| # taz.de -- Militärisches Großmanöver in Russland: Wirrwarr wegen „Weischn… | |
| > Das beginnende Großmanöver „Sapad 2017“ beunruhigt nicht nur die | |
| > Nachbarn. Es enthüllt auch Moskauer Merkwürdigkeiten. | |
| Bild: Woher, wohin? Russischer T72-Panzer bei den „Internationalen Armeespiel… | |
| Moskau taz | Es geht humorvoll zu vor dem gigantischen | |
| russisch-weißrussischen Manöver „Sapad 2017“, das am 14. September beginn… | |
| Minsks stellvertretender Verteidigungsminister wurde vom Außenministerium | |
| eines angrenzenden Staats zur Persona non grata erklärt. Diesen Tweet hat | |
| ein Vertreter des fiktiven Staates „Weischnoria“ in die Welt gesetzt – | |
| einer von Hunderten Beiträgen im Internet, die die realen politischen | |
| Scharmützel im Vorfeld des gigantischen Militärmanövers aufspießen. | |
| Im Manöver-Drehbuch des russischen Generalstabs ist „Weischnoria“ einer von | |
| drei Staaten an der belorussischen Westgrenze, die es auf Destabilisierung | |
| bei den östlichen Nachbarn abgesehen haben. Nach der Ukraine, deren | |
| Revolution 2014 nach russischer Sicht vom Westen angefacht wurde, wollen | |
| Aufrührer in diesem Planspiel nun auch das Regime in Minsk zu Fall bringen. | |
| Wo sie herkommen, ist klar: An der belorussischen Westgrenze liegt Polen. | |
| Offiziell sind am Manöver „Sapad“, das vom 14. bis 20. September laufen | |
| soll, 12.700 Soldaten beteiligt: 7.200 Weißrussen und 5.500 Russen, von | |
| denen 3.000 auf weißrussischem Gebiet eingesetzt werden. Es gibt | |
| berechtigte Zweifel daran, dass diese Zahlen des russischen | |
| Außenministeriums dem tatsächlichen Umfang entsprechen. Denn auch in der | |
| russischen Exklave Kaliningrad an der Ostsee, in Pskow, im Leningrader | |
| Verwaltungsgebiet bis hin zur Halbinsel Kola im hohen Norden sind Übungen | |
| vorgesehen – Maßnahmen, die Russlands Militärs als Parallelveranstaltungen | |
| deklarieren, die nicht dem Manöver zuzuordnen seien. | |
| Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach letzte Woche in | |
| Estland von insgesamt etwa 100.000 Soldaten, die zum Einsatz kommen | |
| könnten. An früheren Truppenübungen „Zentr 2015“ und „Kawkas 2016“ w… | |
| ebenfalls so viele Soldaten beteiligt. Indem die Parallelveranstaltungen | |
| aus dem offiziellen Umfang von „Sapad“ herausgerechnet werden, bleibt das | |
| Manöver offiziell unter der Grenze von 13.000 teilnehmenden Soldaten, ab | |
| der Moskau nach dem Wiener Dokument über vertrauens- und | |
| sicherheitsbildende Maßnahmen von 2011 ausländische Beobachter über einen | |
| längeren Zeitraum zulassen müsste. Russland hat zwar Vertreter der Nato und | |
| OSZE eingeladen, doch nur für einen Tag. Minsk sprach Einladungen für fünf | |
| Tage aus. | |
| Schikane? Oder will Moskau etwas verbergen? Der russische Militärexperte | |
| Alexander Golts vermutet Letzteres: Seit Jahren würden im russischen | |
| Militär immer neue Einheiten geschaffen, die Anzahl der Soldaten bliebe | |
| aber konstant. Das könne nur bedeuten, „dass die neuen Divisionen | |
| unvollständig und noch nicht verteidigungsfähig sind. Das möchte man vor | |
| ausländischen Beobachtern vielleicht verbergen.“ | |
| ## Vorübung für Besetzung der Nachbarn? | |
| Frederick Hodges, Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa, | |
| warnte unterdessen vor einem „trojanischen Pferd“. Was als | |
| Verteidigungsmaßnahme deklariert wurde, könnte auch eine Vorübung der | |
| russischen Streitkräfte sein, um das Baltikum und Polen zu besetzen, so der | |
| General. | |
| Die Nervosität ist begründet. 2014 nutzte Russland ein Manöver an der | |
| Grenze zur Ukraine, um die Einnahme der Halbinsel Krim vorzubereiten und | |
| den Donbass zu besetzen. 2008 bot eine Großübung im russischen Kaukasus das | |
| Vorspiel für den Überfall auf Georgien. | |
| Gerüchte kursieren diesmal, Moskau könne nach dem Manöver beim | |
| Bundesgenossen Weißrussland Truppen und Waffen für den Ernstfall | |
| zurücklassen. Die Ukraine fürchtet, Russland könnte mit Grenzverletzungen | |
| provozieren und Minsk zwingen, S-400-Luftabwehrraketen aufzustellen. Moskau | |
| würde dann den gesamten ukrainischen Luftraum beherrschen. | |
| Ruhig reagieren die baltischen Staaten, die zur Nato gehören. Der estnische | |
| Untersekretär für Verteidigung, Kristjan Prikk, hält „Sapad“ weder für | |
| Estland noch die Nato für eine Bedrohung. Auch sieht er darin keinen | |
| Angriffsvorwand. | |
| US-Militärexperte Michael Kofman vom CNA (Center for Naval Analyses) rückt | |
| überdies die Dimensionen zurecht. Es entstünde der Eindruck, dass 100.000 | |
| kampfbereite Soldaten an der Grenze zur Nato stünden. Tatsächlich seien die | |
| Truppen über ein großes Gebiet verteilt. Und auch der Katastrophenschutz, | |
| der Geheimdienst, die Baltische Flotte und anderes gingen in die Zählung | |
| ein. | |
| „Sapad“ eröffne dennoch einen tiefen Einblick in die Bedrohungsängste der | |
| russischen Militärs, meint Kofman. Und für Russland hat sich das Präludium | |
| des Manövers schon ausgezahlt: Es wird ängstlich darüber gesprochen. Moskau | |
| flößt Furcht ein. | |
| 14 Sep 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus-Helge Donath | |
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