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# taz.de -- US-Football-Finale Superbowl: Glühende Patrioten
> Der Sieg der New England Patriots überrascht viele. Auch US-Präsident
> Trump ist begeistert – was wiederum viele Fans verärgert.
Bild: Mutierte zum Superhelden: Tom Brady feiert den Superbowl-Sieg
Wer sich nicht nur rund ums Ei auskennt, sondern auch im Spiel mit dem
runden Ball, der musste unweigerlich an dieses eine Finale in der Champions
League denken. Wir schreiben das Jahr 2005. Der AC Mailand liegt zur
Halbzeit 3:0 vorn gegen den FC Liverpool. Es sieht nach einer klaren Sache
aus für die Herren Maldini, Pirlo und Crespo. Aber nach 90 Minuten steht es
3:3. Bämm! [1][Im Elfmeterschießen gewinnen die Reds]. Hernach wurde in
pathostriefenden Worten über das Mirakel im Atatürk-Olympia-Stadion
geschrieben: „Rotes Wunder am Bosporus.“
Der Superbowl zwischen den New England Patriots und den Atlanta Falcons von
Sonntagnacht lässt die Pathosmaschinerie, deren Schmieröl der Superlativ
ist, jetzt noch einmal hochtouriger laufen, denn wie das Ostküstenteam um
Quarterback Tom Brady ins Spiel zurückgefunden hat nach einem
3:28-Rückstand, das war in der Tat „historisch“, „sensationell“ oder e…
„episch“, wie so ziemlich jeder Football-Reporter hernach ergriffen
stammelte. Brady, der nun zum fünften Mal dieses Endspiel mit den Patriots
gewonnen hat, führte sein Team in der Verlängerung zum Sieg: 34:28.
Doppeltes Bämm!
Und da dieser uramerikanische Raufsport nicht nur ein Sportevent ist,
vielleicht das größte weltweit, sondern auch ein Fest der
Selbstvergewisserung einer Supermacht, eines Landes, das sich im Würgegriff
des 45. Präsidenten befindet und in dem mittlerweile jeder Ballwurf eine
politische Bedeutung hat, musste die Welt nicht lange auf einen
Football-Tweet von Donald Trump warten. „Welch ein großartiges Comeback und
welch ein Sieg der Patriots“, [2][tippte Trump]: „Tom Brady, Bob Kraft und
Coach B sind wahre Sieger. Wow!“
Vorher hatte er ihnen in Versalien den [3][hinlänglich bekannten Auftrag
mitgegeben]: „MAKE AMERICA GREAT AGAIN!“ Mehr Politisierung eines
Sportevents geht kaum. Hier ging es also auch um die Fragen: Ist Trump
schlagbar? Ist er zu stoppen, wenigstens auf einem Football-Feld und in 60
Minuten Spielzeit?
Trumps Vereinnahmung des Sieges ärgert nicht nur viele Fans der Falcons,
sondern es verärgert auch das liberale Amerika, dabei war schon vorher
klar, dass Trump – Achtung Doppeldeutigkeit! – ein glühender Patriot ist.
Quarterback Tom Brady ist genauso ein Anhänger von Trump wie der Eigner der
New England Patriots, Robert Kraft und Trainer Bill Belichick, kurz Coach
B. Milliardär Kraft, eigentlich ein Demokrat, hat das zweifelhafte
Vergnügen, mit Trump befreundet zu sein. Weil sich Trump im Jahr nach dem
Tod von Krafts Frau angeblich rührend um ihn kümmerte, preist der
Unternehmer nun seine protektionistische Wirtschaftspolitik.
## Hat Trump überhaupt geguckt?
Nicht Trump selbst, sondern nur sein Vize Mike Pence saß im Stadion von
Houston; er freute sich genauso über dieses überaus erstaunliche Comeback
von New England wie der Dekretator im Weißen Haus über diese letztlich
durch und durch trumpistische Show mit US-Soldaten, die sich zum
Fahnenappell aufreihten, dem Verteidigungsministerium als Sponsor, der über
fünf Millionen Dollar an die National Football League (NFL) spendete und
einer Fliegerstaffel, die übers Stadion donnerte.
