# taz.de -- NSU-Prozess in München: „Meisterin im Verschleiern“ | |
> Die Bundesanwaltschaft geht in ihrem Plädoyer mit Beate Zschäpe hart ins | |
> Gericht. Für das mordende Trio sei sie zentral gewesen. | |
Bild: Ihre Rolle bei den Morden soll zentral gewesen sein | |
München taz | Es war am 16. Juni 2011, als Beate Zschäpe mit dem Zug nach | |
Niedersachsen fuhr. Ihr Ziel: Holger G., ihr langjähriger Unterstützer. | |
Dieser drückte Zschäpe einen Reisepass auf seinen Namen in die Hand. Ein | |
neues Tarndokument. Der Pass fand sich ein halbes Jahr später in den | |
Trümmern des von Zschäpe angezündeten letzten NSU-Unterschlupfs in Zwickau. | |
Zschäpe hatte diese Fahrt bei ihren Einlassungen im Prozess verschwiegen, | |
genauso wie Holger G. Die Bundesanwaltschaft wertete Computer- und | |
Handydaten aus und fand den Taxifahrer, der Zschäpe zum Bahnhof gefahren | |
hatte. Für die Ankläger beweist die Episode: Zschäpe war allein unterwegs, | |
sie besorgte ein Tarnpapier – noch kurz vorm Auffliegen. Sie war ein | |
aktiver und eigenständiger Teil des NSU-Trios. Bereits am Vortag hatte die | |
Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess ihr Plädoyer begonnen. Am Mittwoch trägt | |
Oberstaatsanwältin Anette Greger die Niedersachsen-Episode vor. Es sind | |
Puzzleteile aus dem Prozess, welche die Bundesanwaltschaft überzeugt: | |
Zschäpe war ein gleichwertiges Mitglied des NSU. | |
Schon am Vortag hatten die Ankläger Zschäpe als voll verantwortlich für die | |
zehn Morde, zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle des NSU bezeichnet. | |
Sie sei die „Tarnkappe“ des Trios gewesen, zuständig für die Logistik und | |
Alibis. Ohne sie hätten die Taten nicht stattfinden können. Greger füllt | |
dieses Bild mit weiteren Indizien. Waffen und Bekenner-DVDs hätten offen in | |
der Wohnung gelegen, alle Computer wurden unverschlüsselt betrieben. Der | |
Hauptcomputer stand in Zschäpes Zimmer. Dass diese, wie von ihr behauptet, | |
nichts mitbekommen haben will, sei fernliegend, so Greger. Das Trio habe | |
gemeinsam in „unbedingten Vertrauen“ gehandelt. | |
Für Greger spielte Zschäpe eine zentrale Rolle. Sie besorgte Ausweise, | |
Tarnpapiere und Handys. Als Holger G. einmal eine Waffe überbrachte, war | |
sie es, die ihn vom Bahnhof abholte und seine Sorgen beschwichtigte. Später | |
drückte sie G. auch 10.000 Euro zur Verwahrung auf. Für Greger wird damit | |
klar, dass Zschäpe die Verwalterin der Gemeinschaftskasse war. Damit komme | |
ihr eine „ganz herausragende Stellung in der Gruppenhierarchie“ zu. | |
Existenziell für die Bundesanwaltschaft auch: wie Zschäpe gegenüber | |
Nachbarn einen normalen Alltag vortäuschte. Die beiden Männer überführten | |
Autos oder seien auf Montage, erklärte sie deren lange Abstinenzen. | |
Zschäpe selbst nutzte elf Aliasnamen. Zu einer „Meisterin im Verschleiern“ | |
sei die 42-Jährige avanciert, sagt Greger. Und als die Männer mordeten, | |
habe sie zu Hause „Stallwache“ gehalten. | |
Zschäpe verfolgt die Worte Gregers auch an diesem Tag regungslos, fixiert | |
die Anklägerin aber genau. Nur einer ruckelt an diesem Tag unruhig auf | |
seinem Stuhl herum: Holger G. Immer wieder bezieht sich Greger auf seine | |
Hilfen für das Trio und auf seine Aussagen gegenüber Ermittlern. Dass | |
dieser Prozess für ihn glimpflich endet, darf auch Holger G. kaum noch | |
erwarten. | |
26 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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