# taz.de -- Automatische Gesichtserkennung: Reicht bald die Visage als Perso? | |
> Die Bundespolizei sucht Freiwillige für einen Probelauf zur automatischen | |
> Gesichtserkennung am Südkreuz in Berlin. Das wirft einige Fragen auf. | |
Bild: Was tun, wenn man nicht unfreiwillig zur Testperson werden will? | |
Berlin taz | Es klingt wie ein schlechter Witz – ist aber keiner. Die | |
Bundespolizei sucht Freiwillige für einen halbjährigen Probelauf zur | |
computergestützten Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz ab August. 275 | |
Menschen will man finden, am besten Berufspendler. | |
Als Preise winken, halten Sie sich fest, ein 25-Euro-Gutschein für Amazon | |
für alle Teilnehmer – und für die drei, die am häufigsten durchs Bild | |
laufen, Smartwatch oder Videokamera. Sicher ein verlockendes Angebot für | |
Leute, die gerne ihre Einkaufs- und Bewegungsprofile gläsern machen. | |
Für alle anderen wirft das Projekt allerdings Fragen auf. Zum Beispiel, was | |
man tun muss, um nicht unfreiwillig zum Testobjekt zu werden. Dazu erklärt | |
die Bundespolizei zwar, es gebe „Ausweichmöglichkeiten“ für den „markie… | |
Erfassungsbereich“. Aber wie der markiert wird, damit man ihn sehen und | |
umgehen kann, weiß die Dame in der Pressestelle nicht. Beruhigen soll uns | |
auch der Hinweis, die Testpersonen würden fotografiert und nur mittels | |
dieser kleinen Fotodatenbank im Test erkennbar. | |
Aber ist das ein Trost? Ist der Gedanke nicht naheliegend, dass | |
perspektivisch in der schönen neuen Welt unsere biometrischen Perso- und | |
Passfotos als Datenbasis benutzt werden sollen? Das wisse man noch nicht, | |
heißt es ausweichend aus dem zuständigen Bundesinnenministerium (BMI). | |
Unbekannt ist auch, was genau getestet werden soll. Klar, Gesichter. Aber | |
in einem „zweiten Testszenario“ soll „ein intelligentes Videoanalysesystem | |
für das Erkennen und Auswerten von Gefahrenszenarien erprobt werden“. | |
Darunter kann man sich viel vorstellen: vergessene Koffer, hilflose | |
Personen – aber auch Taschendiebe und Graffiti-Sprüher, wie die Morgenpost | |
schon im Februar schrieb. Auch hier weicht das BMI aus, der Test sei noch | |
in Vorbereitung. | |
Für Datenschützer ist das Ganze logischerweise problematisch – da es „die | |
Freiheit, sich in der Öffentlichkeit anonym zu bewegen, gänzlich zerstören | |
kann“, wie die Sprecherin der Berliner Datenschutzbeauftragten auf Anfrage | |
erklärt. Mit ihrer Kollegin auf Bundesebene ist sie sich einig, dass eine | |
Nutzung von automatischer Gesichtskennung im Echtbetrieb „derzeit keine | |
Rechtsgrundlage“ hat. Aber das kann man ja ändern. | |
20 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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Andrea Voßhoff | |
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