# taz.de -- Lasermann vor dem Kadi in Frankfurt: „Ein fürchterlicher Abgrund… | |
> Der NSU-Prozess ist in der Schlussphase. In Frankfurt kommt bald der Mann | |
> vor Gericht, der die Blaupause für den NSU geliefert haben könnte. | |
Bild: Der „Lasermann“ John Wolfgang Alexander Ausonius vor Gericht in Schwe… | |
FRANKFURT AM MAIN taz | Die Parallelen sind frappierend. Elf Mordanschläge | |
innerhalb kurzer Zeit. Anschlagsziel waren jedes Mal Männer mit | |
Migrationshintergrund. Der Täter bestreitet seinen Lebensunterhalt mit | |
Banküberfällen. Sein erklärtes Motiv: Hass auf Einwanderer. | |
Nach dem Schock der späten Erkenntnisse über die NSU-Mordserie suchten | |
Fahnder nach verwandten Tatprofilen. Sie stießen dabei auf einen Fall, der | |
Vorbild für den NSU gewesen sein könnte: John Wolfgang Alexander Ausonius, | |
1953 in Schweden als Sohn eines Schweizers und einer deutschen Mutter | |
geboren, hatte in Schweden zwischen August 1991 und Januar 1992 elf | |
Migranten niedergeschossen, eines der Opfer erlag seinen Verletzungen. | |
Die Schweden nannten den unbekannten Attentäter „Lasermannen“, weil er bei | |
den ersten Anschlägen ein Gewehr mit Laserzieleinrichtung benutzt hatte. Im | |
Juni 1992 wurde er gefasst und schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt. | |
Er habe Einwanderer töten wollen, aus Hass und weil er damit von seinen | |
Raubüberfällen habe ablenken wollen, sagte Ausonius später in einem | |
Zeitungsinterview. | |
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen inzwischen davon aus, dass | |
„Lasermannen“ auch in Deutschland getötet hat. Im Frankfurter Westend soll | |
er die Garderobiere Blanka Zmigrod erschossen haben, vielleicht auch weil | |
sie Jüdin war. Die 22. Strafkammer des Frankfurter Landgerichts muss jetzt | |
über die Mordanklage entscheiden. Nach seiner Auslieferung aus Schweden | |
sitzt Ausonius in der JVA in Frankfurt-Preungesheim in Untersuchungshaft | |
und wartet auf den Prozess. | |
Die Daten und Fakten, die die Ermittler zusammengetragen haben, passen. | |
Ausonius war zur Tatzeit in Frankfurt. Er kannte das Mordopfer. Am Tag vor | |
dem Mord waren die beiden aneinandergeraten: Nach einem Restaurantbesuch | |
nahe der Alten Oper stellt Ausonius den Verlust seines Rechners fest. Er | |
glaubt, dass die Garderobiere den Computer, auf dem sich wichtige Daten | |
seiner Auslandskonten befinden, gestohlen hat und stellt sie zur Rede. Sie | |
bestreitet den Diebstahl. | |
## Festnahme nach Schießerei | |
In der Nacht darauf wird Zmigrod auf dem Heimweg von ihrem Arbeitsplatz | |
niedergeschossen. Unmittelbar danach setzt sich Ausonius mit falschen | |
Papieren nach Südafrika ab. Nach Schweden zurückgekehrt, geht er | |
schließlich der Polizei ins Netz und wird nach einer Schießerei | |
festgenommen. | |
Ausonius bestreitet, für den Mord in Frankfurt verantwortlich zu sein. Sein | |
Anwalt Joachim Bremer sagte der taz: „Es gibt einzelne Indizien, nicht | |
einmal eine Indizienkette; das reicht nicht für eine Verurteilung.“ Die | |
schwedische Justiz sah das offenbar anders. Sie lieferte den Beschuldigten | |
nach Deutschland aus. „Die Strafkammer prüft derzeit die Anklage, wie lange | |
das dauert, ist nicht absehbar“, so Gerichtssprecher Werner Gröschel zur | |
taz. | |
Der Angeklagte dürfte ein Interesse an einem zügigen Verfahren haben. In | |
Schweden gewährte man ihm Vollzugslockerungen. So durfte er sich 2015 immer | |
mal wieder frei bewegen. In Begleitung von zwei Zivilbeamten konnte er | |
shoppen, ins Schwimmbad gehen und sogar Interviews geben. | |
Einem langen Gespräch mit der Berliner Zeitung verdanken wir deshalb | |
Einblicke in sein Innenleben. Er berichtet über sein Scheitern im Studium, | |
von ruinösen Geldspekulationen, von seiner Spielsucht. „Ich war unzufrieden | |
mit meinem Leben und suchte Verantwortliche“, so Ausonius. „Ich war nach | |
den Attentaten erleichtert, ich fühlte mich ruhiger und nicht so gestresst | |
wie bei den Bankrauben.. Mord als Ausgleichssport. | |
Gemeinsamkeiten mit den Mördern Peter Mags, Andres Brevik und dem NSU-Trio, | |
die ebenfalls aus fremdenfeindlichen Motiven töteten, sieht er nicht. „Ich | |
bin kein Neonazi, kein politischer Mensch“, versicherte er. Dass er mit den | |
Mordanschlägen von seinen Banküberfällen ablenken wollte, nennt er | |
inzwischen „wahnwitzig“. Im Rückblick erschrecke er vor sich selbst. | |
„Hass gehört ganz sicher dazu, aber vielleicht noch mehr. Es ist ein | |
fürchterlicher Abgrund“, so die Bilanz des heute 64-jährigen. In | |
Deutschland droht ihm eine zweite Verurteilung zu lebenslanger Haft. | |
30 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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