Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Öffnungszeiten für den Drogenkonsum: Feierabend für den Druckraum
> In Hannover werden zunehmend Drogen in Parkhäusern konsumiert. Die
> Drogenhilfe schließt um 19 Uhr. Der Stadtrat entscheidet über längere
> Öffnungszeiten.
Bild: Sauberen Drogenkonsum ermöglicht in Hannover der Träger Step – aber n…
Hannover taz | Mitten in zwei Wahlkämpfen wird sich der Stadtrat von
Hannover heute mit dem heiklen Thema Drogenkriminalität beschäftigen. Ende
Juni wurde bekannt, dass sich Hannovers Parkhäuser in der Innenstadt zu
einem beliebten Treffpunkt für Drogenabhängige entwickelt haben. „Pro Woche
treffe ich circa zweimal auf Drogenabhängige – die setzen sich einen
Schuss“, sagt Alexander S., ein Beschäftigter aus dem Parkhaus
Schmiedestraße. „Die sind so durch, dass sie ab und zu unter den parkenden
Autos schlafen.“ Viele Mitarbeiter hätten einen Selbstverteidigungskurs
absolviert. „Menschen unter Drogeneinfluss sind unberechenbar, die können
wirklich gefährlich werden“, meint er.
Das Parkhaus an der Schmiedestraße gehört der Union-Boden GmbH, einem
Unternehmen im Besitz der Stadt Hannover. Geschäftsführer Karsten Klaus
berichtet, dass die „Probleme und Kundenbeschwerden in der letzten Zeit
tatsächlich zugenommen haben“. Die Problematik der Drogenkriminalität „sei
auf keinen Fall zu bagatellisieren“, so Klaus. Besonders in die Tiefgarage
hinter dem Hauptbahnhof zögen sich „problematische Gruppierungen“ des
Nachts gern zurück. Der Sicherheitsdienst patrouilliere zweimal pro Nacht,
so Klaus.
Ein Anruf beim zuständigen Sicherheitsdienst, die Niedersächsische Wach-
und Schließgesellschaft (NSWG), bestätigt Klaus’ Aussage jedoch nicht.
Geschäftsführer Andreas Segler teilt mit, in das Parkhaus Schmiedestraße
sei „die NWSG nur in Notfällen gerufen“ worden, „das letzte Mal vor sechs
Wochen“. Zu den aufgedeckten Unstimmigkeiten in der Auftragslage wollten
sich beide Seiten nicht mehr äußern.
Die größte Suchtberatungsstelle in Hannover, die Step gGmbH, bietet in der
Nähe des Hauptbahnhofs einen Drogenkonsumraum an, den „Fixpunkt“. Abhängi…
können ihn bis abends um 19 Uhr nutzen. Nachts gibt es in Hannover keine
Aufenthaltsräume für Suchtkranke. Eine Erweiterung des Fixpunkts durch
einen Neubau hatte die Stadt Hannover zwar im Sommer 2013 in Auftrag
gegeben, vier Jahre später hat Step jedoch noch immer keine Einladungen für
die Eröffnung verschickt.
Eine Verbindung zwischen der Zunahme der Drogenabhängigen in den
Parkhäusern und den nachts geschlossenen Konsumräumen mag die Stadt nicht
herstellen. „Ein Zusammenhang ist nach Erfahrung unserer Fachleute nicht
ersichtlich“, sagt Konstanze Kalmus, Pressesprecherin der Stadt Hannover.
Wiederholte Anfragen, inwiefern aufsuchende Sozialarbeit in den Parkhäusern
geleistet wurde, beantwortete Step nicht.
Step erhält jährlich einer halbe Million Euro aus dem Stadtsäckel. SPD-nahe
Stiftungen unterstützen Step ebenfalls mit namhaften finanziellen
Beiträgen.
Geschäftsführer von Step ist Serdar Saris, der ehemalige
Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen im Stadtrat. Seine Partei ist
derzeit in Hannover Regierungspartner in einer Ampelkoalition mit SPD und
FDP. Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) hatte im Juni in einer großen
Pressekonferenz ein neues Sicherheitskonzept präsentiert, das der
„gefühlten Unsicherheit“ der Bürger Hannovers Rechnung tragen sollte. Das
Konzept sollte pünktlich zur Bundestagswahl verabschiedet werden.
