# taz.de -- Nato-Treffen in Brüssel: Kommando zurück | |
> Wäre die Nato für einen Angriff Russlands gewappnet? Bündnisinterne | |
> Papiere wecken daran Zweifel. Jetzt soll reagiert werden. | |
Bild: Die Nato will im Ernstfall schneller reagieren können: polnischer Panzer… | |
BRÜSSEL dpa | Die Nato reagiert mit einem Ausbau ihrer Kommandostruktur auf | |
die als aggressiv wahrgenommene Politik Russlands. Nach Angaben von | |
Generalsekretär Jens Stoltenberg sollen unter anderem neue Planungs- und | |
Führungszentren für Marineeinsätze im Atlantik und für Truppenverlegungen | |
innerhalb Europas aufgebaut werden. Ziel ist es, im Ernstfall eine schnelle | |
und effiziente Reaktion des Bündnisses zu ermöglichen. | |
Er erwarte, dass die Verteidigungsminister die Pläne an diesem Mittwoch bei | |
einem Treffen in Brüssel billigen, sagte Stoltenberg am Dienstag. Auf Ebene | |
der Botschafter sind sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur | |
bereits beschlossen worden. | |
Hintergrund des neuen Aufrüstungsvorhabens ist die Erkenntnis, dass die | |
jetzige Kommandostruktur nicht mehr den Erfordernissen der aktuellen | |
Bedrohungslage entspricht. Ein internes Bündnispapier hatte jüngst die | |
Verteidigungsfähigkeit im Krisenfall infrage gestellt. | |
In dem „Fortschrittsbericht über das verstärkte Abschreckungs- und | |
Verteidigungsdispositiv der Allianz“ wird offen angezweifelt, ob die | |
schnelle Eingreiftruppe der Allianz derzeit wirklich zügig und effizient | |
reagieren könnte. Zudem gibt es dem Dokument zufolge gerade im östlichen | |
Bündnisteil große Defizite im Bereich der Logistik und Infrastruktur. | |
Dies ist vor allem deswegen relevant, weil Russland seit dem Beginn de | |
Ukraine-Krise endgültig wieder als großer Unsicherheitsfaktor angesehen | |
wird. Insbesondere die nordöstlichen Bündnisstaaten fühlen sich seitdem | |
verstärkt bedroht. Um Russland abzuschrecken, wurden zuletzt bereits | |
mehrere Tausend Nato-Soldaten im Baltikum und in Polen stationiert, die im | |
Ernstfall von einer neuen und besonders schnellen Eingreiftruppe | |
Verstärkung bekommen sollten. | |
## Drastische Kehrtwende | |
Das alles ist ein drastische Kehrtwende zu der Politik nach dem Ende des | |
Kalten Krieges. Damals hatte die Nato gedacht, sich von der extrem | |
personal- und kostenintensiven Abschreckungspolitik ein Stück weit | |
verabschieden zu können. Die Krisenbekämpfung im Ausland mit Einsätzen wie | |
dem in Afghanistan wurde zum neuen Schwerpunkt. Die Kommandostrukturen | |
wurden deswegen drastisch reduziert. Von den 33 Hauptquartieren, die es in | |
Zeiten des Kalten Krieges gab, sind nach Nato-Angaben heute nur noch 7 | |
übrig. Die Personalstärke sank von 22.000 auf 6.800 Mitarbeiter. | |
Wo die neuen Hauptquartiere angesiedelt werden, was sie kosten werden und | |
wie viel neues Personal sie bekommen werden, ist nach Nato-Angaben noch | |
offen. Stoltenberg machte am Dienstag allerdings deutlich, dass Deutschland | |
als Standort für das neue Logistik-Hauptquartier durchaus infrage kommt. | |
„Ich werde heute nicht konkret werden (…), aber Deutschland liegt zentral | |
in Europa“, sagte er. Eine Entscheidung über die neuen Standorte solle im | |
Februar fallen. | |
Für das neue Atlantik-Hauptquartier werden Portugal und Großbritannien als | |
aussichtsreiche Kandidaten gehandelt. Es soll Einsätze steuern können, die | |
im Kriegsfall für einen freien Seeweg zwischen den USA und Europa sorgen | |
können. | |
Über die möglichen Kosten für die Änderungen an der Kommandostruktur wird | |
bei der Nato bislang geschwiegen. Laut Stoltenberg werden sie allerdings | |
ohnehin nur ein Teil von dem sein, was zusätzlich gebraucht wird. „Wir | |
müssen gewährleisten, dass unsere Straßen und Brücken so gebaut sind, dass | |
sie auch von unseren schwersten Fahrzeugen genutzt werden können“, erklärte | |
er mit Blick auf die derzeit unbefriedigende Situation. Das Gleiche gelte | |
für die Schienennetze, über die beispielsweise Panzer durch Europa | |
transportiert werden könnten. | |
8 Nov 2017 | |
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