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# taz.de -- Nach Messerattacke in Saarbrücken: Vorübergehend geschlossen
> Nach dem tödlichen Angriff eines Flüchtlings auf einen Psychologen
> beginnt die Suche nach einer Erklärung. Bislang ist das Motiv unbekannt.
Bild: Die Beratungsstelle nach der Tat
Saarbrücken taz | Nach der Bluttat blieb die psychosoziale Beratungsstelle
für Flüchtlinge und Migranten in Saarbrücken am Donnerstag geschlossen. Die
Psychologen und anderen Helfer müssen die „Grenzerfahrung“ – wie es
DRK-Landeschef Michael Burkert nannte – erst einmal selbst verarbeiten. Vor
ihren Augen hatte am Vortag ein syrischer Klient einen ihrer Kollegen
erstochen.
Das Tatmotiv bleibt weiter unklar. „Wir wissen ja noch nicht, welche
schrecklichen Erlebnisse der Täter in sich trägt und was da aufgebrochen
ist“, sagt Diakonie-Pfarrer Udo Blank. Vieles deutet allerdings auf eine
psychische Störung hin, die den 27-Jährigen zustechen ließ.
Er hatte sich sein Messer nach der Tat zweimal selbst in den Bauch
gestoßen, wie ein Polizeisprecher berichtete. Er wird mit schweren
Verletzungen weiter im Krankenhaus behandelt und war zunächst nicht
vernehmungsfähig. Ein Psychiater solle nun klären, ob Haftbefehl oder die
Einweisung in die Forensik beantragt werde, sagte der Polizeisprecher.
In dem Projekt „HOPE“, an dem der Täter teilnahm und für das das Opfer
arbeitete, geht es um Hilfe für Menschen, die Bürgerkrieg und Flucht
verarbeiten sowie in einer neuen Kultur ankommen müssen. Depressionen und
andere psychische Störung bis hin zur Traumatisierung sind laut Psychiatern
oft die Folge.
Wie viele der hunderttausenden in Deutschland lebenden Flüchtlinge darunter
genau leiden, ist unklar. Statistiken gebe es nicht, wie die
Psychologie-Professorin Tanja Michael, eine der führenden Expertinnen auf
dem Gebiet, bei einer DRK-Veranstaltung vergangenes Jahr berichtete.
## Vergleichbares Risiko
Dabei ist nach Einschätzung von Sozialarbeitern, Psychiatern und
Psychologen das Risiko, bei der Arbeit mit Flüchtlingen Opfer einer Attacke
im Wahn zu werden, nicht höher als in anderen Bereichen. So gibt es immer
wieder solche tätlichen Angriffen in ganz anderen Bereichen – etwa im
Jobcenter oder in Wohngruppen mit deutschen Jugendlichen.
Im Saarland verletzte erst im vergangen Jahr ein Jugendlicher seine
Erzieherin schwer. Und vor zwei Jahren erschoss in Dudweiler bei
Saarbrücken ein psychisch auffälliger Patient eine Neurologin in ihrer
Praxis.
Die Bluttat wollen die Verantwortlichen des DRK und anderen
Hilfsorganisationen erst einmal in Ruhe aufarbeiten. Diakonie-Chef Blank
warnte vor voreiligen Reaktionen. Es sollten keine hohen Hürden aufgebaut,
werden, die Hilfe für die Menschen erschwerten.
Verstummt waren am Donnerstag Internet-User, die noch am Mittwoch
Hasskommentare gegen Flüchtlinge veröffentlicht hatten – nicht zuletzt wohl
deswegen, weil herauskam, dass der getötete Psychologe selbst von Kriegen
im Nahen Osten betroffen war. Der 30-Jährige war erst 2004 aus dem Irak
nach Deutschland gekommen und hatte im vergangenen Jahr mit einem
Theaterstück versucht, die Problematik von Hass und Vertreibung
aufzuarbeiten.
8 Jun 2017
## AUTOREN
Jörg Fischer
## TAGS
Saarbrücken
Flüchtlinge
Messerattacke
Therapie
Psychologie
psychische Gesundheit
Schwerpunkt Flucht
Jugendliche
Jobcenter
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