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# taz.de -- Reaktionen auf das Fernsehduell: Keine Dynamik für Veränderung
> Im TV-Duell zwischen Merkel und Schulz fehlten wichtige Fragen, bemängeln
> Zuschauer. Die wirklichen Gewinner seien die Rechtspopulisten, meint
> Linken-Chefin Kipping.
Bild: Zum Weglaufen: Sprechen die Themen des TV-Duells diesen Zuschauer an?
Berlin/Ankara dpa/rtr/taz | Nach dem TV-Duell haben die Grünen
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz einen Mangel an Ideen für die Zukunft
vorgeworfen. „Dass von (Kanzlerin Angela) Merkel keine Dynamik für
Veränderung kommt, war zu erwarten, aber auch von Martin Schulz kamen keine
Impulse für einen echten sozialen und ökologischen Wandel in diesen
dramatischen Zeiten“, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt der
Deutschen Presse-Agentur. „Umweltschutz und andere Zukunftsfragen, wie
Digitalisierung und Bildung, werden trotz aller Aktualität einfach
ignoriert.“ Merkel und ihr Herausforderer Schulz hätten sich am
Sonntagabend kein Duell geliefert, sondern ein Duett.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter hält die Absage von
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an die Rente mit 70 für unglaubwürdig. „Weil
nämlich starke Kräfte innerhalb der Union da ganz anderer Meinung sind und
die Leute dazu bringen wollen, bis 70 zu arbeiten“, sagte er am Montag im
ARD-Morgenmagazin. Hofreiter sprach sich für eine Flexibilisierung des
Renteneintrittsalters aus. Merkel hatte [1][im TV-Duell mit Herausforderer
Martin Schulz] (SPD) eine Anhebung des Renteneintrittsalters von derzeit 67
auf 70 Jahre vehement ausgeschlossen.
Hofreiter warf der Kanzlerin zudem vor, in der Debatte wichtige Themen
nicht angesprochen zu haben. „Sie hätte etwas sagen müssen, wie sie eines
der größten Menschheitsprobleme lösen will, nämlich die Klimaschutzfrage“,
sagte der Grüne. Zudem hätte sie erklären müssen, wie sie insbesondere die
Autoindustrie modernisieren wolle. Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz
hätte im TV-Duell mehr über solche Themen sprechen müssen.
## Rechte Parteien profitieren
Aus Sicht der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping profitieren vor allem
rechte Parteien vom Fernsehduell. „Die wirklichen Gewinner waren die
Rechtspopulisten und die Kapitalseite“, sagte Kipping im ARD-Morgenmagazin.
„Themen, von denen ich weiß, aus dem direkten Gespräch mit Menschen, die
wirklich die Leute umtreiben, sind so gut wie gar nicht vorgekommen.“ Dazu
gehöre etwa der Personalmangel sowie der Stress in der Pflege. Über
Flüchtlinge sei zudem immer nur als Problem gesprochen worden. „Und auch
wichtige Zukunftsthemen wie Bildung oder Klimaschutz kamen nicht vor und
das ist wirklich enttäuschend“, kritisierte Kipping.
Unionsfraktionschef Volker Kauder sieht die Bundestagswahl trotz guter
Umfragewerte für Kanzlerin Angela Merkel nach dem TV-Duell mit ihrem
SPD-Herausforderer Martin Schulz nicht entschieden. CDU und CSU gingen nun
mit großer Zuversicht in den Schlussspurt des Wahlkampfs, sagte der
CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er mahnte aber: „Wir
wissen aber auch: Die Wahl wird nicht in einem TV-Duell entschieden.“
Er bezeichnet das Fernseh-Duell als fair. „Demokraten müssen streiten, sie
dürfen sich aber nicht herabwürdigen. (…) Das TV-Duell war insofern
durchaus vorbildlich.“ Kauder selbst sagte aber, es sei deutlich geworden,
„dass Herr Schulz Angela Merkel in dieser schwierigen Weltlage nicht das
Wasser reichen kann“.
