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# taz.de -- Knieprotest in der NFL-Sportler: Antirassismus unter Strafandrohung
> Noch läuft die Football-Saison nicht, da wird wieder über Profis
> diskutiert, die während der US-Hymne niederknien. Trump mischt natürlich
> mit.
Bild: Spieler der Miami Dolphins knien beim Abspielen der US-Hymne – aus Prot…
Donald Trump hat mal wieder getwittert. Hat den Iran bedroht, Obama
beschimpft und ein paar Meldungen, die ihm nicht passen, als Fake News
eingeordnet. Und dann hat er noch ein anderes seiner Lieblingsthemen
reaktiviert: „Die Debatte um die Nationalhymne in der NFL ist wieder sehr
lebendig.“ Da hat der US-Präsident tatsächlich mal ins Schwarze getroffen.
Die kommende Saison der National Football League (NFL) beginnt Anfang
September; die sogenannte Pre-Season mit den Vorbereitungsspielen startet
am 2. August. Aber schon jetzt hat die zwischenzeitlich eingeschlafene
Auseinandersetzung um die Proteste von Footballprofis gegen Rassismus neue
Fahrt aufgenommen.
Dabei hatte die NFL gehofft, im Mai endlich einen Schlussstrich unter die
aus ihrer Sicht geschäftsschädigenden Protestaktionen gezogen zu haben: Da
hatten die Klubbesitzer bei einer Sitzung unter der Leitung von NFL-Chef
Roger Goodell nahezu einstimmig beschlossen, dass Spieler künftig zu stehen
haben, wenn vorm Spiel das „Star Spangled Banner“ gesungen wird. Den Profis
wurde zwar freigestellt, während der Hymne in der Umkleidekabine zu
bleiben, aber ausdrücklich verboten wurde es, auf Polizeigewalt und
Ungleichheit in den USA hinzuweisen, indem man während der Hymne kniet oder
auf der Bank sitzen bleibt. Mehr als 200 Spieler waren dem Vorbild von
Colin Kaepernick gefolgt, der diese Art von Protest vor nahezu zwei Jahren
begonnen hatte – stets begleitet von wütenden Tweets aus dem Weißen Haus.
Allerdings haben die 32 Klubeigentümer und Goodell zwei Fehler bei ihrem,
mit einem ängstlichen Blick auf den twitternden Präsidenten gefällten
Beschluss begangen. Zum einen haben sie im Vorfeld keinen Konsens mit der
Spielergewerkschaft gesucht. Und zum anderen haben sie es jedem einzelnen
Klub überlassen, wie er Verstöße gegen den Beschluss bestraft. Und als die
Miami Dolphins vergangene Woche verkündeten, man werde jeden Spieler, der
während der Hymne nicht brav steht, für vier Spiele sperren, war die
Empörung groß. Vier Spiele sind ein Viertel der 16 Spiele währenden Saison
– und damit auch ein Viertel weniger Gehalt.
## Unverholene Kritik an Trump
Auf der anderen Seite teilten die New York Giants mit, dass sie Proteste
zwar nicht gutheißen, aber Spieler, die protestieren, auch nicht bestrafen
würden. Giants-Miteigentümer Steve Tisch, sonst Filmproduzent und
Oscar-Gewinner für „Forrest Gump“, wagte es sogar, den Präsidenten zwar
ironisch, aber unverhohlen zu kritisieren: „Hoffentlich hat er demnächst
mal wieder mehr zu tun, dass er sich nicht auch noch darum kümmern muss,
was NFL-Spieler so treiben.“
Das war natürlich nur ein frommer Wunsch. US-Präsident Trump hatte nicht
nur Zeit genug, von Goodell eine harte Hand zu fordern, er arbeitete auch
gleich noch einen Strafenkatalog aus und schickte ihn unverzüglich in die
Weite des Netzes: „Erstes Mal auf den Knien: ein Spiel Sperre. Zweites Mal
auf den Knien: Saisonausschluss/keine Bezahlung.“
Kaum hatte Trump getwittert, hatte die NFL wieder eine Diskussion am Hals,
die der umsatzstärkste Sportunterhaltungsbetrieb der Welt eigentlich lieber
gestern als heute zu den Akten gelegt hätte. Konservative Kommentatoren
forderten Respekt vor Fahne und Militär, ihre liberalen Kontrahenten
erklärten dem Präsidenten zum wiederholten Mal, dass er kein Recht habe,
den Patriotismus der Profis in Zweifel zu ziehen, weil sich ihr Protest
ausdrücklich gegen Rassismus richte und nicht gegen das Sternenbanner oder
US-Soldaten. In anderen Artikeln wird gefragt, warum [1][Colin Kapernick
als Initiator der Proteste immer noch keine neue Mannschaft gefunden hat],
während deutlich weniger begabte Quarterbacks in den vergangenen Monaten
millionenschwere Verträge unterzeichnet haben.
## Hilfsfonds für antirassitische Initiativen
Dabei hatten die Proteste während der vergangenen Spielzeit schon deutlich
nachgelassen. Nur noch vereinzelte Football-Spieler knieten während der
Hymne, viele hatten ihren Aktivismus aus den Stadien in die Gesellschaft
getragen, sich für Nicht-Regierungsorganisationen oder in Gemeinden
engagiert. Andere hatten die Proteste aufgegeben, weil sie ihrer Meinung
nach missverstanden wurden. Außerdem hatte sich die NFL breitschlagen
lassen, zu einem von protestierenden Spielern gegründeten Hilfsfonds
beizutragen, mit dem soziale und antirassistische Initiativen unterstützt
werden.
Nun aber, da hat Donald Trump Recht, ist die Fahnendebatte wieder sehr
lebendig. Und wenn im August die ersten Vorbereitungsspiele steigen, werden
sich vermutlich wieder mehr Spieler zum Protest genötigt sehen, um dem
Präsidenten etwas entgegen zu setzen. Der darf im Gegenzug wieder ein paar
Tweets abschicken.
26 Jul 2018
## LINKS
[1] /Footballer-Colin-Kaepernick/!5453384
## AUTOREN
Thomas Winkler
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