| # taz.de -- Kommissionspräsident zur Lage der EU: Juncker will überall den Eu… | |
| > Kommissionspräsident Juncker will den Schengen- und Euroraum auf die | |
| > gesamte EU ausweiten. Die Vorschläge könnten erheblichen Streit auslösen. | |
| Bild: Erweiterung, aber keine neuen Strukturen: Jean-Claude Junckers Pläne fü… | |
| Brüssel taz | Nach seiner Rede war Jean-Claude Juncker plötzlich weg. Er | |
| fühle sich nicht gut und könne daher nicht mehr alle Fragen der | |
| Abgeordneten beantworten, entschuldigte sich der Chef der EU-Kommission. | |
| „Nehmen Sie sich einen guten Arzt“, empfahl Parlamentspräsident Antonio | |
| Tajani. Dann werde der Hexenschuss schon wieder verschwinden. | |
| Das war aber auch der einzige Zwischenfall bei der „Rede zur Lage der | |
| Europäischen Union“, die Juncker am Mittwoch in Straßburg hielt. Ansonsten | |
| gab es viele Highlights und wenige Klagen. Juncker nutzte die letzte Chance | |
| vor dem Ende seiner Amtszeit im Sommer 2019, um der EU seinen Stempel | |
| aufzudrücken. Es sprudelte geradezu aus ihm heraus. | |
| Demokratischer, sozialer und schlagkräftiger soll die Union werden, | |
| versprach der Luxemburger. Weniger EU-Gesetze, mehr Subsidiarität, Euro für | |
| alle und sogar einen Eurofinanzminister schlug er vor. „Europa hat wieder | |
| Wind in den Segeln“, so die optimistische Diagnose. Das müsse man nutzen | |
| und neue Ufer ansteuern. „Leinen los“, rief der Möchtegernkapitän. | |
| Vor allem für den Euro gibt es Rückenwind. Juncker verlangt nicht nur, dass | |
| alle EU-Länder (mit Ausnahme von Großbritannien und Dänemark) die | |
| Gemeinschaftswährung einführen. Er verspricht dabei auch Hilfe. Außerdem | |
| will er die Ämter des EU-Währungskommissars und des Eurogruppenchefs | |
| zusammenlegen – und so einen Eurofinanzminister schaffen. | |
| ## Mr. Euro soll Geld locker machen | |
| Über ein eigenes Budget, wie dies Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron | |
| fordert, soll der neue Eurominister aber nicht verfügen. Auch ein | |
| gesondertes Europarlament lehnt Juncker ab. Mr. Euro soll – und da kommt | |
| Juncker den deutschen Wünschen entgegen – vor allem Strukturreformen | |
| voranbringen und in Notlagen auch mal Geld lockermachen. | |
| Auch für den Schengenraum der unbegrenzten Reisefreiheit hatte Juncker gute | |
| Nachrichten parat. Da Bulgarien und Rumänien so viel für den Schutz der | |
| EU-Außengrenzen täten, dürften sie auch nicht länger von Schengen | |
| ausgeschlossen bleiben. Allerdings lehnen viele EU-Staaten eine solche | |
| Erweiterung bisher noch ab. Und Deutschland hat gerade die Verlängerung der | |
| Grenzkontrollen gefordert, die nach der Flüchtlingskrise 2015 eingeführt | |
| worden waren. | |
| Für Streit dürften auch Junckers Bemerkungen zur Türkei-Politik sorgen. Der | |
| Luxemburger will die Beitrittsverhandlungen nämlich nicht abbrechen, wie | |
| dies neuerdings auch Kanzlerin Angela Merkel fordert. Er will sie nicht | |
| einmal aussetzen – trotz der fortgesetzten und zunehmenden | |
| Menschenrechtsverstöße und Provokationen. | |
| ## „Lassen Sie unsere Journalisten frei“ | |
| „Lassen Sie unsere Journalisten frei, hören Sie auf, unsere Regierungschefs | |
| als Nazis zu beschimpfen“, appellierte Juncker an die Machthaber in Ankara. | |
| Doch Konsequenzen wollte er (noch) nicht ziehen. Die „ausgestreckte Hand“ | |
| werde nicht zurückgezogen, auch wenn ein Beitritt in weite Ferne gerückt | |
| sei. | |
| Ganz auf Merkels Linie lag der Kommissionschef dann wieder in der | |
| Flüchtlingspolitik. Einerseits sollen die Abschiebungen beschleunigt | |
| werden. Andererseits soll es endlich eine Möglichkeit zur legalen | |
| Einwanderung geben. Wie die aussieht, blieb in Straßburg allerdings offen, | |
| die Kommission lässt sich mit konkreten Vorschlägen noch Zeit. | |
| 13 Sep 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
| Jean-Claude Juncker | |
| Europäische Union | |
| Euro | |
| Schengen-Raum | |
| Grenzkontrollen | |
| Schengen-Raum | |
| Europäische Union | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Brexit | |
| Jean-Claude Juncker | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kolumne Zwischen Menschen: Der Effekt der passiven Zustimmung | |
| Offene Grenzen sind die größte Errungenschaft der europäischen Idee. An der | |
| Grenze zu Dänemark wird sie mit jeder Passkontrolle aufgegeben. | |
| Kommentar Neue Schengen-Regeln: Ein Zeichen des Misstrauens | |
| Die beliebige Schließung der Schengengrenzen ist ein Zugeständnis an die | |
| Rechtspopulisten. Und ein Geschenk für ihre zukünftigen Kampagnen. | |
| Essay Zukunft der Europäischen Union: Wer schützt die Armen? | |
| Die Politologin Ulrike Guérot fordert eine europäische Republik. Doch | |
| solange es keine Fiskal- und Sozialunion gibt, braucht es den | |
| Nationalstaat. | |
| EuGH-Urteil zur Flüchtlingsquote: Slowakei akzeptiert, Ungarn schimpft | |
| Nach dem Urteil aus Luxemburg zur europäischen Flüchtlingspolitik sollen | |
| Ungarn und die Slowakei handeln. Es gibt keine schnelle Lösung. | |
| Brexit-Verhandlungen in Brüssel: Scheidung mit Hindernissen | |
| Die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien gestalten sich | |
| schwierig. Vor allem Londons finanzielle Verpflichtungen ab 2019 sind | |
| strittig. | |
| EU-Kommissionschef in Straßburg: Juncker nennt EU-Parlament lächerlich | |
| Jean-Claude Juncker echauffiert sich über ein leeres Parlament und weigert | |
| sich zu reden. Parlamentarier fordern mehr Respekt und werfen ihm Boykott | |
| vor. |