Es sei wichtig, dass die Politiker in den nächsten drei Wochen viele Wähler
direkt ansprächen. „Gemeinsam müssen wir alle im Land darauf achten, dass
die demokratische Kultur in Deutschland erhalten bleibt“, sagte Kauder.
Leider stelle sich eine Partei, die den erstmaligen Einzug in den Bundestag
anstrebe, gegen die demokratische Kultur und trete sie mit „unerträglichen
Provokationen mit Füßen“, sagte Kauder, ohne die Alternative für
Deutschland zu nennen.
## Fragen, die fehlen
Bundesjustizminister Heiko Maas glaubt, dass der Auftritt von
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im TV-Duell den Sozialdemokraten Mut für
den Wahlkampf-Endspurt macht. „Martin Schulz und der gesamten SPD wird das
Duell Rückenwind geben“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen
Presse-Agentur. Schulz sei überzeugend, souverän und leidenschaftlich
gewesen.
Maas betonte, die Menschen hätten im Alltag ein feines Gespür dafür, wer
konkrete Ideen für die Zukunft habe. „Sie konnten sich ein Bild davon
machen, dass Martin Schulz klare Vorschlägen für eine gute und sichere
Rente hat.“ Ein schlichtes „Weiter so“ der Kanzlerin reiche nicht. Die
Sozialdemokraten würden die soziale Gerechtigkeit in den verbleibenden drei
Wochen in den Mittelpunkt des Wahlkampfes stellen. „Die SPD ist so
geschlossen wie nie“, sagte Maas.
Flüchtlinge, Rente, Diesel, der Konflikt mit der Türkei: Die Themenauswahl
hat nicht jeden überzeugt. Unter dem Hashtag [2][#fragendiefehlen]
schrieben Menschen auf Twitter am Sonntagabend, was sie die Kontrahenten
stattdessen gefragt hätten. Viele vermissten zum Beispiel Fragen zu
sozialer Gerechtigkeit oder Digitalisierung.
Eine Nutzerin fragte in Richtung Martin Schulz: „Wann wird Bildung in
Deutschland wieder unabhängig vom sozialen Status?“ An die Kanzlerin
gerichtet fragte ein anderer: „Frau Merkel, in ihrer Regierungszeit ist die
Ungleichheit immer größer geworden. Wie ändern sie das?“
[3][Inklusion, Video-Überwachung, Klima und Tierschutz] waren einige der
weiteren Themen, zu denen Fragen formuliert wurden. Zeitweise war der
Hashtag einer der meistgenutzten im Zusammenhang mit dem TV-Duell.
## Erdoğan ist unglücklich
Die türkische Führung hat Angela Merkel und Martin Schulz Populismus im
Umgang mit den EU-Türkei-Beitrittsgesprächen vorgeworfen. „Wir hoffen, dass
diese problematische Atmosphäre enden wird, die die türkisch-deutschen
Beziehungen zum Opfer eines engen politischen Horizonts gemacht hat“,
twitterte der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, İbrahim Kalın,
am Montag. Er fügte hinzu, dass er auf verbesserte Beziehungen zu
Deutschland hoffe.
Das Verhalten der Türkei lasse keine andere Wahl als die
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden, obwohl er sich lange
dafür ausgesprochen habe, hatte SPD-Chef Schulz beim TV-Duell gesagt. „Die
Türkei entfernt sich in einem atemberaubenden Tempo von allen
demokratischen Gepflogenheiten“, betonte Merkel. „Wir sind einig: keine
Vorbeitrittshilfen. Und die Tatsache, dass die Türkei nicht Mitglied der EU
werden soll, das ist auch klar“, fügte die Kanzlerin hinzu.
4 Sep 2017
## LINKS
[1] /TV-Duell-zur-Bundestagswahl-2017/!5444327
[2] https://twitter.com/hashtag/fragendiefehlen?src=hash
[3] /Kommentar-TV-Duell-Merkel-vs-Schulz/!5444331
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