Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Plädoyers im NSU-Prozess: Der Drang nach dem Schlussstri…
> Mit ihrem Plädoyer bricht die Bundesanwaltschaft die Opfererzählung Beate
> Zschäpes. Sie legt sich aber an anderer Stelle fest​.
Bild: Nicht nur die Opferfamilien haben das Gefühl, dass mit einer Verurteilun…
Nach 375 Prozesstagen und mehr als vier Jahren haben im NSU-Prozess
tatsächlich die Plädoyers begonnen. Und die Bundesanwaltschaft setzt
zunächst ein klares Zeichen: [1][Sie bricht mit der Opfererzählung Beates
Zschäpes]. Alle NSU-Taten waren nur das Werk von Uwe Böhnhardt und Uwe
Mundlos. Zschäpe hingegen habe diese nicht gewollt und war nur die
unterdrückte Mitläuferin. So hatte es die Hauptangeklagte selbst im Prozess
schildern lassen. Und so hatte es auch ein von ihr bestellter Gutachter
dargestellt.
Es könnte so gewesen sein. Nur spricht fast nichts dafür. Zeugen
schilderten Zschäpe als durchsetzungsstark, als aktive Rechtsextremistin,
die Waffen sammelte und vor dem Untertauchen für mehr Radikalität
plädierte. Und plötzlich ist sie nur noch die Geisel ihrer Kumpanen? Die
Ankläger gehen dem nicht auf den Leim: Zschäpe sei gleichwertige Mittätern
gewesen, der „entscheidende Stabilitätsfaktor“ des Terrortrios. Und die
Bundesanwälte haben dafür eine akribische Sammlung an Indizien
zusammengetragen.
Befremdlich aber ist: Wie die Bundesanwaltschaft gleichzeitig ihren Drang
[2][nach einem Schlussstrich] artikuliert. Alle Opfer seien „willkürlich“
ausgesucht worden, betonte sie. Es habe – außer dem Trio und den vier
Mitangeklagten im Prozess – keine weiteren Mittäter gegeben. Alles andere
seien „Irrlichter“, sei „Fliegengesumme in den Ohren“.
Allein: Es sind nicht wenige Opferfamilien, die überzeugt sind, dass lokale
Helfer den Attentätern die teils versteckten Läden ihrer erschossenen
Männer, Brüder oder Söhne gezeigt haben müssen. Es sind gleich eine Reihe
an Zeugen, die beim Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter mehr als
zwei Täter gesehen haben wollen. Und es sind schließlich auch Aufklärer in
den Untersuchungsausschüssen wie der CDU-Mann Clemens Binninger, die an
weitere Mittäter glauben. Alles Irrlichter? Wohl kaum.
## Die Aufklärung darf noch nicht ruhen
In der Tat spricht vieles dafür, dass wir immer noch nur einen Teil der
Wahrheit über den NSU-Terror kennen – wahrscheinlich auch nur einen Teil
der Helfer und Mittäter. Dass sich die Bundesanwaltschaft jetzt derart
festlegt, ist ein schlechtes Zeichen. Denn es liegt an ihr, nach diesen
möglichen Unterstützern weiter zu suchen. Immer wieder äußerten die
Opferfamilien eine Sorge: Dass da draußen noch Mittäter des NSU-Terrors
frei herumlaufen. Ausgeräumt ist diese Sorge nicht. Und solange das so ist,
darf die Aufklärung nicht ruhen.
26 Jul 2017
## LINKS
[1] /Bundesanwaltschaft-im-NSU-Prozess/!5437278
[2] /Kommentar-Geheimhaltungsfrist-beim-VS/!5423654
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hinterbliebene der NSU-Opfer: Angst vor dem Schlussstrich
Die Familien der Opfer sehnen schon lange das Ende des NSU-Prozesses
herbei. Sie sind bereits jetzt von den Ermittlungen enttäuscht.
Plädoyers im NSU-Prozess: Das Ende ist noch nicht in Sicht
Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess zieht sich hin. Und die
Opferanwälte wollen knapp 60 Stunden lang Schlussworte halten.
NSU-Prozess in München: „Meisterin im Verschleiern“
Die Bundesanwaltschaft geht in ihrem Plädoyer mit Beate Zschäpe hart ins
Gericht. Für das mordende Trio sei sie zentral gewesen.
Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess: „Die Täter sitzen hier“
Die Bundesanwaltschaft lässt in ihren Plädoyers keinen Zweifel: Beate
Zschäpe und die vier Mitangeklagten sind verantwortlich für den NSU-Terror.
Plädoyers im NSU-Prozess: Verurteilung Zschäpes gefordert
Nach mehr als vier Jahren ist der NSU-Prozess beinahe zuende. Es werden die
Plädoyers gehalten. Die Bundesanwaltschaft sieht Zschäpe als Mittäterin an.
Schlussphase des NSU-Prozesses: 373 Tage – und bald ein Ende?
Am Mittwoch tritt der NSU-Prozess mit den Plädoyers nach gut vier Jahren in
seine Schlussphase. Diese dürfte aber auch noch Wochen dauern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.