| # taz.de -- Freilandversuche mit Gentech-Insekten: Manipulierte Motten und Mosk… | |
| > Gentech-Insekten sind die Spezialität der Biotech-Firma Oxitec. Jetzt | |
| > werden im Bundesstaat New York mit einem Killergen ausgestattete Motten | |
| > freigesetzt. | |
| Bild: Oxitec-Labor im brasilianischen Piracicaba: Produktion von gentechnisch v… | |
| Berlin taz | Es ist eine Premiere. Im US-Bundesstaat New York werden | |
| erstmals gentechnisch veränderte Motten zur Bekämpfung von Schadinsekten | |
| freigesetzt. Das Ziel des Freisetzungsexperiments, das auf einem | |
| Versuchsfeld der Cornell University stattfindet, ist die Reduzierung der | |
| Kohlschabenpopulation. Auf befallenen Feldern können die Raupen der auch | |
| als Kohlmotten (Plutella xylostella) bezeichneten Falter großen Schaden | |
| anrichten. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit Pflanzen – unter | |
| anderem Blumenkohl, Weißkohl oder Brokkoli – im Wert von 4 bis 5 Milliarden | |
| Dollar durch die schwer zu bekämpfenden Kohlschaben-Raupen vernichtet | |
| werden. | |
| Britische Forscher haben deshalb männliche Kohlschaben gentechnisch so | |
| verändert, dass sie jetzt ein Killergen in ihrem Genom tragen. Das Gen wird | |
| erst bei den Nachkommen wirksam, und zwar nur bei den weiblichen. Paart | |
| sich ein genmanipuliertes Männchen mit einem Wildtyp-Weibchen, wird das | |
| Killergen an die Nachkommen weitergegeben. Weibchen sterben dann im | |
| Larvenstadium ab. | |
| Auftraggeber für die Freilandexperimente ist das britische | |
| Biotechunternehmen Oxford Insect Technologies (Oxitec), eine Ausgründung | |
| der Oxford University. Vor zwei Jahren übernahm die US-Firma Intrexon für | |
| 160 Millionen Dollar das britische Unternehmen. | |
| Oxitec hat sich darauf spezialisiert, genmanipulierte Insekten zu | |
| entwickeln, um freilebende, schädliche Insektenpopulationen zu dezimieren. | |
| Mehrere Freisetzungen mit gentechnisch veränderten Ägyptischen | |
| Tigermücken(Aedes aegypti) wurden bereits durchgeführt: erstmals 2009 auf | |
| der Kaimaninsel Grand Cayman, zwei Jahre darauf in Brasilien, später dann | |
| in Malaysia und Panama. Die weit verbreitete Mücke Aedes aegypti ist | |
| Überträgerin verschiedener Krankheiten. Bisher werden die Mücken vor allem | |
| mit Insektengiften bekämpft. | |
| Neben Gelbfieber können die Ägyptischen Tigermücken auch den Erreger für | |
| Denguefieber, Chikungunyafieber oder der gefürchteten Zika-Krankheit | |
| übertragen. Das Zika-Virus ist vor allem für schwangere Frauen gefährlich, | |
| weil das Virus die Entwicklung der Kinder stört. Betroffene Kinder werden | |
| mit einem zu kleinen Kopf und Gehirn (Mikrozephalie) geboren. | |
| ## Mückenpopulation reduziert | |
| Oxitec hat auch diese Mücken mit einem Killergen ausgestattet. Die | |
| Millionen von freigelassenen männlichen Labor-Mücken konkurrieren bei der | |
| Paarung mit den Wildtyp-Mücken. Nachkommen der Oxitec-Mücken tragen das | |
| Killergen, das dafür sorgt, dass die Insekten nur dann überleben können, | |
| wenn ihnen das Antibiotikum Tetracyclin zugefüttert wird. Fehlt das | |
| Antibiotikum, sterben die Tiere. | |
| Laut Oxitec konnten mit Hilfe der Gentech-Insekten die Mückenpopulationen | |
| bis zu 80 Prozent reduziert werden. Damit wird auch das Risiko einer | |
| Infektion gesenkt. Für den Einsatz gegen Denguefieber übertragende Mücken | |
| hat Oxitec in Brasilien bereits eine Produktzulassung. Im brasilianischen | |
| Piracicabador steht auch bereits eine „Mückenfabrik“. 60 Millionen | |
| genmanipulierte Tigermücken können dort jede Woche produziert werden. | |
| Auch in Europa wollte Oxitec genmanipulierte Insekten freisetzen. In | |
| Spanien sollten es gentechnisch veränderte Olivenfruchtfliegen sein. Das | |
| Projekt wurde jedoch gestoppt, ebenso wie ein geplanter Feldversuch in | |
| Großbritannien mit den manipulierten Kohlmotten. Nach öffentlichen | |
| Diskussionen hatte Oxitec das Vorhaben erst gar nicht beantragt. | |
| ## Nur Kohlmotten betroffen | |
| In den USA hat das Department of Agriculture (USDA) vor Kurzem grünes Licht | |
| gegeben für den Feldversuch. Es seien keine negativen Folgen zu erwarten, | |
| hieß es beim USDA. In einer Mitteilung von Anfang September verkündete | |
| Oxitec, dass jetzt mit dem Feldversuch in New York begonnen werde. | |
| Versuchsleiter ist Tony Shelton, Entomologie-Professor an der Cornell | |
| University. Diese Technologie sei extrem erfolgreich, sagte Shelton. Auch | |
| seien nur die Kohlmotten betroffen. | |
| Bei den jetzt begonnen Tests sollen auf einer kleinen Versuchsfläche | |
| wöchentlich bis zu 30.000 genmanipulierte Motten freigesetzt werden. Zwei | |
| Jahre soll das Experiment dauern. Kritiker der Versuche, etwa die | |
| Organisation GMWatch, hatten die Hoffnung, dass auch die Umwelt- und | |
| Naturschutzbehörde von New York ein Genehmigungsverfahren mit einer | |
| öffentlicher Anhörung über die Risiken durchführen werde. Doch das findet | |
| nicht statt. Der Staat New York hat sich für nicht zuständig erklärt und | |
| das Vorhaben einfach durchgewunken. | |
| „Das ist eine bizarre Situation“, empört sich Jaydee Hanson von der | |
| Verbraucherorganisation Center for Food Safety: „Um bei einer | |
| Hochzeitsfeier Schmetterlinge fliegen zu lassen, benötigen Sie eine | |
| Genehmigung – für gentechnisch veränderte Motten aber nicht.“ | |
| Befürchtet wird unter anderem, dass die in den Motten transferierten Gene | |
| mutieren und sich in den Insektenpopulationen ausbreiten können. Was sich | |
| daraus im Laufe der Zeit entwickelt, kann nicht vorhergesagt werden. | |
| 23 Sep 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Wolfgang Löhr | |
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