# taz.de -- Inventur offenbart Fehler: Müll in der Asse stärker radioaktiv | |
> Die Betreiber der Asse haben sich über ihr Material getäuscht. Viel mehr | |
> Fässer als gedacht enthalten mittelstark radioaktiven Müll – und strahlen | |
> damit stärker als erwartet. | |
Bild: Noch immer gut für Überraschungen: das Endlager Asse. | |
BERLIN taz | In der Asse wurde deutlich mehr mittelradioaktiver | |
Strahlenmüll entsorgt als bislang angenommen. Wie aus dem Abschlussbericht | |
zum "radioaktiven Inventar" hervorgeht, lagern in der einsturzgefährdeten | |
Schachtanlage 16.100 Abfallbehälter mit mittelradioaktivem Müll. Bisher | |
waren die Behörden von 1.300 solchen Fässern ausgegangen. Außerdem liegen | |
die Behälter in mehreren Lagerkammern auf verschiedenen Ebenen im Bergwerk | |
verteilt, auch das war bisher nicht bekannt. | |
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bestätigte gegenüber der taz, dass | |
14.800 Fässer neu deklariert werden müssen. Bislang waren die Behörden | |
davon ausgegangen, dass in der Asse lediglich ein Prozent der 125.787 | |
eingelagerten Fässer mittelradioaktiv sind, nun sind es knapp 13 Prozent. | |
Den Plänen zufolge wird erwogen, den Müll im Schacht Konrad endzulagern. | |
"Dafür ist allerdings ein Genehmigungsverfahren notwendig", so BfS-Sprecher | |
Werner Nording. | |
Pikant am Bericht ist die Autorenschaft: Das Helmholtz-Zentrum München, | |
dass den Bericht am Freitag an das BfS übermittelte, hatte die Asse | |
jahrelang betrieben, ohne offenbar selbst korrekt darüber informiert zu | |
sein, was eigentlich in der Asse alles eingelagert wurde. | |
Das ehemalige Salzbergwerk bei Wolfenbüttel wurde zwischen 1967 und 1995 | |
als Forschungsbergwerk betrieben, die Endlagerung radioaktiver Abfälle | |
sollte hier großtechnisch erprobt werden. Allerdings erfolgte diese | |
Einlagerung nicht nach Atomrecht, sondern nach Bergrecht: Offenbar grob | |
fahrlässige Fehler waren die Folge. | |
2008 hatten die Behörden radioaktiv verseuchtes Grubenwasser entdeckt und | |
damit einen Skandal ins Rollen gebracht: Die niedersächsische Atomaufsicht | |
wusste von nichts. Im November 2008 entzog die damalige schwarz-rote | |
Regierung dem Helmholtz Zentrum München die Aufsicht. Fortan sollte das | |
Bundesamt für Strahlenschutz eine Stilllegung der Asse nach Atomrecht | |
vorbereiten. Möglichst noch in diesem Jahr wollen Ingenieure eine erste | |
Abfallkammer auf der 750-Meter-Sohle anbohren. | |
Am Donnerstag hatte die Behörde unter Tage erstmals die sogenannte | |
Kalterprobung demonstriert. Die bündnisgrüne Atomexpertin Sylvia | |
Kotting-Uhl: "Jedes Stück mehr Wissen zeigt die Notwendigkeit, den Müll aus | |
den bröckelnden Kammern zu holen und einer geordneten Endlagerung | |
zuzuführen." | |
In Auftrag gegeben hatte die Inventarstudie das | |
Bundesforschungsministerium, nachdem der niedersächsische | |
Asse-Untersuchungsausschuss auf Ungereimtheiten gestoßen war. Im Januar | |
2010 räumte Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) Fehler im | |
Umgang mit dem Atommülllager Asse ein. Das Lager sei nicht nur für | |
wissenschaftliche Zwecke genutzt worden, zumal die große Anzahl der fast | |
126.000 eingelagerten Fässer für die Forschung nicht notwendig gewesen sei. | |
Eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums erklärte: "Das Ministerium hat | |
das Bundesamt für Strahlenschutz beauftragt, den Bericht auszuwerten und | |
mögliche Konsequenzen daraus zu ermitteln und zu bewerten. | |
10 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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