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# taz.de -- Recherche über Atomwaffenprogramm: Streit um Akten in Privatarchiv…
> Eine Journalistin will Dokumente über die deutsche Unterstützung der
> israelischen Atompolitik einsehen. Das Verfassungsgericht macht ihr
> Hoffnung.
Bild: Israels militärische Abwehrstrategie erhielt deutsche Unterstützung (Ar…
Freiburg taz | Das Bundeskanzleramt könnte verpflichtet sein, von der
Konrad-Adenauer-Stiftung die Herausgabe „privatisierter“ Akten zu
verlangen. Darauf wies jetzt das Bundesverfassungsgericht in einem
Grundsatzverfahren hin. Es erklärte eine entsprechende Klage aber für noch
nicht entscheidungsreif.
Klägerin ist die Journalistin Gaby Weber, die schon seit Jahren über die
„Aktion Geschäftsfreund“ recherchiert. Dahinter verbirgt sich ein geheimer
630-Millionen-DM-Kredit, mit dem die Bundesrepublik in den 1960er Jahren
das israelische Atomwaffenprogramm in der Wüste Negev finanzierte.
Drahtzieher auf deutscher Seite waren Hans Globke, Staatssekretär im
Kanzleramt, und Hermann Josef Abs, Chef der Deutschen Bank. Beide waren
auch für die „Wiedergutmachungs“-Verhandlungen mit Israel zuständig.
Webers Problem: Viele Akten der damaligen Zeit stehen nicht im
Bundesarchiv, wo sie eigentlich hingehören. Vielmehr haben Globke und Abs
sie nach ihrer Amtszeit „privatisiert“. Und nach dem Tod beider landeten
die Unterlagen bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (Globke) und beim
Historischen Institut der Deutschen Bank (Abs). Dort erhielt Weber aber nur
teilweise oder gar keinen Einblick.
Die Journalistin berief sich nun auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG)
und klagte gegen die Bundesrepublik: Das Bundesarchiv solle sich die
Unterlagen besorgen. Die Verwaltungsgerichte lehnten das aber durch alle
Instanzen ab. Das Bundesarchiv sei gesetzlich nicht verpflichtet,
archivwürdige Unterlagen zu beschaffen.
## Die Verwaltungsgerichte müssen entscheiden
Gegen diese Bescheide erhob Weber Verfassungsbeschwerde; ihr Grundrecht auf
Informationsfreiheit sei verletzt. Der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts lehnte die Klage nun aber als „unzulässig“ ab.
Weber habe es versäumt, einen Antrag beim Bundeskanzleramt zu stellen.
Während das Bundesarchiv die Akten noch nie besaß, könnte es eine
„Wiederbeschaffungspflicht“ des Kanzleramts für seine Akten geben. Dies
müssten nun aber zunächst die Verwaltungsgerichte entscheiden, so
Karlsruhe.
Dabei machen die Richter der Journalistin mit einigen Hinweisen durchaus
Hoffnung. So betonen sie, dass staatliche Akten auch dann staatliche Akten
sind, wenn sie bei einer privaten Stiftung liegen. Als Eigentümer könnte
die Bundesrepublik Herausgabe verlangen. Eine Wiederbeschaffungspflicht
bestehe auch, wenn jemand Akten einsehen will, die die Behörde verliehen
hat. Zu berücksichtigen sei auch die Pflicht zur Gleichbehandlung. Nur wenn
Akten beim Staat liegen, könne die Öffentlichkeit diskriminierungsfrei
zugreifen, während Stiftungen selbst entscheiden dürfen, wem sie Zugang
gewähren.
Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung, auch wenn es wohl noch Jahre
bis zu einer endgültigen Klärung dauern wird. Seine Relevanz zeigt sich
aktuell auch im Streit um den politischen Nachlass von Altkanzler Helmut
Kohl, der derzeit noch von Kohls Witwe Maike Kohl-Richter verwaltet wird.
Ansprüche erheben sowohl das Bundesarchiv als auch die
Konrad-Adenauer-Stiftung; der Bund erwägt die Gründung einer eigenen
Stiftung wie für andere Exkanzler, und auch Kohls Witwe hat die Gründung
einer Stiftung angekündigt. (Az.: 1 BvR 1978/13)
13 Jul 2017
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Atomwaffen
Israel
Konrad-Adenauer-Stiftung
Hans Globke
Bundeskanzleramt
Gesetzgebung
Aufarbeitung
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Bundeskanzleramt
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