# taz.de -- „Atommülldrehscheibe“ Braunschweig: Radioaktiver Müll auf Wel… | |
> Die Firma Eckert & Ziegler lässt atomaren Abfall in den USA verbrennen | |
> und lagert die radioaktive Asche dann in Braunschweig ein. | |
Bild: Die „Bürgerinitiative Strahlenschutz“ protestiert schon lange gegen … | |
HAMBURG taz | Das in Braunschweig ansässige Unternehmen Eckert & Ziegler | |
hat anscheinenden mehr atomaren Müll umgeschlagen, als angenommen. Nach | |
Recherchen des NDR wurde tonnenweise schwach-radioaktiv belasteter Abfall | |
in die USA verschifft, dort verbrannt und danach wieder nach Braunschweig | |
zurückgebracht und dort eingelagert. Bei Anwohnern und der umtriebigen | |
„Bürgerinitiative Strahlenschutz“ (BISS) stoßen die Aktivitäten von Ecke… | |
& Ziegler schon länger auf Kritik – die Initiative spricht von einer | |
„Atommülldrehscheibe“ in Braunschweig-Thune. | |
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sagte der taz, die | |
Zuständigkeiten für Transporte von radioaktiven Abfällen seien „mehr als | |
kompliziert. Eine strenge Neuordnung ist überfällig.“ Der Bund sei | |
gefordert, für eine Neuregelung zu sorgen. | |
Das Unternehmen Eckert & Ziegler stellt radioaktive Produkte für die | |
Medizin her, etwa Substanzen für radiologische Untersuchungen und | |
Strahlenquellen für Krebstherapien. Ein zweiter Geschäftszweig ist die | |
Konditionierung von Atommüll, also die Behandlung und Verpackung von | |
radioaktiven Abfällen für eine spätere Zwischen- oder Endlagerung, auch für | |
andere Kunden. Auf dem Betriebsgelände im Stadtteil Thune lagern große | |
Mengen radioaktiver Abfälle. Es grenzt an ein Wohngebiet, auch eine Schule | |
und ein Kindergarten liegen in unmittelbarer Nähe. | |
Durch die Recherchen des NDR kam ans Licht, dass das Unternehmen zwischen | |
2012 und 2016 insgesamt 135 Tonnen radioaktiv belasteter Rückstände von | |
Braunschweig in die Vereinigten Staaten verschifft hat. In Oak Ridge im | |
US-Bundesstaat Tennessee seien die radioaktiven Stoffe durch eine | |
Spezialfirma verbrannt worden. Auf diese Weise habe das Volumen der Abfälle | |
verkleinert werden gesollt. | |
Die radioaktive Asche wurde danach zurück nach Braunschweig transportiert, | |
wie die US-amerikanische Atombehörde Nuclear Regulatory Commission (NRC) | |
dem Sender bestätigte. Laut dem Bericht heißt es in einem Begleitschreiben, | |
Eckert & Ziegler sei „near capacity“, also nahe an ihrer Kapazitätsgrenze | |
für Atommüll. | |
Für die Zukunft haben die US-Behörden offenbar die Einfuhr weiteren | |
Atommülls genehmigt. Bis zu 1.000 Tonnen schwach radioaktiver Abfälle | |
dürften aufgrund eines Vertrages mit der US-Firma „Energy Solutions“ bis | |
2021 in die USA gebracht werden, sagte Peter Meyer von der BISS am Montag | |
zur taz: „Und das alles von Braunschweig in die USA und wieder zurück.“ | |
Eckert & Ziegler selbst trug vorerst nichts zur Aufklärung der Vorgänge | |
bei. Die taz wollte unter anderem wissen, welche radioaktiven Stoffe in die | |
Vereinigten Staaten gebracht, wie sie transportiert und von wem die | |
Genehmigungen dafür erteilt wurden. Das Unternehmen ließ die Anfrage bis | |
Redaktionsschluss jedoch unbeantwortet. Auch der NDR konnte nach eigenen | |
Angaben keine Interviews mit Verantwortlichen des Unternehmens führen. | |
Zwischen Eckert & Ziegler auf der einen und den Umweltschützern auf der | |
anderen Seite schwelt aber noch ein weiterer Konflikt. Die Firma will eine | |
weitere Lagerhalle für Atommüll mit einem Volumen von rund 26.000 | |
Kubikmetern bauen. Nach Protesten hatte die Stadtverwaltung der Firma den | |
Bau untersagt und eine Veränderungssperrre für das fragliche Areal | |
erlassen. Eckert & Ziegler klagte. Das Verwaltungsgericht entschied, das | |
Unternehmen habe Anspruch auf die erneute Prüfung seines Bauantrags. | |
Inzwischen haben sich die Kommune und das Unternehmen auf Rahmenbedingungen | |
für den Bau der Halle verständigt, eine Erweiterung des Firmengeländes ist | |
damit sehr wahrscheinlich. Die BISS fordert dagegen weiter die Umsiedlung | |
von Eckert & Ziegler. „Dieser Standort mitten im Wohngebiet, neben zwei | |
Schulen mit rund 1.300 Kindern und Kindertagesstätten ist vollständig | |
ungeeignet und muss verlagert werden“, sagt Peter Meyer. | |
Auch aus Sicht von Landesumweltminister Wenzel ist der Standort von Eckert | |
& Ziegler „sehr schwierig“. In Braunschweig-Thune seien in der Stadtplanung | |
der vergangenen Jahrzehnte viele Fehler gemacht worden. Deshalb habe das | |
Umweltministerium schon vor Jahren damit begonnen, die Aufsicht über den | |
Betrieb zu verschärfen. „Zuständigkeiten, Strahlenschutz, | |
Umgebungsüberwachung, Lärmschutz, Genehmigungen und Störfallanalyse – alles | |
kam auf den Prüfstand und diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen“, | |
sagte Wenzel. Den Wunsch der Anwohner nach Verlagerung bezeichnete er als | |
„verständlich“. Gerichtsentscheide und Genehmigungen mit Bestandsschutz | |
dürften und könnten jedoch nicht ignoriert werden. | |
21 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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