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# taz.de -- Berichterstattung über Flüchtlingskrise: Haben Medien wirklich ve…
> „Die Zeit“ soll die Ergebnisse eine Studie der Otto Brenner Stiftung über
> Medien und die Flüchtlingsberichterstattung überpointiert veröffentlicht
> haben.
Bild: Ein toter Junge ist im türkischen Bodrum angespült worden. Das Bild aus…
Da veröffentlicht jemand eine Studie über Probleme bei der
Medienberichterstattung – und prompt gibt es Probleme bei der
Medienberichterstattung. Das ist mal sowas von meta.
Die Otto-Brenner-Stiftung und der Medienwissenschaftler Michael Haller
haben eine aufwändige Studie über die Frage veröffentlicht, wie
Tageszeitungen über die sogenannte „Flüchtlingskrise“ berichtet haben. Die
Zeit durfte darüber am Donnerstag vorab berichten – und jetzt sind die
Forscher sauer. Weil Die Zeit das Ergebnis der Studie auf eine allzu
plakative Formel reduziert hat: „Studie der Otto Brenner Stiftung: Medien
haben in der Flüchtlingskrise versagt.“
So zumindest lautete eine Vorabmeldung, die die Hamburger Wochenzeitung am
Mittwochabend verschickt hat, um auf ihren Text in der aktuellen
Printausgabe hinzuweisen. Das ist aber keinesfalls das Ergebnis der Studie,
sagen Haller und die Stiftung.
„Die Zeit hat Zuspitzungen vorgenommen, die ich für boulevardesk halte“,
sagte Haller der taz. „Das hatte ich von der Zeit nicht erwartet.“
## Viele PolitikerInnen, wenige Betroffene in den Medien
In der [1][Studie], die ursprünglich am kommenden Montag erscheinen sollte,
untersuchten der emeritierte Journalistik-Professor Haller und sein Team
die Berichterstattung der „Printleitmedien“ FAZ, SZ, Welt und Bild sowie
der Onlinemedien focus.de, spiegel.de und tagesschau.de über
Flüchtlingsthemen zwischen Anfang 2015 und Anfang 2016. In einem
aufwändigen Codierungsverfahren wurde unter anderem erfasst: Wer kommt in
den Berichten zu Wort, welche Stimmungen erzeugen Text und Bilder – und
wieviel Meinung steckte in den Nachrichten?
Eines der Ergebnisse: Die „Flüchtlingskrise“ wurde vor allem entlang von
PolitikerInnen besprochen. Zwei Drittel derjenigen, die in den untersuchten
Texten zu Wort kamen oder als Akteure Erwähnung fanden, waren Personen aus
der etablierten Politik. Und das, so Haller, obwohl es sich nicht um ein
rein politisches, sondern ein gesellschaftliches Thema gehandelt habe.
Betroffene wie Geflüchtete, HelferInnen und andere BürgerInnen kamen
dagegen im Vergleich kaum vor. Ihr Auftreten lag laut Studie im
einstelligen Prozentbereich.
JournalistInnen hätten sich mehr um Ränkespiele innerhalb und zwischen den
Regierungsparteien gekümmert, anstatt ein breites Spektrum von Haltungen
und Ängsten in der Bevölkerung abzubilden, so die Studie im Fazit. Das
Ergebnis sei, dass abweichende Positionen und Meinungen, auch relevante
Probleme im Diskurs, praktisch nicht mehr vorgekommen seien.
## Es ist komplizierter als „Medien haben versagt“
Aussage der Studie sei jedoch keinesfalls, dass die Medien versagt hätten,
so Haller. Es gehe um Dysfunktionen in der Berichterstattung, gemessen an
dem normativen Anspruch, eine „gelingende gesellschaftliche Verständigung“
zu ermöglichen. Das ist natürlich kompliziert und lässt sich nicht so schön
skandieren wie: „Medien haben versagt“.
Seit Donnerstag haben mehrere Medien, darunter [2][welt.de], die Junge
Freiheit und die Branchenportale [3][meedia.de] und [4][turi2.de] den
Wortlaut der Zeit-Vorabmeldung übernommen. Die Otto-Brenner-Stiftung ist
not amused und schrieb am Freitag: „Erste (Vor-)Berichte über das AH 93 der
OBS „Die ‚Flüchtlingskrise‘ in den Medien“ fanden große Aufmerksamkeit
durch (über)pointierte Zuspitzung und bedenkliche Akzentuierung einiger
Ergebnisse.“ Die Veröffentlichung hat die Stiftung deswegen vorsichtshalber
vorgezogen.
Auch die Zeit hat ihre Vorabmeldung in der Zwischenzeit korrigiert. Aber
sie hat nur einen Passus entfernt, nachdem die Uni Leipzig an der Studie
beteiligt gewesen sei, was ein Missverständnis war. Dass „die Medien“
hingegen „versagt“ hätten, steht dort immer noch.
22 Jul 2017
## LINKS
[1] https://www.otto-brenner-stiftung.de/otto-brenner-stiftung/aktuelles/die-fl…
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article166815163/Studie-bemaengelt-…
[3] http://meedia.de/2017/07/20/losungen-der-politischen-elite-unkritisch-ueber…
[4] http://www.turi2.de/aktuell/studie-medien-haben-in-der-fluechtlingskrise-vo…
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Die Zeit
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