# taz.de -- Gebietsreform in Thüringen: R2G rettet sich durch Entschärfung | |
> Thüringens Regierung will das Projekt zwar nicht aufgeben. Die Umsetzung | |
> komme aber erst mit der nächsten Legislaturperiode, sagt sie. | |
Bild: An der Saale regiert weiter die Dreierbande. Hier im Bild: das Städtchen… | |
DRESDEN taz | Von „Säbelrasseln“ sprechen selbst die Spitzen der drei | |
Thüringer Koalitionspartner Linke, SPD und Grüne, davon, dass in Sachen | |
Gebietsreform „mächtig Druck im Kessel“ gewesen sei. Nach siebenstündigem | |
Ringen des Koalitionsausschusses in der Nacht zum Mittwoch sieht sich die | |
erste von der Linkspartei geführte rot-rot-grüne Koalition auf Bundesebene | |
gerettet. Allerdings musste sie bei ihrem Zentralvorhaben Gebiets- und | |
Funktionalreform Zugeständnisse machen. | |
Rot-Rot-Grün hat dieses Projekt zur Überwindung der Thüringer | |
Zersplitterung zwar nicht aufgegeben, die Reform wird aber teilweise | |
entschärft und vor allem zeitlich gestreckt. Rechtliche Grundlagen sollen | |
zwar noch in dieser bis Sommer 2019 dauernden Legislaturperiode geschaffen | |
werden. Die Umsetzung bis 2021 läge aber in den Händen der nächsten | |
Landesregierung. | |
Das traditionell kleinstaatlich geprägte Thüringen leistet sich bei 2,1 | |
Millionen Einwohnern 17 Landkreise, fünf kreisfreie Städte und über 800 | |
Gemeinden. Seit mehr als zehn Jahren wurden Pläne für eine Gebietsreform | |
von CDU-geführten Regierungen stets ausgebremst. Rot-Rot-Grün unter Führung | |
von Ministerpräsident Bodo Ramelow wollte die Reform 2015 ernsthaft | |
angehen. Allerdings schlägt der Koalition auch der Widerstand eigener | |
Kommunalpolitiker entgegen. Die erfolgreiche Verfassungsklage der | |
CDU-Opposition gegen das Vorschaltgesetz erhöhte in diesem Jahr den Druck | |
auf die Regierung weiter. | |
Mit dem Kompromiss des Koalitionsausschusses ist das insbesondere von | |
Linken und SPD bis zuletzt verfolgte Vorhaben aufgegeben worden, die | |
Gebietsreform bis zu den Landratswahlen im Frühjahr 2018 abzuschließen. Vor | |
allem die Bündnisgrünen hatten auf eine Streckung gedrängt. Bei | |
Veranstaltungen mit Bürgern sei deutlich geworden, dass viele sich „noch | |
nicht mitgenommen fühlen“, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dirk Adams | |
der taz. | |
Ministerpräsident Ramelow räumte den „Webfehler“ ein, dass drei Ministeri… | |
an der Gestaltung des Reformvorhabens beteiligt seien. Die Linke setzte | |
sich deshalb mit ihrer Forderung nach einem alles koordinierenden neuen | |
Staatssekretär durch. Den soll die SPD stellen und so die Brüskierung ihres | |
Innenministers vermeiden. | |
Die Vorgaben des Leitbildes bleiben bestehen. Die Bürgermeister- und | |
Landratswahlen sollen im kommenden Jahr noch in den alten Strukturen | |
stattfinden. Deren Amtsperioden würden aber 2021 schon enden, wenn die | |
neuen Gemeinde- und Kreisgrenzen feststehen. | |
Linken-Fraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow räumt gegenüber der taz | |
„eigene Fehler“ ein, will das Ergebnis aber keineswegs als Kapitulation | |
werten. Ebenso wie ihr Grünen-Kollege Adams sieht sie nun eine Chance, im | |
ausführlichen Kontakt mit Kommunalpolitikern und Bürgern einen breiteren | |
Konsens herzustellen. CDU-Fraktionschef Mike Mohring hatte bereits | |
angekündigt, die in zwei Jahren anstehenden Landtagswahlen zu einem | |
„Volksentscheid über die Gebietsreform“ zu machen. „Das kann auch ein | |
Entscheid pro Reform werden“ kontert Hennig-Wellsow. | |
„Die Reform ist keinesfalls beerdigt“, bekräftigt auch SPD-Fraktionschef | |
Matthias Hey gegenüber der taz. Er erwähnt aber den Druck der knappen | |
Ein-Stimmen-Mehrheit der Koalition. Ein CDU-Abgeordneter versucht für eine | |
neue vierköpfige parlamentarische Gruppe Abgeordnete anderer Fraktionen | |
abzuwerben, darunter den von der AfD zur SPD gewechselten Oskar Helmerich. | |
Bislang vergeblich. | |
17 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Thüringen | |
R2G Berlin | |
Kreisgebietsreform | |
Schwerpunkt Thüringen | |
Dietmar Woidke | |
Die Linke | |
Universität | |
DDR | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vor den Kommunalwahlen in Thüringen: Der überparteiliche Wahlkampf | |
Am Sonntag finden in Thüringen Kommunalwahlen statt. Sie werden auch eine | |
Abstimmung über die rot-rot-grüne Koalition auf Landesebene sein. | |
Berliner Wochenkommentar II: Brandenburg bleibt Brandenburg | |
Die Landesregierung sagt die bei vielen BürgerInnen ungeliebte | |
Kreisgebietsreform in Berlins Nachbarland ab. Der Widerstand von mehreren | |
Seiten war zu groß. | |
Debatte Rot-Rot-Grün ohne Perspektive: Verantwortliche Gesinnungsethiker | |
Rot-Rot-Grün scheint rechnerisch unmöglich. Darüber kann sich die | |
Linkspartei freuen: Es bewahrt sie vorerst vor quälenden | |
Selbstfindungsprozessen. | |
Hochschulpakt in Deutschland: Der Osten will im Rennen bleiben | |
Wissenschaftsminister der neuen Länder fordern eine dauerhafte finanzielle | |
Beteiligung des Bundes. Zudem brauche es mehr Fördermittel. | |
Die Wahrheit: Der finale Rhön-Report | |
Im Grenzgebiet zwischen Thüringen, Bayern und Hessen zeichnet sich ein | |
„Ende der Geschichte“ aber nicht ab. Eine Heimatkunde. |