# taz.de -- Das bleibt von der Woche II: Häuser denen, die sie brauchen | |
> Mit der Friedel54 wurde ein weiteres Projekt zur Stadtgestaltung von | |
> unten dem Boden gleichgemacht. Es bleibt Ernüchterung. | |
Bild: Wenn die Räume in der Friedelstraße leerstehen, ist niemandem geholfen | |
Im Koalitionsvertrag der Berliner rot-rot-grünen Landesregierung heißt es, | |
neue, lebenswerte und sozial durchmischte Stadtquartiere würden zukünftig | |
geschaffen. Einstweilen ein guter Ansatz, doch wäre es nicht förderlicher, | |
auf Bestehendem aufzubauen? Mit der Zwangsräumung des Kiezladens Friedel54 | |
in Nordneukölln am Donnerstag ging diese Chance ein weiteres Mal verloren. | |
Schutz bieten eigentlich das kommunale Vorkaufsrecht und die ausgeweitete | |
Milieuschutzverordnung. Beide Konzepte sollen Bürger*innen vor | |
unbezahlbaren Mieten und der vereinheitlichenden Gentrifizierung der | |
Bezirke bewahren. Wer es nun genau versäumt hat, von diesem Vorkaufsrecht | |
Gebrauch zu machen, ist fraglich. Im September 2016 wurde Rot-Rot-Grün | |
gewählt. Während der Vorbereitungen eines gemeinsamen Koalitionsvertrages | |
trat im Oktober die luxemburgische Briefkastenfirma Pinehill s. a. r. l. | |
als neue Eigentümerin des Hauses auf den Plan. | |
Die Bewohner*innen hatten zuvor versucht, selbst das Haus zu kaufen. Erst | |
nach dem Verkauf nahm dann Rot-Rot-Grün Kontakt zum neuen Eigentümer auf | |
und stieß auf taube Ohren. So sah sich die Landesregierung letztlich | |
gezwungen, die Interessen des Eigentümers mit einem exekutiven Aufgebot von | |
rund 500 Polizist*innen durchzusetzen. Trotz friedlichem Protest wurde die | |
Blockade teilweise unverhältnismäßig mit Schlägen und Schmerzgriffen | |
geräumt. Der zu Recht dämonisierte Stil Frank Henkels (CDU) ließ grüßen. | |
Meinte Tom Schreiber, innenpolitischer Sprecher der SPD in Berlin, diese | |
Szenen, als er via Twitter der Berliner Polizei einen erfolgreichen Einsatz | |
bei der Räumung wünschte? Nach dem fragwürdigen Verkauf des Hauses hätte | |
der Zuspruch den Demonstrierenden und Aktivist*innen gelten sollen. Das | |
übernahmen dann Vertreter*innen der Linkspartei und der Grünen, die vor Ort | |
dabei waren. | |
Mit der Friedel54 wurde ein weiteres Projekt zur Stadtgestaltung „von | |
unten“ dem Boden gleichgemacht. Es bleibt ein ernüchterndes Resultat: | |
Damit, dass die Räume des Kiezladens wahrscheinlich vorerst leer stehen, | |
ist niemandem geholfen – konkrete Konsequenzen politischer Versäumnisse. In | |
diesem Sinne: Häuser denen, die sie brauchen. | |
1 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Torben Becker | |
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