Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Echte Freunde
> Merke: Frauen sind keine Ostereier und lebendige Fischchen zwischen
> Knäckebrot ein Beziehungshindernis.
Ich hatte sie zuerst gesehen, doch das zählte nicht, denn mit Frauen ist es
anders als mit Ostereiern. Ich machte die besseren Witze und mixte ihr den
perfekten Campari-O. Außerdem war es Phil, der den Campari umstieß und ihr
das Shirt vollsaute. Phil und ich waren Freunde, echte Freunde, aber auch
das zählte nicht, denn als ich mit einem Lappen zurückkam, lagen er und
Emma schon verschlungen auf einer dieser Matratzen vom Sperrmüll, die in
den achtziger Jahren zur unverzichtbaren Partyausstattung gehörten. Mir
blieb nichts, als in Bier und Wodka Vergessen zu suchen.
Trotzdem war ihr Lächeln das erste, was ich am nächsten Morgen sah. Sie
stand vor mir und fragte: „Kaffee? Kopfschmerztablette?“ Ich nickte
fröhlich, bemerkte dann aber, dass ich auf dem Küchensofa lag, während Phil
aus ihrem Schlafzimmer geschlurft kam. Er sah nicht viel besser aus, als
ich mich fühlte, nur Emma lachte, als wir beim Frühstück saßen.
„So ist es gut, es soll nie mehr anders sein“, sagte sie und schaute mich
an, „du bleibst für immer bei uns.“ – „Für immer?“, fragte Phil.
„Natürlich! Ihr seid doch echte Freunde“, rief sie, klatschte in die Hände
und sagte zu mir: „Mein Küchensofa ist dein Küchensofa!“
Das Angebot gefiel mir, denn meine Souterrainwohnung war dunkel und feucht
und ein einsamer Ort. Phil indes war nicht sehr erbaut. „Er hat übrigens
Fußpilz“, sagte er beim Abendessen.“ „O!“, machte sie, und ich wollte
protestieren. Doch sie lachte schon wieder und sagte: „Egal, sowas kann man
behandeln. Ich lass mir doch von einem Pilz nicht mein Leben zerstören.“
Zwei Tage später stand er vor ihrem Aquarium. Sie besaß zwei Fische, die
sie sehr liebte. „Wusstest du, dass er aus einer Fischerdynastie stammt?
Seine Leute haben norddeutsches Sushi erfunden: Man legt lebendige
Fischchen zwischen zwei Knäckebrote und beißt ihnen die Köpfe ab.“ Sie aber
schüttelte nur den Kopf, lachte und sagte: „So was macht er nicht, ich weiß
das.“
Am nächsten Abend konfrontierte mich Phil zwischen Tür und Angel mit zwei
Fischgerippen und ein paar Knäckebrotkrümeln, die er angeblich unter dem
Küchensofa gefunden hatte. Zum ersten Mal lachte sie nicht. Sie nahm Phil
an der Hand und verließ wortlos mit ihm die Wohnung.
In der Nacht wurde ich davon wach, dass mich ein riesiger blonder Kerl vom
Sofa zerrte. „Hier schlafe ich jetzt“, brummte er, „ich werde für immer …
ihnen bleiben, und du verpisst dich!“
Ich kehrte zurück in meine einsame Souterrainwohnung. Zwei Wochen später
klingelte es tiefnachts. Es war Phil. „Sie hat mich rausgeschmissen, keine
Ahnung, wie er das geschafft hat. Jetzt liegt er in ihrem Bett, und auf dem
Küchensofa wohnt ein kleiner Italiener. Kann ich bei dir schlafen? Wir sind
doch Freunde!“ – „Echte Freunde“, murmelte ich, ließ ihn rein und trä…
später, wie ich Phil zwischen zwei Knäckebrote legte und ihm genüsslich den
Kopf abbiss.
12 Sep 2017
## AUTOREN
Joachim Schulz
## TAGS
Freundschaft
Beziehung
Frankfurt/Main
Trend
Theater
Sommer
Restaurant
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Die unrasierte Braut
Vorsicht Kamera, verstehen Sie Spaß und Augen auf beim Schuhkauf: In
Einkaufszonen ist alles möglich.
Die Wahrheit: Auf Durchreise
In die große, weite Welt hinaus trampen – ein Traum! Der manchmal wahr
wird. Hinterm Autobahnkreuz. Ausgestattet mit dem Duft des Desperados.
Die Wahrheit: Barfußhipster auf Kollisionskurs
Der neueste heiße Scheiß aus San Francisco ist, auf nackten Füßen laufen.
Glaubt Raimund und ist sich der Gefahren für seine kühlen Sohlen nicht
bewusst.
Die Wahrheit: Der bissige Graf
Ahtmann war unbestritten der bedeutendste lebende Vampir-Darsteller. Doch
was geschah bei der Premiere und wo steckte er seither?
Die Wahrheit: Die Eroberung von Krusaria
Es war kein verregneter, kühler Sommer, es war glühend heiß und
staubtrocken, als in der Stadt auf einmal die Wundersamen ihr Unwesen
trieben …
Die Wahrheit: Oma Oermels Krautkantine
Das geheimnisvollste Lokal der Welt kennt genau zwei Kategorien von Gästen.
Aber wehe, man verstößt dort gegen die Etikette …
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.