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# taz.de -- Urteil gegen Salafistenprediger Sven Lau: Zwei Männer, drei Gerät…
> Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilt den Salafistenprediger Sven
> Lau zu fünfeinhalb Jahren Haft. Sein Verteidiger will in Revision gehen
Bild: Verurteilt: Sven Lau wollte mal Scharia-Polizist sein
Düsseldorf taz | Vor einer Woche saß Salafistenprediger Sven Lau weinend
hinter der dicken Panzerglasscheibe im Hochsicherheitstrakt des
Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Er flehte das Gericht an, es möge beim
Urteil auch an seine Kinder denken. An diesem Mittwoch nun, als der Fünfte
Strafsenat um kurz nach 14 Uhr den Gerichtssaal betritt, steht Lau in
schwarzem Hemd hinter der Sicherheitsscheibe. Er sieht blass und müde aus,
wirkt aber gefasst. Seinen gut ein Dutzend Anhängern im Publikum hat er
kurz zugewunken, jetzt blickt er konzentriert zur Richterbank, wo der
Vorsitzende Richter Frank Schreiber das Urteil verliest.
Der Staatsschutzsenat spricht Lau in vier Fällen der Unterstützung einer
terroristischem Vereinigung im Ausland für schuldig und verhängt fünf Jahre
und sechs Monate Haft. Lau, so sieht es das Gericht als erwiesen an, soll
zwei Männer für die Terrororganisation Jamwa angeworben und ihnen bei der
Ausreise nach Syrien geholfen haben. Zudem soll er der Jamwa drei
Nachtsichtgeräte und einen geringen Geldbetrag von 250 Euro überbracht
haben. Lau habe den Verein „Helfen in Not“ dabei als „Fassade“ genutzt.
Weil weiter Fluchtgefahr bestehe, werde die Haft nicht ausgesetzt.
Schreiber betont, dass das Urteil nicht nur auf den Aussagen der beiden
geschleusten Männer, sondern auch auf anderen Zeugenaussagen und
zahlreichen Sachbeweisen beruhe, darunter Telefongespräche, SMS, Chats,
Videos und Fotos.
## Wahrheit und Lüge
An den Aussagen der beiden Zeugen, Ismail I. und Zoubir L., die beide
inzwischen selbst verurteilt sind, waren während des Prozesses immer wieder
Zweifel aufgekommen, weil sie sich selbst widersprachen und zum Teil auch
nachweislich die Unwahrheit sagten. „Man muss sich der Erkenntnis stellen,
dass niemand immer lügt und niemand immer die Wahrheit sagt“, so Schreiber.
Aufgabe des Gerichts sei es, die Aussagen zu überprüfen und einzuordnen.
Zeugen aus der radikal-islamistischen Szene würde in der Regel nicht reden,
so der Richter, nicht über sich selbst, schon gar nicht über andere. Würden
sie es tun, habe man es häufig mit „leicht narzisstischen Persönlichkeiten�…
zu tun. Soll wohl heißen: andere aber gibt es nicht. Schreiber betonte
auch, dass Ismail I., der stets als Kronzeuge der Anklage galt, erstmals
nach Eröffnung des Verfahrens gegen Lau ausgesagt habe.
Mit scharfen Worten weist der Richter die Vorwürfe von Laus Verteidiger,
dem Bonner Rechtsanwalt Mutlu Günal, zurück: „substanzloses Spektakel“,
„groteske wie kurzatmige Attitüde“, so nennt der Richter Günals
Ausführungen. Der Verteidiger hatte den einen Zeugen als „notorischen
Lügner“, den anderen als „Irren“ tituliert und der Bundesanwaltschaft
vorgeworfen, einen „Rachefeldzug“ gegen Lau zu führen. „Im Zweifel soll …
bitte Herr Lau gewesen sein – der Staatsfeind Nr. 1“, hatte Günal in seinem
Plädoyer gesagt.
## Vom Feuerwehrmann zum Scharia-Polizisten
Sven Lau, 36, ein ehemaliger Feuerwehrmann, stammt aus einer katholischen
Familie, mit 19 konvertierte er zum Islam. Seit 2008 predigt er unter dem
Namen Abu Adam. Mit Reden und YouTube-Videos wurde er neben Pierre Vogel
schnell zu einem der bundesweit bekanntesten Salafistenprediger. Zunächst
lehnte er Gewalt ab, dann aber radikalisierte er sich. Für bundesweite
Empörung sorgte Lau 2014, als er gemeinsam mit anderen Männern als
Scharia-Polizei durch Wuppertal zog.
Die Sicherheitsbehörden hatten Lau schon lange im Blick, im Frühjahr 2014
saß er bereits einmal drei Monate lang in Mannheim in Untersuchungshaft.
Dann musste die Staatsanwaltschaft die Anklage fallen lassen, die Beweise
reichten nicht aus. Die Frage war stets: Ist Lau zwar ein geistiger
Brandstifter, der junge Leute zum Salafismus verführt, aber geschickt die
Grenze zum Justiziablen nicht überschreitet? Oder ist er ein Terrorhelfer,
der seine Unterstützung für den Dschihad als humanitäre Hilfe tarnt?
Das Gericht sieht nun die zweite Sichtweise als erwiesen an – und folgt
damit weitgehend der Anklage. Bundesanwalt Malte Merz hatte sechseinhalb
Jahre Haft wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung für Lau
gefordert. Die Anklagevorwürfe gegen Lau hätten sich in „beeindruckender
Weise bestätigt“, hatte Merz in seinem Plädoyer gesagt.
Laus Verteidiger dagegen hatte in seinem Plädoyer Freispruch für seinen
Mandanten gefordert, auch sollte Lau für die U-Haft von 19 Monaten
entschädigt werden. Er hatte bereits im Vorfeld gesagt, im Falle einer
Verurteilung werde er vor dem Bundesgerichtshof in Revision gehen.
26 Jul 2017
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Sven Lau
Pierre Vogel
Salafismus
Terrorismus
Islamismus
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