Es könnte allerdings gut sein, dass Donald Trump sich trotz all des
nationalistisch-militaristischen Schmonzes die Halbzeitshow von Houston
nicht angeschaut hat, denn es war ja davon auszugehen, dass Lady Gaga eine
missliebige Botschaft an die Trumpisten richtet. Und dann stand die
Sängerin also ganz oben im Stadion auf einer Mauer in luftiger Höhe, gab
Auszüge aus Irving Berlins „God Bless America“ und des
Woody-Guthrie-Klassikers „This Land is Your Land“ zum Besten, um sodann zu
deklamieren: „One Nation and Justice for All.“ Es folgte ein tiefer – aber
abgesicherter – Sturz in die Tiefe.
Unten angekommen hatte sie noch eine Botschaft an eine Komparsin: „Bitte,
bleib hier!“ Damit kommentierte die bisexuelle Künstlerin, die sich als
„Mutter der Monster“ für Randgruppen stark macht, sich aber auch mal für
einen Auftritt 1,77 Millionen Euro vom aserbaidschanischen Autokraten Ilham
Alijew anlässlich der Europa-Spiele auszahlen lässt, wohl indirekt Trumps
Muslim Ban, also den mittlerweile von Gerichten angefochtenen Einreisestopp
von Bürgen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern wie Sudan, Irak
oder Iran.
## Das Comeback schlechthin
Aber zurück zum Spiel, das es wahrlich in sich hatte. Die Atlanta Falcons
und deren als bester Spieler der Saison ausgezeichneter Ballwerfer Matt
Ryan machten bis zu Minute 45 eigentlich alles richtig. Ryans Pässe kamen
an. Das Laufspiel, angeführt von Devonta Freeman, funktionierte prächtig.
Schnell stand es 21:0. Der große Tom Brady zeigte erstaunliche Schwächen,
verschuldete sogar eine Interception, die zum Touchdown für den Gegner
führte, während sein Gegenüber in der ersten Hälfte mit dem perfekten Spiel
und dem perfekten Quarterback-Rating von 158,3 überzeugte. Doch in der
Halbzeit schwor sich das erfolgsverwöhnte Team aus
Foxborough/Massachusetts, das Comeback schlechthin in der Geschichte des
Superbowl hinzulegen. Bislang konnte nur ein Rückstand von zehn Punkten im
Finale der NFL wettgemacht werden.
Brady selbst hatte in seiner Karriere nur einmal 24 Punkte aufgeholt. Aber
jetzt 25? Hm, extrem schwierig. Aber seine Pässe wurden genauer. Das
Momentum kippte. Ryan schwächelte, ließ sich einmal den Ball klauen. Das
Unglaubliche passierte. Ausgleich in der letzten Minute und Sieg durch
Touchdown in der Verlängerung: Tom Brady mutierte wieder einmal zum
Superhelden. Der Gegenspieler des Superhelden, NFL-Boss Roger Goodell, der
Brady im Zuge des [4][Deflategate-Skandals] – es ging um den Luftdruck in
Bällen – gesperrt hatte, wurde bei der Übergabe der Vince-Lombardi-Trophäe
ausgepfiffen von den Fans im Stadion. Noch so ein Sieg.
Es ist klar, was Donald Trump von Roger Goodell hält. Er sei ein „Trottel“,
der das Spiel verweichliche. Nun ja, was bleibt also für die große
Footballgemeinde der Anti-Trumpisten? Nur die Erinnerung an Trumps
Football-Desaster in den 80ern, als er seine United States Football League
(USFL) mit Schmackes gegen den Baum fuhr. Wir haben verstanden: „Win-win
ist nur was für Pussys.“
6 Feb 2017
## LINKS
[1] /!602930/
[2] http://twitter.com/realDonaldTrump/status/828447350200926212
[3] http://twitter.com/realDonaldTrump/status/828375073006444544
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Deflategate
## AUTOREN
Markus Völker
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