# taz.de -- Hannovers Problembahnhof: Innenministerin macht Lobhudel-Tour | |
> Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) lässt sich durch den | |
> zweitgefährlichsten Bahnhof der Republik führen – und findet schöne | |
> Worte. | |
Bild: Die Polizei hat viel zu tun am Hauptbahnhof Hannover | |
Als Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagt, sie habe | |
„hier ein gutes Gefühl“, entgleisen einem Reporterkollegen kurz die | |
Gesichtszüge. Es gibt nicht viele Menschen, die beim [1][Hauptbahnhof | |
Hannover und seiner Umgebung] ein so richtig gutes Gefühl haben, aber die | |
Ministerin verbreitet Zufriedenheit. | |
Der Reihe nach: Im vergangenen Jahr landete der Hauptbahnhof in den | |
Schlagzeilen, weil er bei den erfassten Gewaltdelikten bundesweit an | |
zweiter Stelle lag. Obwohl er eigentlich nur der siebtgrößte Bahnhof ist. | |
[2][Nur der Hamburger Bahnhof] gilt als noch gefährlicher. | |
Tatsächlich ist Hannover wohl auch deshalb ein so schwieriges Pflaster, | |
weil der Hauptbahnhof eine bedeutsame Drehscheibe ist: Hier durch verlaufen | |
so viele Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungen, dass nicht nur | |
Fußballfangruppen (immer für einen Peak in der Statistik gut) regelmäßig | |
aufeinandertreffen, sondern sich auch sonst viele Menschen ansammeln, die | |
irgendwie gestrandet sind. | |
Es gab nun eine ganze Reihe von Anstrengungen, dem zu begegnen. Da wurden | |
Waffenverbotszonen eingerichtet und Funsport-Events organisiert. Anders als | |
in anderen Städten wurde [3][die Obdachlosen- und Drogenszene] nicht ganz | |
so rigoros vertrieben, aber doch nachdrücklich an den Rand gedrängt. Oder | |
wie es die Sozialdezernentin der Stadt nennt: auf „Akzeptanzflächen“ | |
verwiesen, die nicht ganz so prominent gelegen sind. | |
Es gibt da also durchaus die eine oder andere Sache, die so einen | |
Innenministerinnenbesuch rechtfertigen würde. Sie wolle sich bei einem | |
Rundgang ein Bild von der Situation machen, mit den zuständigen Akteuren | |
über die Herausforderungen sprechen, sich über das gemeinsame | |
Einsatzkonzept informieren, hieß es in der Presseeinladung. | |
## Hauptsache, alle kooperieren | |
Im Idealfall sind solche Rundgänge tatsächlich nützlich: Für die Ministerin | |
liefern sie einen kleinen Realitätscheck und gute Bilder, für die | |
mitlaufende Presse was zum Mitschreiben. Denn natürlich wird jede | |
Organisation, die etwas auf sich hält, die Gelegenheit nutzen, der | |
Ministerin etwas mit auf den Weg zu geben: Regelungen, die man sich anders | |
wünscht, Forderungen nach mehr Personal, mehr Geld, mehr Ausrüstung. | |
Hier nicht. Der öffentliche Teil des Rundganges beschränkte sich auf einen | |
Konferenzraum der Bundespolizei. Dort ist man sehr bemüht, zu zeigen, was | |
man mit den 183 Kameras im Hauptbahnhof alles anstellen kann: Fußballfans | |
durch den Bahnhof verfolgen, Messerstechereien und Flaschenwürfe aufklären. | |
Also zumindest im Nachhinein. Eine dauerhafte Live-Beobachtung des | |
Geschehens gibt es nicht. | |
Aber darum geht es hier ja auch gar nicht. Wichtig sei ihr, sagt Behrens, | |
festzustellen, dass die Zusammenarbeit auf diesem schwierigen Terrain gut | |
funktioniert. Ja, antwortet brav der Vertreter der Bundespolizei, wir | |
arbeiten gut zusammen. | |
Ja, bestätigen nacheinander die Vertreterin der Landespolizei, die Leiterin | |
der nahe gelegenen Wache und die Vertreter der Stadt, wir arbeiten hier gut | |
zusammen. Dass bekräftigt Behrens noch mehrmals, es sei ihr wichtig, weil | |
man dieses Problem ja nur mit guter Kooperation in den Griff bekäme. Ob das | |
denn jetzt wirklich die Botschaft des Tages sei, fragt eine Reporterin | |
ungläubig, dass man hier gut kooperiere? Ja, lautet die Antwort. Und dpa | |
titelt: Ministerin lobt Sicherheitsarbeit am Hauptbahnhof. Na, wenn das man | |
nicht eine knallharte Nachricht ist. | |
13 Jan 2024 | |
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