# taz.de -- SPD-Kandidat Martin Schulz beim ZDF: Gegen „hemmungslose Ausbeutu… | |
> In der ZDF-Sendung „Klartext“ spricht der SPD-Kandidat über Mieten, | |
> Pflege, Diesel und Flüchtlinge. Er will noch ein Duell mit | |
> Bundeskanzlerin Merkel, diese lehnt ab. | |
Bild: Hofft auf eine zweite Runde gegen Merkel: Martin Schulz beim ZDF | |
Berlin dpa | Im Wahlkampfendspurt versucht der in Umfragen abgeschlagene | |
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, ein zweites TV-Duell mit Kanzlerin | |
Angela Merkel (CDU) zu erzwingen. In der ZDF-Sendung „Klartext“ sagte er am | |
Dienstagabend, im Schlagabtausch mit Merkel am 3. September seien viele | |
Punkte, die die Bürger bewegten, gar nicht angesprochen worden: „Deshalb | |
habe ich Frau Merkel heute einen Brief geschrieben und Sie aufgefordert, | |
ein nächstes Duell mit mir zu machen, damit all diese Punkte auch | |
diskutiert werden können.“ | |
Ein weiteres Duell gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich, Merkel lehnte die | |
Forderung nach einem zweiten TV-Duell am Mittwochvormittag umgehend ab. | |
„Angela Merkel hat gerne an einem TV-Duell teilgenommen“, hieß es am | |
Mittwoch aus der CDU-Zentrale. „Dieses Format hat sich bewährt. Und dabei | |
belässt sie es.“ | |
Bei „Klartext“ stellte sich Schulz den Fragen von ausgewählten 150 Bürger… | |
die bei dem Live-Talk dabei waren. Den Anfang machte eine Hamburger | |
Rentnerin, die Schulz damit konfrontierte, dass die Miete für die mit ihrem | |
Mann bewohnte Wohnung nach einer Komplettsanierung von 230 Euro auf 850 | |
Euro kalt im Monat ansteigen soll. Das sei unbezahlbar, sie stehe | |
ohnmächtig davor. Warum habe die SPD so etwas mit der Mietpreisbremse nicht | |
verhindert? | |
Schulz schüttelte den Eheleuten die Hand – und danach den Kopf. Rein | |
gefühlsmäßig würde er sagen, eine Vervierfachung der Miete sei unzulässig | |
und sittenwidrig. „Das ist hemmungslose Ausbeutung von armen Leuten, die da | |
um ihre Wohnung und ihr Geld gebracht werden“, schimpfte er. Auf den | |
Einwurf von ZDF-Chefredakteur Peter Frey, im aktuellen Fall verlange eine | |
städtische Wohnungsbaugesellschaft im SPD-regierten Hamburg solche | |
Mondpreise, entgegnete der SPD-Chef, er werde die städtische Gesellschaft | |
mal fragen, „ob die 'nen Knall haben“. | |
## Mehr Personal und Geld für alte Menschen | |
Auch bei Müttern, die wegen ihrer Kinder Teilzeit arbeiten und später nur | |
kleine Renten bekommen, sowie beim Pflege-Notstand versuchte Schulz, sich | |
als Kümmerer zu präsentieren. Die Pflege alter Menschen müsse nach der Wahl | |
zum Topthema werden. „Ich will, dass wir die Würde von alten Menschen an | |
die Spitze der Prioritätenliste in der Politik in diesem Lande setzen“, | |
sagte er. | |
In einem der reichsten Länder der Erde gebe es weder genügend Personal noch | |
Geld für alte Menschen. „Wir haben milliardenschwere Überschüsse in den | |
Haushalten – und keinen Platz für Demenzstationen. Das wird geändert.“ | |
Nötig sei mehr Personal, bessere Bezahlung und die Möglichkeit, | |
unbürokratisch aus Pflegekräfte aus dem Ausland zurückzugreifen. | |
Im Diesel-Skandal schilderte ein Lungenfacharzt aus Leverkusen eindringlich | |
die Problematik der hohen Schadstoffbelastung für Menschen. „Meine | |
Patienten in der Nähe der Autobahn, die sterben.“ Schulz sagte, Manager | |
müssten zur Rechenschaft gezogen, die betroffenen Diesel-Motoren auf Kosten | |
der Konzerne umgerüstet und optimiert werden. Den Diesel aber werde es | |
„noch Jahrzehnte geben“. | |
## Keine Abschiebungen nach Afghanistan | |
In der Flüchtlingskrise betonte Schulz, der Staat müsse bei kriminellen | |
Flüchtlingen Härte zeigen. „Wer in dieses Land kommt und hier Schutz sucht | |
und unter dem Deckmantel des Schutzes hier Gesetze bricht, der muss aus | |
diesem Land raus. Der muss gehen.“ Anschließend kamen zwei junge Afghanen | |
zu Wort, die in Deutschland arbeiten und eine Ausbildung machen, aber Angst | |
vor einer Abschiebung an den Hindukusch haben. | |
Schulz erklärte, zur Zeit könne niemand nach Afghanistan abgeschoben | |
werden. Das Auswärtige Amt überprüfe nach dem Anschlag auf die Deutsche | |
Botschaft in Kabul die Einschätzung zur Sicherheitslage. Zur katastrophalen | |
Situation in nordafrikanischen Flüchtlingslagern wie etwa in Libyen sagte | |
Schulz, dort gebe es „KZ-ähnliche Zustände“. Es sei aber richtig und | |
notwendig, dass die EU mit der Küstenwache in Libyen zusammenarbeite, um | |
kriminellen Banden der italienischen und libyschen Mafia das Handwerk zu | |
legen. | |
13 Sep 2017 | |
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