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# taz.de -- Pro-Erdoğan Anzeige in der SZ: Ein Geschenk an alle kritischen Gei…
> Am Jahrestag des türkischen Putschversuchs druckt die Süddeutsche Zeitung
> eine Erdoğan-freundliche Anzeige – und erntet zu Unrecht heftige Kritik.
Bild: Foto, Foto, Flagge, Flagge
Berlin taz | Am Samstag erscheint in der Süddeutschen Zeitung eine
ganzseitige Anzeige mit Türkei-PR. Es folgt: ein Shitstorm. In den
Branchenportalen hagelt es [1][Kritik] und in den sozialen Medien
Unterstellungen: Ist die SZ käuflich für Diktatoren? In den Chefredaktionen
von Bild und Spiegel [2][empört man sich]. Aber warum eigentlich?
Rot und weiß, in den Farben der türkischen Fahne wirbt die Anzeige für den
„Sieg der Demokratie über den Terror“, der die Niederschlagung des
Putschversuchs vor einem Jahr angeblich gewesen ist. Es ist zweifellos die
regierungsnahe Sicht der Dinge, wie sie da in der SZ beworben wird.
Und so ergoss sich am Wochenende die Wut der Kritiker*innen gegen die
SZ-Anzeigenabteilung, einzelne SZ-Redakteur*innen distanzierten sich – und
Bild-Chefredakteurin Tanit Koch sowie Spiegel-Chefredakteur Klaus
Brinkbäumer priesen sich auf Twitter dafür, dass ihre Medien die Anzeige
nicht angenommen hatten. Man möchte kaum glauben, dass alle Anzeigen bei
Spiegel und Bild durch die Chefredaktionen abgenickt werden müssen –
arbeiten laut presserechtlicher Bestimmungen Verlage und Redaktionen der
Qualitätsmedien doch normalerweise unabhängig voneinander.
Genau das betonte dann auch die Geschäftsführung der SZ gegenüber dem
Branchenportal Horizont: Die Haltung des Verlags zur Message der Anzeige
sei nicht relevant, man drucke, was „nicht gegen den Geist der Verfassung
oder sonstiges Recht und Gesetz“ verstoße.
Schon früher natürlich, aber vor allem nach dem Putschversuch versucht die
türkische Regierung, ihre Position mit der Hilfe von PR-Organisationen
darstellen zu lassen. Laut PR Weekly, einem amerikanischen Fachmagazin,
kaufte die Türkei im Mai dieses Jahres zu diesem Zweck die Dienste des
weltweit operierenden PR-Agentur Burston-Marsellers.
Was allerdings viele im ersten Schäumen über die Anzeige nicht bemerkten:
Hier spricht nicht die türkische Regierung, sondern die „Union of Chambers
and Commodity Exchanges of Turkey“ – eine privatwirtschaftliche
Organisation, die sich unter anderem um Handelsbeziehungen zur EU bemüht.
## Der Leserschaft zumutbar
Und deren Anzeige ist in sich schon so entlarvend, dass sich eigentlich
niemand aufzuregen bräuchte. Zitat: „Jetzt, wo es [das türkische Volk, Anm.
d. A.] versucht, die tiefen Wunden des blutigen Putschversuchs zu heilen,
wünscht es sich im ersten Jahr der schwersten Prüfung für die türkische
Demokratie alle Freunde und Verbündete an seiner Seite.“ Das einzuordnen
soll der SZ-Leser*in nicht zuzumuten sein?
Es ist doch ein Geschenk an alle kritischen Geister, das diese Lobbyarbeit
so deutlich und plump daherkommt. Ganz genau wie der jüngste Werbespot auf
NTV mit Fußballleuchte Lukas Podolski („[3][Turkey: Discover the
potential]“).
Aber anstatt sich darüber zu amüsieren und erleichtert eine Flasche Sekt
aufzumachen, wird das bisherige Engagement von SZ-Journalist*innen für den
inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel wegen einer einzigen Anzeige
infrage gestellt. Wohlgemerkt: Auf den redaktionellen Seiten der SZ wird ja
weiter kritisch über die Türkei berichtet.
Übrigens: Während wir uns hier über eine Anzeige in der SZ empören, brachte
der Guardian einen Gastkommentar des türkischen [4][Staatspräsidenten].
Deshalb besser: Anzeigen der Lobbyorganisationen abdrucken. Knapp 86.000
Euro kostet eine Anzeige in der Wochenendausgabe der SZ. Wunderbar, wenn
davon Redakteur*innen und Reporter*innen bezahlt werden, die weiter
unabhängig über die Türkei berichten.
17 Jul 2017
## LINKS
[1] http://www.horizont.net/medien/kommentare/Tuerkei-Anzeige-in-der-SZ-Die-Ala…
[2] https://twitter.com/tanit/status/886244255861276672
[3] https://www.youtube.com/watch?v=YSrjwNMl-pQ
[4] https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/jul/15/turkey-coup-democracy…
## AUTOREN
Ebru Tasdemir
## TAGS
Türkei
Putsch
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