# taz.de -- Performance auf der documenta: „Auschwitz on the beach“ abgesagt | |
> Mit einer Performance wollte Franco Berardi auf der documenta auf das | |
> Leid der Flüchtenden aufmerksam machen. Stattdessen verbaut er sich den | |
> Diskurs. | |
Bild: Die documenta 14 setzt sich auf vielfältige Weise mit dem Leid der Flüc… | |
KASSEL epd | Die umstrittene documenta-Performance „Auschwitz on the beach“ | |
ist abgesagt. Damit reagiere [1][die documenta] auf Beschwerden und | |
Anschuldigungen, die es in den vergangenen Tagen gegeben habe, teilte Paul | |
B. Preciado, Kurator der Öffentlichen Programme, am Dienstag in Kassel mit. | |
„Wir respektieren diejenigen, die sich vom Titel von [2][Franco Berardis] | |
Gedicht angegriffen fühlen. Wir wollen ihrer Trauer keinen Schmerz | |
hinzufügen“, schreibt Preciado in der Begründung. Kritiker warfen den | |
Künstlern vor, das Schicksal von Flüchtlingen im Mittelmeer mit der | |
Judenverfolgung in der NS-Zeit zu vergleichen und damit den [3][Holocaust | |
zu relativieren]. | |
Man wolle die Vorwürfe weder einfach akzeptieren noch Diskussionen und | |
kritisches Denken aufgeben, sagte Preciado. Daher werde es am Donnerstag | |
anstelle der geplanten Performance um 20.30 Uhr eine Lesung mit Gespräch | |
mit Franco Berardi geben. Die Veranstaltung unter dem Titel „Shame on us“ | |
wolle eine „vielstimmige Unterhaltung“ befördern. Dort werde auch Berardis | |
Gedicht, auf dem die geplante Veranstaltung basiert, verlesen und über die | |
aktuelle Politik der Migration in Europa diskutiert. | |
Auch documenta-Leiter Adam Szymczyk hob hervor, dass es keineswegs die | |
Absicht der geplanten Veranstaltung gewesen sei, den Holocaust zu | |
relativieren. Berardis Ziel bestehe vielmehr darin, den NS-Mord an den | |
europäischen Juden verantwortungsvoll und ernsthaft als den ultimativen | |
Grenz- und Referenzbegriff für ein extremes, gewaltsames und systemisches | |
[4][Unrecht gegenüber Flüchtlingen] auszumachen. Dieses Unrecht werde von | |
nationalen und transnationalen Körperschaften in Europa körperlich an | |
Geflüchteten verübt. | |
Es gehe nicht vorrangig um die Politik der Erinnerung, mit der sich | |
Deutschland seit langem auseinandersetze, sagte Szymczyk. Vielmehr gehe es | |
darum, was hier und jetzt in und vor den Toren Europas stattfinde, sagte er | |
mit Blick auf das Sterben von Flüchtlingen auf der Flucht nach Europa. | |
## Ankündigung ist eine Reizwort-Geschichte | |
Die geplante Performance war zuvor auf heftige Kritik der beiden | |
Gesellschafter der documenta gGmbH, die Stadt Kassel und das Land Hessen, | |
gestoßen. Der hessische Wissenschafts- und Kunstminister Boris Rhein (CDU) | |
hatte der documenta einen Abbruch der geplanten Performance empfohlen. | |
Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle hatte sie eine „ungeheuerliche | |
Provokation genannt. | |
Auch die jüdische Gemeinde hatte sich entsetzt gezeigt und die politisch | |
Verantwortlichen dazu aufgefordert, sich in dieser Angelegenheit zu | |
positionieren. „Die Frage, wie mit der Erinnerung an die Schoah und den | |
damit verbundenen Begriffen umgegangen wird und wie wir künftigen | |
Generationen von diesem unfassbaren Verbrechen berichten, geht uns alle | |
an“, sagte die Vorsitzende Illana Katz. | |
Die geplante einstündige Performance „Auschwitz on the beach“ basierte auf | |
einem Gedicht des italienischen Autors Franco Bifo Berardis und war mit | |
einem Soundtrack von Fabio Stefano Berardi und einer Bildinstallation von | |
Dim Sampaio versehen. In der Ankündigung der documenta bezichtigte Berardi | |
die Europäer, „Konzentrationslager“ auf ihren eigenen Territorien | |
einzurichten und “Gauleiter„ in der Türkei, Libyen und Ägypten dafür zu | |
bezahlen, die “Drecksarbeit„ entlang ihrer Küsten zu erledigen. „Das | |
Salzwasser hat mittlerweile Zyklon B ersetzt“, hieß es unter anderem. | |
22 Aug 2017 | |
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