| # taz.de -- Abgehörte Journalisten in Leipzig: Lauschangriff mit Beifang | |
| > Bei Ermittlungen gegen ein linkes Fanprojekt sind auch Journalisten | |
| > abgehört worden. Die Protokolle blieben noch lange gespeichert. | |
| Bild: Sie können auch zuhören (Einsatz bei einem Pokalspiel zwischen Lok und … | |
| Dresden taz | Auf Betreiben der sächsischen Generalstaatsanwaltschaft wurde | |
| drei Jahre lang gegen 14 Personen aus dem Umfeld des Oberligisten BSG | |
| Chemie Leipzig wegen des Verdachts der Bildung einer (linken) kriminellen | |
| Vereinigung ermittelt. Als Auslöser genügten Vorfälle, bei denen | |
| rechtsradikale Fans beschimpft und verprügelt worden waren. [1][Auch | |
| Telefonate von vier Journalisten mit den Verdächtigten wurden | |
| aufgezeichnet]. Im Herbst 2016 stellte die Staatsanwaltschaft die | |
| Ermittlungen ergebnislos ein. | |
| Durch das NDR-Medienmagazin ZAPP und die Leipziger Volkszeitung wurde | |
| bekannt, dass die Journalisten nach Einstellung des Verfahrens nicht über | |
| die Abhörmaßnahme informiert worden waren. Der Paragraph 100a ermöglicht in | |
| Fällen besonders schwerer Kriminalität den Großen Lauschangriff. | |
| Für Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger gelten aber besondere | |
| Schutzregeln hinsichtlich der Dauer und der Löschung von Aufzeichnungen. In | |
| einem Fall waren diese Mitschnitte im Juni 2017 immer noch gespeichert. | |
| Jetzt griff die Leipziger Volkszeitung das Thema noch einmal auf, nachdem | |
| mit achtmonatiger Verspätung einer ihrer betroffenen Mitarbeiter Post von | |
| der Generalstaatsanwaltschaft über die Abhörmaßnahme erhielt. | |
| „Wir sind erstaunt, wie weit rechtsstaatliche Ermittlungsarbeit geht und | |
| fragen uns, wie es um die Pressefreiheit bestellt ist“, äußerte sich | |
| LVZ-Chefredakteur Jan Emendörfer. Das Informationsschreiben der | |
| Staatsanwaltschaft ging an die LVZ-Redaktion, weil angeblich die Anschrift | |
| des ordnungsgemäß gemeldeten Journalisten nicht zu ermitteln war. Darin | |
| wird mitgeteilt, dass die Gespräche des Reporters mit Verantwortlichen der | |
| BSG Chemie Leipzig ein halbes Jahr lang aufgezeichnet wurden. Auch der SMS- | |
| Verkehr und Anwahlversuche wurden registriert. Die anderen Journalisten | |
| sollen unter anderem für die Leipziger Internetzeitung und die das | |
| Vice-Magazin gearbeitet haben. | |
| ## Versehentliche Unterlassung | |
| Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, wies | |
| gegenüber der taz noch einmal darauf hin, dass nicht die Telefonanschlüsse | |
| der Journalisten, sondern die der Beschuldigten abgehört wurden. Auch | |
| Unbeteiligte würden so bei einem Anruf aufgezeichnet. Einer der | |
| Journalisten sei sofort im November nach Beendigung der Maßnahme informiert | |
| worden. Bei zweien sei dies erst nach Ermittlung der Anschrift erfolgt und | |
| nur in einem Fall „versehentlich unterblieben“. Eine Entschuldigung hat es | |
| bislang offenbar nicht gegeben. | |
| „Ich habe noch nicht das Gefühl, dass sich die Ermittler dieses Fehlers | |
| überhaupt bewusst sind. Es ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und damit | |
| auf ein elementares demokratisches Prinzip“, kommentierte die sächsische | |
| Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes Ine Dippmann. Wenn | |
| die Generalstaatsanwaltschaft auch darauf hinweise, dass Menschen eben | |
| Fehler machten, so bereite ihr der nachträgliche Umgang mit den Abhörfällen | |
| doch große Sorge. | |
| Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, | |
| warf Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) vor, hinsichtlich der Löschung | |
| der Daten von Berufsgeheimnisträgern auf den 24.000 Seiten Abhörprotokollen | |
| die Unwahrheit gesagt zu haben. Erst auf einen Antrag der Grünen hin seien | |
| diese gelöscht worden. Aus der in der Vorwoche eingegangen Stellungnahme zu | |
| diesem Antrag gehe außerdem hervor, dass noch weitere Journalisten und | |
| andere Berufsgeheimnisträger wie Ärzte von den Abhörmaßnahmen betroffen | |
| waren. Lippmann will den Justizminister auf der nächsten Sitzung des | |
| Rechtsausschusses zur Rede stellen. | |
| Die Antwort des Justizministeriums listet allerdings auch eine lange Reihe | |
| von Übergriffen auf offensichtliche Nazis und Anhänger der rechten Szene | |
| auf. Dennoch bleibt der sächsische Verfolgungseifer gegenüber vermeintlich | |
| linken Straftätern augenfällig. Nach vier Jahren waren 2014 ähnlich | |
| umfangreiche Ermittlungen gegen eine „Antifa-Sportgruppe“ ebenfalls | |
| ergebnislos eingestellt worden. | |
| 21 Jul 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
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