# taz.de -- Deutscher Atommüll: Keine Eile mit den Castoren | |
> Was macht der deutsche Atommüll im Ausland? Gab es da nicht dringende | |
> Rückholverträge? Plötzlich haben die Energiekonzerne die Ruhe weg. | |
Bild: Schon lange her, dass was aus Frankreich anrollte: Castor-Zug in Valognes… | |
Göttingen taz | Mit dem Rücktransport von 26 Castorbehältern aus | |
Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien haben es die | |
Energiekonzerne offenbar nicht eilig. Zwei Jahre nach der Einigung auf | |
einen Verteilungsplan für die Castoren haben die AKW-Betreiber noch nicht | |
einmal Transportanträge gestellt. | |
Aus einer der taz vorliegenden Antwort des Umweltministeriums auf eine | |
Anfrage der Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl geht hervor, dass die | |
Energieversorger bis zum Mai erst eine „Konzeption für die Antragstellung“ | |
vorgestellt hatten. Am 20. Juni habe es dann im neuen Bundesamt für | |
kerntechnische Entsorgungssicherheit eine „Beratung“ zu den geplanten | |
Anträgen gegeben. Immerhin, schreibt Umweltstaatssekretärin Rita | |
Schwarzelühr-Sutter in der Antwort, sei die Erstellung „weit | |
fortgeschritten, sodass mit einer Antragstellung in Kürze gerechnet werden | |
kann“. | |
Solange noch das Zwischenlager Gorleben angefahren wurde, konnte es der | |
Atomwirtschaft mit den Castortransporten nicht schnell genug gehen. Um die | |
Fuhren ins Wendland zügig abzuwickeln, verwiesen die Konzerne gern auf | |
angeblich völkerrechtlich verbindliche Verträge, die zu einer umgehenden | |
Rücknahme des hochradioaktiven Schrotts aus den ausländischen | |
Wiederaufarbeitungsanlagen verpflichteten. | |
2013 hatten Bundesregierung und Bundestag einen Neustart bei der | |
Endlagersuche verkündet. Um den bis dahin als einzigen Standort erkundeten | |
Salzstock in Gorleben nicht weiter als künftiges Endlager festzuschreiben, | |
wurden die Castortransporte dorthin ausgesetzt. Die noch aus Frankreich und | |
Großbritannien zu holenden 26 Castoren sollten auf die Bundesländer | |
verteilt werden, in denen Atomkraftwerke und Zwischenlager stehen. Das mit | |
Atommüll stark belastete Niedersachsen blieb außen vor. | |
Bayern, bei der Atomkraftnutzung ganz vorne mit dabei, verweigerte sich | |
zunächst jedem Kompromiss. Erst nachdem Bundesumweltministerin Barbara | |
Hendricks (SPD) die Sache an sich zog, gab der Freistaat seinen Widerstand | |
auf. Die beschlossene Regelung sieht vor, dass sieben Castoren ins | |
Zwischenlager am AKW Isar in Bayern gebracht werden – Ministerpräsident | |
Horst Seehofer (CSU) war es noch gelungen, Hendricks um zwei Castoren | |
herunterzuhandeln. Die übrigen Behälter sollen in Biblis (Hessen), Brokdorf | |
(Schleswig-Holstein) und Philippsburg (Baden-Württemberg) unterkommen, und | |
zwar so lange, bis ein Endlager für hochradioaktiven Müll in Betrieb geht. | |
Der Verteilungsplan steht nun seit zwei Jahren, genauso lange ist das | |
Konzept den AKW-Betreibern bekannt. Diese sehen allerdings keinen Grund zur | |
Eile. Genehmigungen würden in der Regel etwa ein Jahr vor dem geplanten | |
Transport beantragt, sagte der Sprecher der Gesellschaft für Nuklearservice | |
(GNS), Michael Köbl, auf taz-Anfrage. Für die anstehenden Transporte seien | |
sie also noch nicht erforderlich. Die GNS wickelt die Atommülltransporte | |
für die Betreiber ab und betreibt die zentralen Zwischenlager in Gorleben | |
und Ahaus. | |
Atomkraftgegner kritisieren die Verzögerung. Anstatt Verantwortung zu | |
übernehmen, klagten die Konzerne sogar gegen die Regelung. „Die | |
AKW-Betreiber verhalten sich schäbig“, sagte Kotting-Uhl der taz. Anstatt | |
möglichst konstruktiv zum Neustart der Endlagersuche beizutragen, hätten | |
sie vier Jahre nach Beschluss des ersten Endlagersuchgesetzes und zwei | |
Jahre nach Vorlage des Konzepts des Umweltministerium immer noch keine | |
Anträge gestellt. Vielmehr hätten sie sich jahrelang juristisch quergelegt | |
und so den Neustart belastet. | |
2 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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