# taz.de -- Mehr Geld für humanitäre Sprechstunde: Etwas mehr Humanität | |
> Die medizinische Sprechstunde für Papierlose und Menschen ohne | |
> Versicherung bleibt eine Grundversorgung, erhält aber deutlich mehr Geld | |
Bild: Vera Bergmeyer vom Medinetz bei der Kundgebung vor dem Parlament | |
Bremen taz | Die Humanitäre Sprechstunde für Papierlose bleibt erhalten und | |
soll deutlich mehr Geld bekommen. Das wurde gestern am Rande der | |
Stadtbürgerschaft bekannt. In dem Doppelhaushalt der kommenden beiden Jahre | |
hat der Senat nach Angaben des Gesundheitsressorts 113.000 Euro pro Jahr | |
verplant. Bisher stand dem Angebot laut Behörde nur ein Budget von 20.000 | |
Euro zur Verfügung. | |
Seit 2009 bieten eine Gynäkologin und eine Allgemeinmedizinerin an zwei | |
Tagen in der Woche im Gesundheitsamt eine medizinische Grundversorgung an. | |
Diese Behandlung für MigrantInnen ohne Papiere und Krankenversicherung ist | |
anonym und kostenfrei. Im April wurde die Humanitäre Sprechstunde | |
überraschend geschlossen – aus Personalmangel. „Ein Skandal“, sagt Sophia | |
Leonikdakis, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Offiziell | |
hieß es damals, die Humanitäre Sprechstunde werde neu konzeptioniert. | |
Das Konzept bleibt nun aber zunächst einmal wie bisher, jedoch soll die | |
Sprechstunde künftig auch in Zeiten personeller Engpässe nicht ausfallen | |
müssen. Von den zusätzlichen Geldern sollen die Kosten für die Versorgung | |
von Schwangeren bei niedergelassenen Gynäkologen sowie für | |
Dolmetscherdienste übernommen werden. | |
Der Bedarf an dem Angebot steigt kontinuierlich und rapide: 2016 wurden 508 | |
Behandlungen gezählt, 2015 waren es 362, 2014 noch 279. Unter den | |
PatientInnen waren vor allem Schwangere, aber auch Bluthochdruck, Diabetes, | |
Schmerzen in Gelenken, Rücken, Hals und Zähnen sind häufig behandelte | |
Beschwerden. Die Zahl der Betroffenen in Bremen geht in die Tausende. Dazu | |
gehören nicht nur Geflüchtete, sondern auch EU-Ausländer. | |
## „Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung“ | |
Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) lobte die Humanitäre | |
Sprechstunde gestern als „wichtige medizinische und gesellschaftspolitische | |
Einrichtung“. Das Angebot werde aufrechterhalten, „damit alle Menschen, die | |
in Bremen leben, Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung haben“. | |
Noch am gestrigen Nachmittag kämpften das Medinetz und die Solidarity City | |
Initiative vor der Bürgerschaft mit einer Kundgebung für den Erhalt der | |
Humanitären Sprechstunde und einen anonymen Krankenschein, wie es ihn in | |
Niedersachsen und Thüringen gibt. | |
Vera Bergmeyer vom Medinetz, einer medizinischen Vermittlungs- und | |
Beratungsstelle für Geflüchtete, lobt nun die Initiative des Senats: Mehr | |
als 100.000 Euro pro Jahr, so Bergmeyer, „das ist eine Größenordnung, mit | |
der man arbeiten kann“. Bislang kommt es immer wieder zu Versorgungslücken, | |
wenn die Grundversorgung für die Beschwerden nicht ausreicht und eine | |
fachärztliche Behandlung oder eine Operation nötig ist. | |
Das Medinetz Bremen, die Solidarity City Initiative und die Linkspartei | |
fordern deshalb einen anonymen Krankenschein für alle Betroffenen ein. | |
„Fachärztliche Diagnostik, weitergehende medizinische Behandlung oder | |
Geburtshilfe ruhen allein auf den Schultern von wenigen, kooperierenden | |
Arztpraxen, die ehrenamtlich arbeiten müssen“, so das Argument. | |
Mit einem anonymen Krankenschein können sich Kranke ohne Papiere in der | |
Arztpraxis ihres Vertrauens medizinisch behandeln lassen – so, wie alle | |
anderen Menschen auch. Ob und inwiefern sie dieses Modell auch in Bremen | |
befürworten – dazu haben bislang weder das Ressort noch die | |
Gesundheitspolitikerinnen von Rot-Grün eine abschließende Meinung. | |
22 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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