# taz.de -- Gentech-Insekten aus dem Militärlabor: Fliegende B-Waffen | |
> Forscher warnen vor genmanipulierten Insekten. Selbst wenn sie für zivile | |
> Zwecke verändert werden – meist sind sie als biologische Waffe | |
> verwendbar. | |
Bild: Potentielle B-Waffen: Blattläuse auf einem Rosenzweig | |
Berlin taz | Die Vision ist gruselig: Im Kriegsfall werden genmanipulierte | |
Insekten auf den Äckern und Plantagen des Feindes ausgebracht, wo sie die | |
Pflanzen nicht nur befallen, sondern in sie tödliche Gen-Fähren | |
hineinschleusen, mit dem Effekt des kompletten Ernte-Verlusts. Der Feind | |
verhungert. Das ist biologische Kriegsführung 2.0, die mit Mitteln des sich | |
rasant verbreitenden [1][Genome Editing] möglich werden könnte. Genau davor | |
haben jetzt Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie | |
in Plön sowie der Universitäten Freiburg und Montpellier in einem Aufsatz | |
im renommierten [2][Wissenschaftsjournal Science] gewarnt. | |
Anlass für den Warnruf an die Wissenschafts-Community ist ein | |
Forschungsprogramm der DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), | |
dem Thinktank des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums, mit dem | |
Titel „Insect Allies“ (Verbündete Insekten). | |
Das 2016 mit 27 Millionen Dollar gestartete Projekt soll untersuchen, wie | |
Insekten – Grashüpfer, Fliegen, Blattläuse – als Transportmittel für | |
Pflanzenviren dienen und diese auf landwirtschaftliche Nutzpflanzen wie | |
Mais oder Tomaten übertragen können. Sie sollen damit besser gegen Dürre, | |
Frost, Pestizide oder Krankheiten geschützt werden. Wohlgemerkt, alles in | |
einem gutwilligen Sinne: zur Steigerung des Ertrags und nicht zur | |
Schädigung. | |
## Die manipulierte Insekten sind militärisch einsetzbar | |
Die europäischen Forscher sehen den Einsatz von Insekten zur Verbreitung | |
von Genmaterial jedoch kritisch, weil sich die Erkenntnisse aus dem | |
Insect-Allies-Programm relativ leicht zur biologischen Kriegsführung | |
missbrauchen lassen. „So könnten Gene beispielsweise funktionsuntüchtig | |
gemacht werden – was in der Regel leichter ist als ihre Optimierung“, sagt | |
Guy Reeves vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie. | |
„Das Verfahren muss also nicht einmal weiterentwickelt werden, es reicht | |
aus, es zu vereinfachen, um es als Waffe einsetzen können.“ Aus diesem | |
Grund ist nach Meinung der deutsch-französischen Wissenschaftler eine | |
„breite gesellschaftliche, wissenschaftliche und rechtliche Debatte | |
dringend angebracht“. Es gebe „keine plausiblen Gründe, Insekten zur | |
Verbreitung von Genmaterial einzusetzen“. | |
Eine Gefahr ist auch, dass die weltweit von über 180 Staaten unterzeichnete | |
Konvention zum Verbot biologischer Waffen durch die „Dual | |
Use“-Möglichkeiten des Genome Editing unterlaufen wird. „Aufgrund dieses | |
weitreichenden Verbots bedarf es für besorgniserregende biologische | |
Forschung grundsätzlich einer plausiblen Rechtfertigung durch friedliche | |
Zwecke“, erklärt Silja Vöneky, Rechtswissenschaftlerin an der Universität | |
Freiburg. | |
Die DARPA müsse begründen, dass sie mit ihrem Insect-Allies-Programm die | |
B-Waffenkonvention nicht verletze. Vöneky hatte sich jüngst auch für mehr | |
Aufmerksamkeit hinsichtlich der Möglichkeiten des Missbrauchs der | |
künstlichen Intelligenz ausgesprochen. | |
12 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Methoden-zur-Genmanipulation/!5287387 | |
[2] https://www.sciencemag.org/news/2018/10/crop-protecting-insects-could-be-tu… | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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