| # taz.de -- Räumung der Friedel54 in Berlin: Polizei greift daneben | |
| > Die Polizei zieht eine Meldung zurück, bei der Räumung sei ein Türknauf | |
| > unter Strom gesetzt worden. Wie sie zu der These kam, bleibt unklar. | |
| Bild: Polizisten vor der Friedel54 nach Räumung der Blockaden | |
| „Polizisten in Lebensgefahr – Linke setzten Türknauf unter Strom“: So od… | |
| ähnlich lauteten die Schlagzeilen vieler Medien am Donnerstag, als in | |
| Neukölln der Kiezladen Friedel54 von der Polizei geräumt wurde. Die Quelle: | |
| Ein Foto, das die Polizei an diesem Tag um kurz vor elf Uhr [1][getwittert] | |
| hatte. Es zeigt eine Holztür mit silbernem Türknauf, dazu der Text: | |
| „Lebensgefahr für unsere Kolleg. Dieser Handknauf in der #Friedel54 wurde | |
| unter Strom gesetzt. Zum Glück haben wir das vorher geprüft.“ | |
| Ein solcher Anschlag auf die Polizei wäre etwas anderes gewesen als | |
| Sitzblockaden und verbarrikadierte Türen. Entsprechend groß war die | |
| Aufmerksamkeit für diese Nachricht, die viele Medien offenbar ungeprüft | |
| übernahmen. Im Laufe des Tages mehrten sich allerdings die Zweifel an der | |
| Behauptung: Nicht nur hatte die Friedel selbst den Vorwurf sofort | |
| zurückgewiesen; auch meldeten mehrere Beobachter vor Ort über Twitter, den | |
| Türknauf unbeschadet angefasst zu haben. | |
| Mit einer Stellungnahme ließ sich die Polizei dennoch Zeit: Erst am | |
| Freitagnachmittag [2][veröffentlichte] sie, abermals auf Twitter, einen | |
| Ausschnitt aus dem Einsatzbericht. Darin heißt es, an der Kellertür sei ein | |
| eingeklemmtes Kabel festgestellt worden; auch habe das „Anliegen | |
| elektrischer Spannung“ an dem Türknauf gemessen werden können. Nachdem die | |
| Polizei den Keller über ein Fenster betreten hatte, konnte an dem Kabel | |
| aber „keine Stromquelle festgestellt werden“. | |
| Wie dort zunächst Strom gemessen werden konnte, wenn es dafür keine Quelle | |
| gab, vermag die Pressestelle der Polizei nicht zu erklären. Die | |
| Einschätzung der Kollegen vor Ort könne er nicht kommentieren, erklärt ein | |
| Sprecher. Auch die Frage, ob nicht vor Ort sofort Ermittlungen hätten | |
| eingeleitet werden müssen, wenn tatsächlich Lebensgefahr bestanden hätte, | |
| will die Polizei nicht kommentieren. | |
| Die Öffentlichkeit erst am Freitagnachmittag zu informieren sei | |
| „unglücklich“ gewesen, räumt der Sprecher ein. Allerdings habe das | |
| Social-Media-Team der Polizei selbst erst aus dem am Freitag vorgelegten | |
| Einsatzbericht erfahren, was aus dem Strom-Gerücht geworden war. Ihre | |
| Kollegen gleich über ihre Fehleinschätzung zu informieren, hatten die | |
| Beamten offenbar nicht für nötig gehalten. | |
| „Diese Behauptung war von Anfang an absurd“, sagt Mathias Sander, Sprecher | |
| der Friedel54. Bei der Tür sei auf den ersten Blick zu erkennen, dass der | |
| Metall-Türgriff auf Holz geschraubt sei ohne Verbindung ins Innere – eine | |
| Stromquelle hätte also von außen sichtbar sein müssen. Zwar habe neben der | |
| Tür eine Kabeltrommel gestanden. Diese sei jedoch offensichtlich nirgendwo | |
| ans Stromnetz angeschlossen gewesen. | |
| Sander kritisiert insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei: | |
| „Diese Fake News haben im Netz einen rechten bis rechtsextremen Shitstorm | |
