# taz.de -- Atommüll: Asse schwappt nach Braunschweig | |
> Die Stadt will nun doch zulassen, dass radioaktive Abfälle aus der | |
> Deponie auf ihrem Gebiet bearbeitet werden können. Bürgermeister Hoffmann | |
> (CDU) will das nicht zugeben. | |
Bild: Visionär: Der Braunschweiger Künstler Jürgen Ulrich und sein Asse-Karn… | |
Gebrüllt wie ein Löwe, als Bettvorleger gelandet: Mit denkbar scharfen | |
Worten hatte Braunschweigs Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) im Januar | |
deutlich gemacht, dass er in seiner Stadt keinen Atommüll aus dem | |
Forschungsendlager Asse haben will. "Wir torpedieren alle Pläne, die | |
irgendwie mit der Asse zusammenhängen", verkündete er. Jetzt stellt sich | |
heraus, dass von dem starken Auftritt wohl nichts bleiben wird: Die | |
CDU-FDP-Koalition im Stadtrat wollte am Dienstagabend einen Beschluss | |
aufheben, der es der Firma Eckert & Ziegler hatte unmöglich machen sollen, | |
Asse-Abfälle im Stadtteil Thune zu bearbeiten. Bürgermeister und Fraktion | |
wollen nicht zugeben, dass der Asse-Müll nun doch in Braunschweig landen | |
könnte. | |
Hoffmann hatte im Januar offenbar spontan auf einen Bericht der | |
Braunschweiger Zeitung (BZ) reagiert: Nach der Entscheidung des Bundesamtes | |
für Strahlenschutz, die Asse zu räumen, wollten Eckert & Ziegler in großem | |
Stil in das Geschäft mit der Entsorgung des Asse-Mülls einsteigen, hieß es | |
in der Zeitung. Dazu wolle die Firma ihre Anlagen in Thune erweitern. Es | |
winkten Großaufträge in mehrstelliger Millionenhöhe. | |
In Braunschweig schlugen die Wogen hoch: "Wir lassen uns doch nicht | |
nebenbei mal so eben ein kleines Atommüllzwischenlager aufdrängen", | |
polterte Hoffmann. Er werde mit Eckert & Ziegler nicht verhandeln, "ehe die | |
Firma nicht schriftlich von allen Überlegungen Abstand nimmt, irgendwelche | |
Materialien aus der Asse nach Braunschweig zu bringen". Alle Fraktionen - | |
CDU, FDP, SPD, Grüne, BIBS und Die Linke - beschlossen einhellig eine | |
Veränderungssperre: Eckert & Ziegler durften nicht bauen. | |
Inzwischen behauptet Hoffmann, die geforderte Zusicherung erhalten zu | |
haben: Die Firma werde keinen Abfall mit unzulässigen Grenzwerten | |
verarbeiten, sondern bloß die Arbeiten mit schwach radioaktiven Abfällen | |
fortführen. Die Veränderungssperre sei obsolet. | |
"Wenn die aufgehoben wird, kann dort auch Müll aus der Asse konditioniert | |
werden", interpretiert Heiderose Wanzelius von der BIBS-Fraktion die | |
Stellungnahme. Die Grünen sehen das ähnlich. "Die verzichten eigentlich nur | |
auf das, was sowieso verboten ist", sagt ihr Fraktionschef Holger | |
Herlitschke. | |
Herlitschke und Wanzelius werfen Hoffmann Verschleierung vor: Der | |
Oberbürgermeister erwecke fälschlicherweise den Eindruck, mit der Erklärung | |
bleibe der Asse-Müll vor Braunschweigs Toren. Dabei könne Eckert & Ziegler | |
mit seiner geltenden Genehmigung schwach radioaktiven Abfall ganz gleich | |
woher behandeln, eben auch aus der Asse, sagt Herlitschke. | |
Hoffmanns Sprecher verweist auf Presseerklärungen. Darin heißt es: "Die | |
Stadt hat sich gegen Veränderungen wappnen wollen, die für die Bürger | |
gefährlich werden könnten, nicht gegen die Ausübung bestehender Rechte." | |
Die CDU-Fraktion verzichtete auf eine Stellungnahme. | |
22 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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