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# taz.de -- Streit bei Terre des Femmes: Kopftuchverbot-Antrag in der Kritik
> Terre des Femmes will Mädchen das Kopftuch verbieten. Das sehen manche
> Frauen in dem Verein kritisch – und schreiben einen offenen Brief.
Bild: Wenn schon kleine Mädchen ihr Haar bedecken müssen, können sie später…
Berlin taz | Der Antrag hatte es in sich: „Die Mitfrauenversammlung möge
beschließen, dass Terre des Femmes ein gesetzliches Verbot des sogenannten
‚Kinderkopftuchs‘ … fordert.“ Oder anders formuliert: Mädchen soll ver…
werden, auf der Straße ein Kopftuch zu tragen.
Den „Kopftuch-Antrag“ hatte der Vorstand der Menschenrechtsorganisation
Terre des Femmes (TdF) [1][auf seiner Vollversammlung am 20. Mai
eingebracht]. Er wurde mehrheitlich verabschiedet. „Durch die
Verschleierung von Minderjährigen wird ein späteres Tragen des Kopftuchs
bereits in der Kindheit vorgeprägt“, begründet der Verein: „Als Folge
dieser Konditionierung können oder wollen die Mädchen auch später das
Kopftuch nicht mehr ablegen.“ Das finden manche Mitfrauen, wie sich
Mitglieder bei TdF nennen, skandalös – und distanzieren sich jetzt in einem
offenen Brief von dem Beschluss.
Die 24 Autorinnen des Papiers, das an diesem Freitag veröffentlicht werden
soll und der taz vorab vorlag, fürchten, dass solche Beschlüsse
„rassistische Ressentiments reproduzieren und rechtspopulistische Tendenzen
in der Gesellschaft legitimieren“.
Die Befürchtung könnte nicht unberechtigt sein. So propagiert Alice Weidel,
Spitzenkandidatin der rechtspopulistischen AfD, im Tagesspiegel eine
ähnliche Haltung wie TdF: „Kopftücher gehören aus dem öffentlichen Raum u…
von der Straße verbannt. Das sollte auf jeden Fall gesetzlich festgelegt
werden.“
## Diskriminierendes Verhalten nicht rechtfertigen
„Einen pauschalisierenden und undifferenzierten Umgang mit dem Islam
kritisieren wir in scharfer Form“, sagt Katharina Kunze, eine der
Unterzeichnerinnen, der taz. Die heutige Gleichstellungsbeauftragte in
Erlangen war von 2013 bis 2015 bei TdF Referentin für weibliche
Genitalverstümmelung.
Kunze und die anderen Autorinnen wollen jedoch nicht falsch verstanden
werden und TdF diffamieren. Der Verein mache eine „tolle Arbeit“, sagen
Meding und Kunze unisono. Er kämpfe gegen Genitalverstümmelung,
Frauenhandel, Gewalt an Frauen, sexistische Werbung – in Deutschland und
weltweit. Aber den Ansatz, der Islam sei das neue Feindbild des Feminismus,
den TdF in ihren Augen seit Längerem vertrete, wollen die Kritikerinnen des
Kopftuchverbots nicht mittragen.
Ungeachtet dessen wollen die Autorinnen keinesfalls „diskriminierendes
Verhalten verharmlosen, das mit der Religion begründet wird“, sagt die
Politik- und Rechtswissenschaftlerin Ruth Meding, die bei TdF 2014 ein
Praktikum gemacht und danach in Indien ein TdF-Projekt gegen sexuelle
Gewalt koordiniert hat. „Wir stehen solidarisch an der Seite jeder Frau,
die sich unterdrückt oder zu irgendetwas gezwungen fühlt, sei es ein
Kopftuch oder eine Ehe.“
Sowohl der „Kopftuch-Beschluss“ als auch der offene Brief dürften die
Debatte über Rassismusvorwürfe innerhalb der feministischen Szene weiter
anheizen. Derzeit ist die Frauenbewegung heftig gespalten: Denjenigen, die
wie TdF das Kopftuch verbieten wollen, wird rasch Rassismus unterstellt.
Diejenigen, die sich für die Kopftuchfreiheit aussprechen, müssen sich
häufig nachsagen lassen, einen radikalen Islam zu verharmlosen.
## Keine Spaltung – aber Austritte
In der Spaltung der Frauenbewegung sowie einem Kopftuchverbot sehen die
Autorinnen des offenen Briefs allerdings eine grundsätzliche Gefahr für
Frauenrechte. „Wer rechtspopulistische Argumente aufgreift, lässt außer
Acht, dass Rechtspopulisten feministische Errungenschaften rückgängig
machen wollen“, sagt Meding.
Manche der Autorinnen wollen aus dem Verein austreten, einige haben ihn
bereits verlassen.
23 Jun 2017
## LINKS
[1] https://www.frauenrechte.de/online/index.php/themen-und-aktionen/tdf-positi…
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Terre des Femmes
antimuslimischer Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Kopftuch
Selbstbestimmung
Frauenrechte
Kopftuch
Diskriminierung
Genitalverstümmelung
Kopftuch
Gericht
Sexismus
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