| gegen die Proteste erzeugt, den die Polizei wider besseren Wissens | |
| stundenlang unkommentiert ließ.“ Es müsse davon ausgegangen werden, dass | |
| die Polizei die Proteste gezielt diskreditieren habe wollen, auch um damit | |
| ihr hartes Vorgehen gegen die DemonstrantInnen zu rechtfertigen. | |
| Der Fall erinnere an eine andere Fehlmeldung der Polizei: Im März 2016 | |
| hatte sie behauptet, bei einem Einsatz in der Rigaer Straße in | |
| Friedrichshain mit chemisch behandeltem „Säure-Konfetti“ beworfen worden zu | |
| sein. Später musste die Polizei einräumen, kriminaltechnische | |
| Untersuchungen hätten „keine Anhaltspunkte für eine gesundheitsgefährdende | |
| Substanz“ an dem Konfetti ergeben können. | |
| 2 Jul 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://twitter.com/PolizeiBerlin_E/status/880348844403412992 | |
| [2] http://twitter.com/PolizeiBerlin_E/status/880785391644749825 | |
| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
| ## TAGS | |
| Friedel54 | |
| Räumung | |
| Polizei Berlin | |
| Friedel54 | |
| Friedel54 | |
| Rigaer Straße | |
| Hausbesetzung | |
| Polizei Berlin | |
| Friedel54 | |
| Gentrifizierung | |
| Friedel54 | |
| Friedel54 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Polizei-Falschmeldung über Türknauf: „Immenser Schaden für die Friedel“ | |
| Mitglieder des Friedel54-Kollektivs klagen wegen einer Twitter-Lüge gegen | |
| die Polizei. Ihre Anwältin will der Polizei Grenzen aufzeigen. | |
| Friedel54 nach der Räumung: Jetzt eben auf dem Bürgersteig | |
| Im Juni wurde der Kiezladen Friedel54 geräumt. Doch das Kollektiv hinter | |
| der Friedel macht weiter – auch, um eine Neuvermietung der Räume zu | |
| verhindern. | |
| Rigaer Straße in Friedrichshain: Konfrontation und Konversation | |
| Anwohner sollen ihre Befriedungsvorschläge für die Rigaer Straße | |
| einreichen. Die Autonomen wollen nicht mitreden und zielen auf die Polizei. | |
| Alte Teppichfabrik in Friedrichshain: Es darf geräumt werden | |
| Seit Monaten ist die leerstehende Alte Teppichfabrik in Friedrichshain | |
| besetzt. Der Räumungsklage des Eigentümers gab das Gericht nun statt. | |
| Räumung von Berliner Kiezprojekt: Polizei setzt auf Fake-News | |
| In einem Tweet spricht die Polizei von „Lebensgefahr für unsere Kollegen“. | |
| Schnell ist klar: Das ist Quatsch. Trotzdem wird er erst einen Tag später | |
| korrigiert. | |
| Friedel 54 nach der Räumung: Suche nach einem Exil | |
| Die Linke möchte dem Kiezladen Ersatzräume verschaffen und den | |
| Polizeieinsatz aufklären. Für die Mieter des Hauses wird es brenzlig. | |
| Das bleibt von der Woche II: Häuser denen, die sie brauchen | |
| Mit der Friedel54 wurde ein weiteres Projekt zur Stadtgestaltung von unten | |
| dem Boden gleichgemacht. Es bleibt Ernüchterung. | |
| Räumung Friedel 54 in Berlin-Neukölln: Keine Party mit der Polizei | |
| 300 Menschen harren die ganze Nacht in einer Blockade vor dem Kiezladen | |
| aus. Die Räumung der Polizei ist hart, auch Medienvertreter werden | |
| angegangen. | |
| Räumungstermin für Kiezprojekt Friedel54: Schicksalstag für die linke Szene | |
| Am 29. Juni soll der Neuköllner Kiezladen geräumt werden – und wird auch | |
| über die „Kadterschmiede“ in Friedrichshain verhandelt. Proteste sind | |
| angekündigt. |