Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Türkische Satire: Mit Humor gegen die Repression
> Schon in den 80er Jahren waren Karikaturen ein beliebtes Mittel der
> Kritik in der Türkei. Inzwischen gibt es wieder Anlass für bissigen
> Humor.
Bild: Eine Karikatur von Sefer Selvi bei der Caricatura in Kassel
Eine populäre türkische Karikatur aus der Zeit nach dem Militärputsch von
1980 zeigt eine Maus, die von der Polizei abgeführt wird. „Sie hat
verbotene Bücher gefressen“, sagt ein Polizist. Das Bild könnte auch aus
dem Jahr 2017 stammen. Wieder sind es die Karikaturisten, die der
repressiven Staatsmacht bissigen Humor entgegensetzen.
Ihre Leitmedien sind die Satiremagazine Uykusuz und LeMan, das Kultheft
Penguen wurde dieses Jahr eingestellt. Zwar sind die Redaktionen
unabhängig, aber jede neue Ausgabe kann sie ins Gefängnis bringen. Es
laufen zahlreiche Strafverfahren, die Mitarbeiter werden bedroht,
Einzelhändler werden unter Druck gesetzt, bis sie die Hefte aus dem
Programm nehmen. Das führt zu sinkenden Auflagen.
Unter dem Titel „Schluss mit Lustig. Aktuelle Satire aus der Türkei“ hat
die Journalistin Sabine Küper-Büsch, die seit 25 Jahren am Bosporus lebt,
aktuelle Comicstrips und Karikaturen von insgesamt 46 Zeichnern
zusammengestellt. Das Buch gibt Einblick in die inhaltliche und
stilistische Vielfalt der Arbeiten und setzt sie in einen historischen
Kontext.
Schon im Osmanischen Reich gab es erste karikierte Sultane, schon damals
hatten die Urheber mit Zensur zu kämpfen. Die Herausgeberin erläutert zudem
Hintergründe, die es nichttürkischen Lesern erleichtern, die teils
verklausulierten Inhalte zu verstehen und zugleich zu erahnen, wie Politik
und Gesellschaft in der heutigen Türkei funktionieren.
Enthalten sind auch heftige Darstellungen: Erdoğan mit der Verfassung als
Hitlerbärtchen; Polizisten, die vor dem Verfassungsreferendum Demonstranten
verprügeln („Wir markieren schon mal alle, die mit Nein stimmen werden!“).
Die Zeichnung eines im Fernsehen sprechenden Erdoğan und zweier Schafe, die
sagen: „Wir werden dich nicht zu unserem Hirten ernennen!“, hingegen
brachte Uykusuz eine Klage ein.
Gerade der Vergleich mit Karikaturen aus den achtziger Jahren verdeutlicht,
wie sehr sich die Regime von heute und damals ähneln – wobei manche die
aktuelle Lage gar für noch schlimmer halten. 2005 wurde der Zeichner Musa
Kart angeklagt, weil er Erdoğan als Katze abgebildet hatte. Heute ist er in
Haft, weil man ihm Gülen-Nähe und Terrorpropaganda vorwirft – wie fast
jedem, der es wagt, die AKP zu kritisieren.
23 Jul 2017
## AUTOREN
Gerrit Wustmann
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Türkei
Kunst Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Karikatur
Kunst
Pressefreiheit in der Türkei
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Cumhuriyet
Putschversuch Türkei
Satire
Cumhuriyet
## ARTIKEL ZUM THEMA
Satire in der Türkei: Lachen als Indiz für Terror
Die Ausstellung „Schluss mit lustig“ in Kassel dokumentiert Karikaturen
seit den Gezi-Protesten 2013. Mittlerweile sind die Künstler vorsichtiger.
Kommentar Brief an die Deutschtürken: In guten wie in schlechten Zeiten
Außenminister Sigmar Gabriel wendet sich an die türkischstämmigen
Deutschen. Das zeugt nicht von staatsbürgerlicher Gleichheit.
Deutsch-türkische Beziehungen: Er kann auch freundlich
Außenminister Gabriel schreibt an die „lieben türkischen Mitbürger“. Den
Konflikt mit der Regierung in Ankara sollen sie nicht persönlich nehmen.
Karikaturzeitschriften in der Türkei: Lachen im Ausnahmezustand
Satire ist in der Türkei eine beliebte Form, Politik indirekt zu
kritisieren. Karikaturist*innen kämpfen mit Repression und sinkenden
Auflagen.
Cumhuriyet-Kolumnist Hikmet Çetinkaya: Kolumnist und Legende in Haft
Der 75-jährige Hikmet Çetinkaya berichtet seit Jahrzehnten kritisch über
die Gülen-Bewegung. Nun sitzt er in Haft, weil er sie unterstützt haben
soll.
Umgang mit der Türkei im Schulunterricht: Erdoğan und der „Reichstagsbrand�…
Deutschtürken kritisieren Material für den Politikunterricht in NRW scharf.
Der türkische Präsident wird darin indirekt mit Hitler verglichen.
Pressefreiheit in der Türkei: „Mehr Repression, mehr Satire“
Serkan Altuniğne zeichnet für das Satiremagazin „Penguen“. Ein Gespräch
über politische Kunst, eine kluge Jugend und den Humor der Mächtigen.
Nach Abdruck von Mohammed-Karikatur: Türkischen Journalisten droht Haft
Aus Solidarität hatte die säkulare Zeitung „Cumhurriyet“ im Januar das
Titelbild von „Charlie Hebdo“ nachgedruckt. Dafür könnte es viereinhalb
Jahre Gefängnis geben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.