# taz.de -- Aufklärer unter Verdacht: Steuervorwurf gegen Bode | |
> Just beginnt der Untersuchungsausschuss zu Mauscheleien öffentlicher | |
> Aufträge in Niedersachsen, schon muss FDP-Obmann Jörg Bode sein Amt ruhen | |
> lassen. | |
Bild: Vom Chefaufklärer zum Ermittlungsziel: Jörg Bode (FDP). | |
HANNOVER taz | Vergabeskandal, Genossenfilz, Tricksereien oder die gezielte | |
Aushebelung des fairen Wettbewerbs: Die niedersächsische Opposition aus CDU | |
und FDP trägt dick auf, wenn es um die Fehler der rot-grünen | |
Landesregierung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geht. | |
Als Chefaufklärer haben sich zwei ehemalige Minister in Stellung gebracht: | |
Während sich der früher viel kritisierte Abschiebe-Innenminister Uwe | |
Schünemann (CDU) in der unerwarteten Aufmerksamkeit sonnt, die ihm seine | |
neue Rolle im gerade eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss | |
(PUA) beschert, muss der Ex-Wirtschaftsminister Jörg Bode seinen Posten als | |
Obmann schon wieder ruhen lassen. | |
Gegen den FDP-Mann ermittelt die Staatsanwaltschaft Lüneburg wegen des | |
Verdachts auf Steuerhinterziehung. Es wird geprüft, ob Bode Einkünfte | |
korrekt versteuert hat, die er durch einen Aufhebungsvertrag mit einem | |
früheren Arbeitgeber gehabt haben soll. | |
„Ich hoffe, dass sich die Vorwürfe schnell aufklären, denn ich habe ein | |
reines Gewissen und bin fest davon überzeugt, mich vollständig korrekt | |
verhalten zu haben“, sagte Bode in einer Stellungnahme. Er wolle der | |
Staatsanwaltschaft alle Unterlagen zur Verfügung stellen und sein Amt als | |
Obmann im PUA ruhen lassen. | |
## Kritik gab es schon vorher | |
Von SPD und Grünen gab es schon vorher Kritik daran, dass ausgerechnet | |
Schünemann und Bode die Vergabe-Affäre aufklären wollen. Die beiden | |
Ex-Minister hätten „erhebliche Erfahrungen im Bereich von rechtswidrigen | |
Vergaben“, sagte der SPD-Abgeordnete Grant Hendrik Tonne im Landtag und | |
zitierte aus einem Bericht des Landesrechnungshofes von 2012. | |
Dieser prüfte die Vergaben öffentlicher Aufträge durch das damalige | |
Innenministerium. In dem Bericht steht, dass „rund 100 Prozent der | |
geprüften Vergaben mindestens einen Verstoß gegen Haushalts- oder | |
Vergaberecht enthielten“. Zudem habe bei 91 Prozent der Vergaben die | |
erforderliche Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gefehlt und oft sei kein | |
Vergleichsangebot eingeholt worden. | |
Doch diese Fehler der Vorgängerregierung verbessern nicht das Bild, das die | |
rot-grüne Regierung derzeit abgibt: Erst musste Wirtschaftsminister Olaf | |
Lies (SPD) [1][Mauscheleien zugeben bei der Vergabe] eines Moderationsjobs | |
bei der sogenannten Sieben-Städte-Tour zur Elektromobilität und bei der | |
Ausschreibung für die Neugestaltung der Internetseite [2][www.nds.de] (taz | |
berichtete), dann wurde seine Staatssekretärin [3][Daniela Behrens (SPD) | |
zum Rücktritt gezwungen]. Nun kommen immer mehr grobe Fehler ans Licht. | |
Konkret geht es nun darum, dass das Wirtschaftsministerium mehrere | |
unerlaubte Absprachen mit Unternehmen getroffen und dann die | |
Ausschreibungen so ausgestaltet haben soll, dass die anderen Bewerber keine | |
faire Chance hatten. | |
Minister Lies musste etwa das laufende Vergabeverfahren für die | |
[4][Auslandsvertretung Niedersachsens in Chicago] korrigieren, nachdem die | |
Opposition Mängel kritisiert hatte. Die Repräsentanz wird als Modellprojekt | |
zunächst für ein Jahr von einer Tochtergesellschaft der Deutschen Messe AG | |
geführt und soll für den Standort Niedersachsen werben. Das | |
Wirtschaftsministerium hatte jedoch erst nach der feierlichen Eröffnung | |
eine Ausschreibung veröffentlicht. CDU und FDP witterten einen | |
Wettbewerbsvorteil für den jetzigen Betreiber. | |
Schünemann hatte daraufhin gefordert, „die Verstrickung des | |
Wirtschaftsministers“ in allen Fällen zu klären. Um Rücktrittsforderungen | |
gegen den Minister ist es allerdings ruhiger geworden, seitdem sich die | |
Vergabeaffäre auch auf ein anderes Haus ausgeweitet hat. | |
## Schlampig, aber nicht manipulativ | |
Am vergangenen Freitag gab die Staatskanzlei des Ministerpräsidenten | |
Stephan Weil (SPD) eine eilige Pressekonferenz. Auch hier waren | |
Vergabefehler bei der Entwicklung des Werbeslogans „Niedersachsen. Klar.“ | |
öffentlich geworden. Der Chef der Staatskanzlei Jörg Mielke gestand | |
Rechtsverstöße ein. „Sie waren schlampig, aber nicht manipulativ“, sagte | |
er. | |
Vorwürfe der Opposition, die Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD) habe | |
eine SPD-nahe Agentur bevorzugt, seien falsch. Letztendlich wurden aber | |
Fristen so knapp gesetzt, dass sich außer der Agentur, mit der es schon vor | |
der Ausschreibung Kontakte gab, niemand mehr beworben hatte. Eine zentrale | |
Vergabestelle soll solche Fehler künftig verhindern. | |
Ministerpräsident Weil äußerte sich bereits gegenüber dem NDR zu | |
Rücktrittsforderungen gegen Pörksen: „Wenn ich bei jedem Vorwurf der | |
Opposition personelle Konsequenzen ziehen würde, stünde ich bald alleine | |
da.“ | |
27 Jun 2017 | |
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## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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