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# taz.de -- EU-Zollunion mit der Türkei: Gespräche zur Schadensbegrenzung
> In den Beziehungen zwischen der Union und der Türkei bewegt sich derzeit
> nichts. Darunter leidet die Wirtschaft. Auch die Vertiefung der Zollunion
> stockt.
Bild: Baden gehen: Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Türkei und de…
Brüssel taz | Jean-Claude Juncker will keinen Zweifel aufkommen lassen:
„Europas Hand bleibt ausgestreckt“, sagte der Chef der EU-Kommission zum
Jahrestag des Militärputschs in der Türkei vor zehn Tagen. Die Tür zur EU
bleibe offen, trotz der Eiszeit in den deutsch-türkischen Beziehungen.
Doch in der Praxis geht fast nichts mehr zwischen Brüssel und Ankara. Das
mussten Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu und EU-Minister Ömer Çelik
feststellen, als sie am Dienstag zu einem Minigipfel in die EU-Hauptstadt
kamen. Statt um „Intensivierung des Dialogs“ geht es fast nur noch um
Schadensbegrenzung.
Schon am Montag hatte Erweiterungskommissar Johannes Hahn seinen türkischen
Gästen die Leviten gelesen. Auch er sei der Meinung, „dass sich das Land
sozusagen von europäischen Werten entfernt“, sagte der Österreicher.
Darüber werde es „sicher eine Diskussion“ geben. Hahn warnte auch vor
negativen Auswirkungen des deutsch-türkischen Streits. Der Konflikt fördere
sicher nicht die Bereitschaft von Touristen, ins Land zu kommen. „Dasselbe
gilt für Investitionen in das Land, wenn die Situation weiter sehr
wackelig, sehr unklar, sehr zerbrechlich erscheint.“
Das sind unangenehme Wahrheiten für die beiden türkischen Minister und
ihren selbstherrlichen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Denn sie sind vor
allem an besseren Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland und Europa
interessiert.
## Handelsgespräche ins Stocken geraten
Ende 2016 hat die EU-Kommission eine „Modernisierung“ der Zollunion
vorgeschlagen, die den Handel mit der Türkei seit 1995 vervierfacht hat.
Brüssel möchte diese Union nun auf Dienstleistungen, öffentliche
Beschaffung und Landwirtschaft ausweiten, was gerade für deutsche
Unternehmen lukrativ wäre.
Doch nun sind die Handelsgespräche ins Stocken geraten – genau wie die
Beitrittsverhandlungen. Zwar wurden die Aufnahmegespräche noch nicht
offiziell ausgesetzt, wie es das Europaparlament unter Hinweis auf die
türkischen Menschenrechtsverletzungen seit Monaten fordert. Auch deutsche
Rufe nach einer Kürzung der Vor-Beitritts-Hilfen für die Türkei werden
skeptisch gesehen.
Doch neue Kapitel werden nicht mehr geöffnet, de facto bewegt sich seit
Jahresbeginn nichts mehr. Dass „die Tür weiter offen steht“, wie
Kommissionschef Juncker betont, ist nicht viel mehr als nette Rhetorik,
um die ohnehin schwierigen Beziehungen nicht weiter zu belasten.
Allerdings gerät nun auch die Kommission unter Druck. Und auch das
Europaparlament und die Zivilgesellschaft werden unruhig. Die EU müsse den
türkischen Ministern bei ihrem Besuch in Brüssel klarmachen, „dass sie
endgültig eine rote Linie überschritten haben“, sagte
Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty. Die Beziehungen müssten auf eine neue
Grundlage gestellt werden. Doch welche? Die Antwort kommt wohl frühestens
im Herbst – nach der Wahl in Deutschland.
25 Jul 2017
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Mevlüt Çavuşoğlu
Jean-Claude Juncker
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