (Baketball), MLB
(Baseball) und NHL (Eishockey) beim Präsidenten vorbeischauen. Das ist gut
für die Spieler – und noch besser für die amtierenden Präsidenten.
Doch zu Trump wollten die Warriors nicht – und Curry schon gar nicht. „Ich
stehe nicht für die Dinge, die er gesagt hat, und auch nicht für die Dinge,
die er nicht gesagt hat.“
Also tweetete Trump seinen Furor heraus – und Basketballer LeBron James
antwortete. Penner.
## Dicke Hose
Aber Trump wich natürlich nicht zurück. Im Gegenteil: Er schmiss noch ein
paar Reifen in die Flammen. „Wenn ein Spieler das Privileg genießt, in der
NFL (oder einer anderen Liga) Millionen zu verdienen“, schrieb er bei
Twitter, „dann hat er oder sie nicht das Recht, respektlos gegenüber
unserer großen Flagge zu sein und sollte bei der Hymne stehen. Wenn nicht,
BIST DU GEFEUERT! Besorg’ dir einen anderen Job!“
Dann kam der Sonntag. Der traditionelle Football-Spieltag. Und so viel
Solidarität war noch nie im US-Sport. In der NFL protestierte nahezu jedes
Team.
Die Seattle Seahawks und die Tennessee Titans blieben beide während der
Hymne in ihren Kabinen, auch die Pittsburgh Steelers, die in Chicago
spielten, blieben dem Feld während des „Star-Spangled Banners“ fern. In
sämtlichen Stadien knieten Spieler, andere hakten sich unter, bildeten
geschlossene Ketten. Beim Spiel der Baltimore Ravens gegen die Jacksonville
Jaguars, das in London ausgetragen wurde, kniete ein Dutzend Spieler
während der US-Hymne. Als das britische „God save the Queen“ erklang,
standen sie demonstrativ auf.
Und auch im Baseball kniete einer: Bruce Maxwell von den Oakland A’s.
Maxwell, Sohn eines Armeeveteranen, geboren auf einer Militärbasis, weitet
den Protest nun also aus: Weg von Football und Basketball hin zum Baseball,
dem All American Sport der Weißen.
## Dünnes Eis
Trump fängt sich gerade eine Ohrfeige nach der anderen vom professionellen
Sport in den USA. Selbst Eigentümer, die für Trump spendeten (insgesamt
sieben NFL-Team-Eigner spendeten je eine Million Dollar oder mehr an den
amtierenden Präsidenten) hakten sich bei ihren Spielern unter.
Hat Trump sich diesmal mit Gegnern angelegt, die ihm überlegen sind? Die
US-Sportler sind stark, extrem populär, sie haben mehr Reichweite als der
Präsident, sie sind männlich – und sie spielen Trumps Spiel mindestens
genauso gut wie er.
Du willst Trash Talk? Kannst du haben. Penner. Keiner erwartet von ihnen
Staatstragendes, sie können ihren Frust und ihren Zorn herauslassen.
Bis vor wenigen Tagen hatte man das Gefühl, dass die reichen, weißen
Teameigentümer dieses lästige Rassismusthema ebenso wie die Manager der
großen Ligen am liebsten totschweigen würden.
Quarterback Kaepernick fand in diesem Sommer tatsächlich keinen neuen
Verein. Er ist quasi arbeitslos. Nur Zufall, dass jener Spieler, der bei
Trump in Ungnade gefallen war, von den Teams wie eine heiße Kartoffel
behandelt wurde?
## Mehr Reichweite
Alle Klappe halten, Politik aus dem Sport raushalten, das alte Muster der
Funktionäre. Doch das geht nicht mehr. Trump hat den Bogen überspannt.
„Präsident Trumps Äußerungen waren spaltend und respektlos gegenüber der
gesamten NFL-Gemeinschaft“, ließen die Eigentümer der Buffalo Bills, Terry
und Kim Pegula, verlautbaren.
LeBron James, Stephen Curry, Colin Kaepernick, die Eigentümer, Bruce
Maxwell – sie werden lauter, sie werden mehr; sie werden diverser, die
Proteste gegen Präsident Trump.
An den Reaktionen in den sozialen Netzwerken ist abzulesen, wie gut das
vielen tut: Es ist als würde man auf dem Schulhof gehänselt und dann kommt
der größte, kräftigste und beliebteste Schüler einem zur Hilfe: Du mobbst
ihn? Hier hast du auf die Schnauze!
Hinter den LeBrons dieser Welt können sich andere scharen, die weniger
begütert sind, weniger stark, weniger populär.
Doch das war’s dann auch schon. Der Schulhofrüpel Trump wird weiter mobben.
Warum? Weil er trotz allem der Meinung ist, genau die Richtigen zu treffen.
Er will nicht bei den Sportlern populär sein, er zielt auf das Publikum:
mehrheitlich weiß, mehrheitlich die Flagge ehrend.
Und er will die Rassisten erreichen, die Ultrarechten.
## Weniger Respekt
Deshalb verurteilte er die rechten Aufmärsche und Gewalttaten von
Charlottesville nicht wirklich, deshalb greift er Kapernick an, deshalb
greift er Curry an – und deshalb griff er nicht Tom Brady an. Der
Patriots-Quarterback – weiß, auch sehr populär, gilt als Freund Trumps –
war ebenfalls Meister geworden, schlug die Einladung ins Weiße Haus aber
aus. Wegen „familiärer Angelegenheiten“. Trump fand das nicht respektlos.
Ganz im Gegensatz zu den Protesten in der NFL am Sonntag, die waren nämlich
„sehr respektlos gegenüber unserem Land und sehr respektlos gegenüber
unserer Flagge“. Und mit Rassismus hätten die ganzen Proteste und auch
seine Äußerungen gar nichts zu tun. „Es geht nur um Respekt.“
Korrektur: In einer früheren Version dieses Beitrags wurde Bruce Maxwell
fälschlicherweise als „weiß“ definiert.
25 Sep 2017
## AUTOREN
Jürn Kruse
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