Doch im August ruderten die Regierungsparteien überraschend wieder zurück
und verwiesen das Sicherheitskonzept erneut zur Beratung in die Fraktionen.
Wann es tatsächlich verabschiedet wird, ist nicht absehbar. Das Thema
Drogenkriminalität ist in dem Konzept bislang nicht vorgesehen.
Auch im Aufsichtsrat der Union-Boden GmbH war das Problem der steigenden
Drogenkriminalität noch nicht auf der Tagesordnung. Der
Aufsichtsratsvorsitzende Lars Kelich (SPD), nach eigener Aussage „für die
Kontrolle von Sicherheit und Ordnung“ in den Parkhäusern zuständig, spricht
von einem „großen Vertrauen in das operative Handeln“ der Geschäftsführu…
Im Raum steht nun der Verdacht, dass die restlichen Aufsichtsratsmitglieder
der Opposition nicht über die Zunahme der Drogenkriminalität informiert
werden sollten.
Fraktionsübergreifend wurde deswegen Empörung laut. „Warum haben sich weder
die Union-Boden GmbH noch Step der Probleme rechtzeitig angenommen?“, fragt
Kommunalpolitiker Julian Klippert (Die Partei). CDU-Fraktionschef Jens
Seidel verlangte eine Anhörung im Sozialausschuss und einen umfassenden
Bericht der Dezernentin.
Die Linke und die Piraten stellen am Donnerstag in der Ratsversammlung zum
ersten Mal einen Antrag im Stadtrat vor, der eine Ausweitung der
nächtlichen Öffnungszeiten von Drogenkonsumräumen behandelt. Nach
Zurückstellung des Sicherheitskonzepts ist das Abstimmverhalten der SPD
ungewiss. Als Erster zeigte sich SPD-Politiker Kelich zu finanziellen
Zugeständnissen bereit. Er stellte in Aussicht, dass er sich im Stadtrat um
weitere Mittel für nächtliche Aufenthaltsräume für Drogenkonsumenten
kümmern werde – für Step.
Mitarbeit: Merlin Schumacher
24 Aug 2017
## AUTOREN
Valerie Lux
## TAGS
Drogenkonsum
Hannover
Hannover
Heroin
Straffällige Jugendliche
Wein
Öffentlicher Raum
Drogenhilfe
Drogen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hannovers Problembahnhof: Innenministerin macht Lobhudel-Tour
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) lässt sich durch den
zweitgefährlichsten Bahnhof der Republik führen – und findet schöne Worte.
Cleane Drogenabhängige hilft Süchtigen: Sie kennt die Probleme
Anette Hofmann war siebzehn Jahre lang heroinabhängig. Heute ist sie clean
und hilft anderen als Therapeutin, mit den Drogen klarzukommen.
Alternative zum Jugendknast: Viel Lärm vorab
Eine Jugendhilfeeinrichtung zur Haftvermeidung sorgt für heftige
Wortwechsel. Bei der Beiratssitzung kann die Sozialbehörde viele Anwohner
nicht besänftigen
Generationsfrage Alkoholkonsum: Auf dem Weg zum Olymp
Nicht die Jugend, nein, die Generation der Babyboomer ist es, die sich
einer „Guardian“-Recherche zufolge zunehmend hemmungslos die Kante gibt.
Drogenszene in Berlin-Wedding: Einen Platz für alle schaffen
Viele Trinker und Junkies: Am Leopoldplatz im Wedding kracht es regelmäßig.
Doch die Geschichte des Platzes zeigt auch, wie Zusammenleben klappen kann.
Drogenkonsum in der Öffentlichkeit: Nachbarn kritisieren Drogenhilfe
Anrainer beschweren sich über Schmutz in der Virchowstraße durch Klienten
der Drogenberatungsstelle. Der Konflikt soll an einem runden Tisch gelöst
werden.
$ick über Suchtprävention via Youtube: „Auf Opiat bist du tot“
25 Jahre lang ist $icks Leben bestimmt von Sucht und
Beschaffungskriminalität. Er sieht Defizite bei der Suchtprävention und
betreibt auf Youtube Aufklärung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.