| # taz.de -- Der Berliner Wochenkommentar I: Das Brumborium hat Gründe | |
| > Der Hype um die beiden Pandas erfasst die ganze Stadt. Meng Meng und Jiao | |
| > Qin sind mehr als niedliche Tiere – sie sind in vielfacher Hinsicht | |
| > Symbol für China. | |
| Bild: Mahlzeit: Pandabär Jiao Qing lässt es sich in seinem neuen Berliner Dom… | |
| Viele werden sie einigermaßen überhaben, die kugelrunden, scharz-weißen | |
| Mistviecher, die nach vierjähriger Verhandlung vor gut zehn Tagen endlich | |
| aus China nach Berlin ausreisen durften. In dieser Woche wurden sie mit | |
| viel Brimborium, inklusive Aperol Spritz und Kanzlerin der Öffentlichkeit | |
| präsentiert. Da kommen zwei Pandas in den Zoo, und schon steht die ganze | |
| Stadt kopf, so die allgemeine Rede. | |
| Besonders wurde in diesem Zusammenhang gern argumentiert, was für eine | |
| Unverschämtheit es doch sei, wie sehr die Chinesen die Bedingungen | |
| diktieren, unter denen sich Berlin ihre Pandas borgen darf. Eine Million | |
| Euro kosten den Zoo Meng Meng und Jiao Qing. | |
| Dass am vergangenen Mittwoch so viele hohe Tiere zugegen waren, lag vor | |
| allem daran, dass die Chinesen bei der Übergabe die höchste | |
| protokollarische Ebene erwarten. Anders als in den 1980ern verschenkt China | |
| seine Pandas nicht mehr, sondern sie werden wenigen Ländern gegönnt. Man | |
| muss sich demütigst anstellen, um einen zu bekommen. | |
| Das passt vielen nicht, die China vor allem als das Land wahrnehmen, das | |
| Natur zerstört und auf Durchzug schaltet, wenn es um die Grundrechte geht. | |
| Das ist nachvollziehbar, aber man muss auch die andere Seite verstehen. | |
| ## Das Land, das China gern wäre | |
| China wird in Deutschland noch immer ähnlich wahrgenommen wie zu | |
| Kolonialzeiten. „Die Chinesen“ werden als diffuse Masse gesehen, als „Gel… | |
| Gefahr“. Insofern ist es vielleicht auch verständlich, dass China | |
| ausgerechnet die Pandas zum Nationalheiligtum erklärt hat. Sie verkörpern | |
| das Land, das China gern wäre. | |
| Der Panda ist ein Unikat, er lässt sich nur schwer reproduzieren. Daher ist | |
| er das Gegenteil dessen, was wir Westeuropäer mit dem Label „Made in China“ | |
| assoziieren. Außerdem ist der Panda faul und wählerisch, also das Gegenteil | |
| dessen, was wir „den Chinesen“ unterschieben: Fleiß und Genügsamkeit. Und | |
| schließlich ist der Panda das Wappentier für Natur- und Artenschutz. | |
| Wir werfen „den Chinesen“ oft vor, dass ihnen Autos wichtiger sind als | |
| frische Luft. Nicht, dass dies nicht stimmen würde. Aber man muss sich | |
| weder mit chinesischer Landschaftsmalerei noch mit chinesischer Kochkunst | |
| auskennen, um zu ahnen: „Den Chinesen“ ist die Natur so lieb wie uns. Es | |
| fällt nur manchmal nicht leicht, in einer Gesellschaft Natur und | |
| Fortschritt unter den Hut zu bekommen, die sich noch sehr gut an eine der | |
| schwersten Hungersnöte seit Menschengedenken erinnern kann, die von 1958 | |
| bis 1961 bis zu 45 Millionen Menschen das Leben kostete. | |
| 8 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Messmer | |
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