# taz.de -- Kommentar Urteil für Sven Lau: Problematische Zeugen | |
> Salafisten zu verurteilen, ist schwer: Viele Zeugen aus der Szene sind | |
> narzisstisch und nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. | |
Bild: Sven Lau am Mittwoch im Gerichtssaal | |
Salafistenprediger Sven Lau muss [1][für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis]. | |
Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht, denn der Mann ist gefährlich. | |
Er ist einer der erfolgreichsten Verführer der radikal-islamistischen | |
Szene. Und auch in diese sendet das Urteil ein starkes Signal. Der Prozess | |
gegen den Konvertiten hat aber auch gezeigt, wie schwierig Verfahren gegen | |
Mitglieder dieser Szene sind. Ein Grund dafür sind die Zeugen. | |
In der Regel reden Salafisten nicht mit Sicherheitsbehörden, denn sie | |
erkennen diese schlicht nicht an. V-Leute in der Szene anzuwerben fällt den | |
Sicherheitsbehörden extrem schwer. Und diejenigen, die auspacken, haben | |
häufig „narzisstische Persönlichkeiten“, wie es Frank Schreiber, der | |
Vorsitzende Richter im Lau-Prozess, es in der Urteilsbegründung nennt. Man | |
könnte auch sagen: Sie sind Wichtigtuer, die es mitunter mit der Wahrheit | |
nicht so genau nehmen. Schwierige Zeugen also. | |
Überraschend ist das nicht. Denn diejenigen, die sich von Salafisten | |
verführen lassen, sind oft labile Menschen mit wenig Selbstbewusstsein, die | |
nach Aufmerksamkeit und Selbstermächtigung lechzen. Das gilt eben auch für | |
die, die irgendwann die Seiten wechseln. Auch die beiden Männer, die mit | |
Laus Hilfe zur syrischen Terrororganisation Jamwa ausgereist sind, gehören | |
in diese Kategorie. Insbesondere Ismail I., der während des Prozesses Lau | |
schwer belastet hat, hat viel geredet, sich widersprochen und auch | |
nachweislich die Unwahrheit gesagt. | |
Andere Zeugen aber gebe nun einmal nicht, hat der Richter in der | |
Urteilsbegründung gesagt. Dass niemand immer die Wahrheit sage oder immer | |
lüge. Und dass die Strafverfolger auf die Informationen aus der Szene | |
angewiesen sind. Aufgabe des Gerichts sei es, die Aussagen zu überprüfen | |
und einzuordnen. Das stimmt. Aber es ist ein auch Dilemma, wenn für die | |
Verurteilung die Aussagen von Wichtigtuern und Lügnern eine zentrale | |
Grundlage sind. | |
## Wer will schon schuld sein, wenn etwas passiert? | |
In einem anderen Terrorprozess hat die Lüge eines Salafisten gerade dazu | |
geführt, dass ein Mitangeklagter vielleicht über ein Jahr lang unschuldig | |
in Untersuchungshaft saß. Saleh A., Hauptangeklagter und Kronzeuge im Fall | |
der mutmaßlichen Anschlagspläne in der Düsseldorfer Altstadt, der in eine | |
Pariser Polizeiwache spaziert war und dort von den Anschlagsplänen | |
berichtet hatte, hat jüngst der Richterin erklärt, er habe die Unwahrheit | |
gesagt. Die Mitangeklagten hätten mit dem Plot gar nichts zu tun. Als Grund | |
für die Lüge gab er an, er sei von den französischen Sicherheitsbehörden | |
enttäuscht. Die Mitangeklagten waren vor der Festnahme überwacht worden – | |
ohne Ergebnis. In Untersuchungshaft kam auch der, gegen den sonst nicht | |
viel vorlag. | |
Mit der hohen Terrorgefahr steigt der Druck auf Polizei und Justiz, auch | |
fragwürdigen Zeugen zu glauben und gegen jene vorzugehen, die gefährlich | |
sein könnten. Wer will schon schuld daran sein, wenn am Ende etwas | |
Schreckliches passiert? Der politische Druck jedenfalls ist groß. Der neue | |
nordrhein-westfälische Innenminister konnte am Mittwoch nicht einmal die | |
Urteilsbegründung abwarten, bis er das Urteil gegen Lau begrüßte. | |
Schreiber, der Richter im Lau-Prozess, hat ausgeführt, dass die Aussage der | |
beiden Zeugen bei weitem nicht die alleinige Grundlage für Laus | |
Verurteilung als Terrorunterstützer ist; er hat andere Zeugen und | |
zahlreiche Sachbeweise angeführt. Das ist gut so. Dass Lau gefährlich ist, | |
wird niemand bestreiten. Doch wenn er als Terrorunterstützer verurteilt | |
wird, dann sollte er dies auch sicher sein. | |
27 Jul 2017 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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