# taz.de -- Atommülltransport auf dem Neckar: Bootstour mit Nuklearantrieb | |
> Erstmals werden Castorbehälter per Schiff transportiert – über den | |
> Neckar. Nicht ohne Proteste des Bündnisses „Neckar castorfrei!“. | |
Bild: Das leere Transportschiff Edda auf dem Weg nach Obrigheim | |
Trotz der Hitze herrscht Schwimmverbot auf dem Neckar. Für alle – aber | |
besonders für die gelben Enten mit der Augenklappe und dem Seeräuberhaken. | |
Die Piratenente ist das Maskottchen des Protests gegen den ersten | |
Schiffstransport von Castorbehältern, der am Montag unter hohen | |
Sicherheitsvorkehrungen nach Obrigheim gestartet ist. | |
Begleitet von Hundertschaften der Polizei zu Lande, zu Wasser und in der | |
Luft, startete der sogenannte Schubzug zunächst leer, um die strahlende | |
Ladung in Obrigheim abzuholen. Von dort geht es nach dem Verladen der | |
zunächst drei der 15 Castoren auf die fünfzig Kilometer lange Schiffsreise | |
nach Neckarwestheim. Bis zur Ankunft hat das Bündnis „Neckar castorfrei!“ | |
in Gundelsheim bei Bad Friedrichshall eine Mahnwache eingerichtet. Dazu | |
rief das Bündnis zu einer Mahnwache in Heilbronn auf. | |
Der erste Atomtransport per Schiff ist eine direkte Folge des | |
Kernenergieausstiegs der Regierung Schröder. Bereits 2005 ist das | |
Kernkraftwerk Obrigheim als einer der ältesten Meiler vom Netz gegangen. | |
Dennoch sehen die Gegner den Transport auf dem Neckar als „völlig | |
überflüssig“ an. Denn es fehle ein Konzept, wie und wo der deutsche | |
Atommüll endgelagert werden könne, kritisiert das Bündnis. Der Transport | |
löse kein einziges Problem, die Brennstäbe ließen sich auch in Obrigheim | |
lagern. | |
Die Castorgegner halten den Transport zu Wasser für hoch riskant. Anders | |
als der Energieversorger EnBW behaupte, sei der eingesetzte Schubverband | |
keineswegs „praktisch unsinkbar“. Auf ihrer Webseite zählt das | |
Aktionsbündnis Havarien solcher Schubverbände aus den vergangenen Jahren | |
auf. Im Falle eines Unfalls wäre der gesamte Fluss radioaktiv belastet. | |
Offenbar nehme die EnBW aber eine Gefährdung der Bevölkerung in Kauf, um | |
mit dem zentralen Zwischenlager Geld zu sparen. | |
Die Gemeinde Neckarwestheim war mit einem Eilantrag gegen den Transport vor | |
dem Berliner Verwaltungsgericht gescheitert. Der Gemeinderat sah | |
entscheidende Sicherheitsaspekte der Gemeinde nicht berücksichtigt. | |
## Vier weitere Schiffstransporte | |
Baden-Württembergs grüner Umweltminister Franz Untersteller sagte dagegen | |
in einem Interview, er könne trotz des Transports „gut schlafen“. | |
Schließlich reklamiert er die Idee mit dem Schiffstransport nach | |
Neckarwestheim für sich. Der Transport sei gut abgesichert und das | |
Zwischenlager in Neckarwestheim mit seinen Tunnelröhren im Gestein das | |
„sicherste in ganz Deutschland“. Außerdem gab der Minister zu bedenken, | |
dass zwei Zwischenlager in Philippsburg und Neckarwestheim leichter zu | |
kontrollieren seien als drei. | |
Das Protestbündnis sieht das anders. Die Tunnelröhren müssten immer wieder | |
mit Beton ausgebessert werden, da der Grund des Steinbruchs unsicher sei, | |
so Herbert Würth, Sprecher des Bündnisses „Neckar castorfrei!“. „Dort i… | |
ganz sicher keine Langzeitlagerung über viele Jahrzehnte möglich“. | |
Der Plan des Landes und der EnBW sieht vor, dass alle 342 Brennstäbe aus 15 | |
Castoren in den Tunnelröhren von Neckarwestheim lagern werden. Dazu sind | |
vier weitere Schiffstransporte notwendig. In Neckarwestheim können die | |
Brennelemente zunächst bis 2042 bleiben, so lange läuft die Genehmigung für | |
das Zwischenlager. Dass bis dahin in Deutschland geeignete Endlagerstätten | |
für den Atommüll zur Verfügung stehen, daran gibt es allerdings berechtigte | |
Zweifel. | |
26 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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