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# taz.de -- Cyberattacke in globalem Maßstab: Schwarze Bildschirme in 99 Länd…
> Die bisher größte Welle von Cyberattacken hat am Freitag weltweit Systeme
> lahmgelegt. Auch die Deutsche Bahn wurde Ziel. Besonders hart traf es
> britische Kliniken.
Bild: Bei der Deutschen Bahn ging es am Freitag zwangsläufig zurück zum Papier
London/Berlin dpa | Eine weltweite Welle von Cyber-Attacken hat am Freitag
zehntausende Computer von Unternehmen, Behörden und Verbrauchern getroffen.
In Deutschland erwischte es Rechner bei der Deutschen Bahn – Fahrgäste
fotografierten Anzeigentafeln mit Fehlermeldungen. In Großbritannien wurden
Krankenhäuser lahmgelegt, in Spanien war der Telekom-Konzern Telefónica
betroffen und in den USA den Versanddienst FedEx.
Die Computer wurden von sogenannten Erpressungstrojanern befallen, die sie
verschlüsseln und Lösegeld verlangen. Dabei wurde Experten zufolge eine
Sicherheitslücke ausgenutzt, die ursprünglich vom US-Abhördienst NSA
entdeckt worden war und vor einigen Monaten von Hackern öffentlich gemacht
wurde. Die Schwachstelle wurde zwar bereits im März von Microsoft
grundsätzlich geschlossen – aber geschützt waren nur Computer, auf denen
das Update installiert wurde.
Die IT-Sicherheitsfirma Avast entdeckte rund 75.000 betroffene Computer in
99 Ländern, mit einem Schwerpunkt auf Russland, der Ukraine und Taiwan.
Ihre Kollegen von Kaspersky Lab sprachen zuvor von zwischenzeitlich 45.000
Angriffen in 74 Ländern. Es sei eindeutig eine weltweite Attacke mit
Meldungen über befallene Computer aus diversen europäischen Ländern,
Russland und auch Asien, sagte Helge Husemann von der IT-Sicherheitsfirma
Malwarebytes.
Die Bahn teilte in der Nacht zum Samstag auf ihrer Website mit, es gebe es
wegen „eines Trojanerangriffs im Bereich der DB Netz AG“ Systemausfälle in
verschiedenen Bereichen. „Zugverkehr ist weiterhin möglich“, hieß es.
## Britische Patientenvereinigung kritisiert IT-Mängel
In Großbritannien waren Krankenhäuser unter anderem in London, Blackpool,
Hertfordshire und Derbyshire lahmgelegt, wie der staatliche
Gesundheitsdienst NHS mitteilte. Insgesamt gehe es um 16 NHS-Einrichtungen.
Computer seien zum Teil vorsorglich heruntergefahren worden, um Schäden zu
vermeiden. Patienten wurden gebeten, nur in dringenden Fällen in
Notaufnahmen zu kommen, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA. Zum
Teil mussten Patienten in andere Krankenhäuser umgeleitet werden.
Großbritanniens Premierministerin Theresa May sagte, die Attacken seien
nicht gezielt gegen den NHS gerichtet gewesen. Die britische
Patientenvereinigung kritisierte, der NHS habe aus früheren Cyber-Attacken
nicht gelernt. Verantwortlich für den Angriff seien Kriminelle, aber der
NHS habe nicht genug getan, um seine zentralisierten IT-Systeme zu
schützen. Im vergangenen Jahr waren unter anderem zwei Krankenhäuser in
Deutschland von Erpressungstrojanern betroffen gewesen.
## Die Waffe der Angreifer heißt „Wanna Decryptor“
Erpressungstrojaner werden von IT-Sicherheitsexperten als immer größeres
Problem gesehen. Die Computer werden befallen, wenn zum Beispiel ein Nutzer
einen fingierten Link in einer E-Mail anklickt. In der aktuellen Version
konnten infizierte Computer auch andere Rechner im Netzwerk anstecken.
Klassische Antiviren-Software ist bei Erpressungs-Trojanern oft machtlos.
Zugleich können die Angreifer mit dem Lösegeld, das viele Nutzer zahlen,
weitere Attacken finanzieren. Meist werden Privatleute Opfer der
Erpressungssoftware. Im vergangenen Jahr traf es zum Beispiel aber auch
deutsche Gemeindeverwaltungen. Eine derart verheerende Attacke wie am
Freitag gab es noch nicht.
Die Waffe der Angreifer war Experten zufolge die Schadsoftware „Wanna
Decryptor“, auch bekannt als „Wanna Cry“. Sie missbrauchte eine einst von
der NSA ausgenutzte Sicherheitslücke. Geheimdienste suchen gezielt nach
solchen Schwachstellen, um sie heimlich auszunutzen. Nachdem unbekannte
Hacker im vergangenen Jahr gestohlene technische Informationen der NSA dazu
veröffentlicht hatten, wurden die Lücke eigentlich von Microsoft gestopft.
Aber nicht alle Computer wurden auf den neuesten Stand gebracht – und das
rächte sich jetzt.
„Alle, die mit kritischen Infrastrukturen zu tun haben, sollten dringend
prüfen, ob ihre Systeme auf dem aktuellen Stand sind“, betonte Husemann von
Malwarebytes. Microsoft fügte am Freitag Erkennung und Schutz gegen die
neue Variante der Software hinzu.
## In Russlands Innenministerium fielen 1000 Computer aus
In Schweden waren 70 Computer der Gemeinde Timrå betroffen, hieß es auf der
Webseite der Verwaltung. Kurz vor 15.00 Uhr seien die Bildschirme der
Mitarbeiter zuerst blau und dann schwarz geworden. Als sie die Rechner neu
starteten, hätten sie die Meldung bekommen, dass die Daten verschlüsselt
seien und sie für die Freigabe bezahlen müssten.
Der Telekom-Konzern Portugal Telecom (PT) riet den Mitarbeitern, alle
Windows-Rechner herunterzufahren. Die PT-Homepage war am Abend nicht
abrufbar. Man sei von Hackern attackiert worden, die Lösegeld gefordert
hätten, bestätigte ein Firmensprecher. Zahlreiche Kunden der Bank
Millennium BCP hatten am Freitag lange keinen Zugriff auf ihre
Online-Konten. Das Geldhaus teilte mit, man sei nicht attackiert worden,
habe aber vor dem Hintergrund der Cyberattacke vorbeugende technische
Vorkehrungen ergriffen.
FedEx entschuldigte sich bei Kunden für Ausfälle durch den Angriff. Die
spanische Telefónica bestätigte einen „Cybersicherheits-Vorfall“. Nach
Medienberichten sahen am Freitag einige Mitarbeiter auf ihren Computern die
für Erpressungstrojaner typische Lösegeldforderung. Die Währung der Wahl
war – wie so oft in solchen Fällen – das anonyme Online-Geld Bitcoin. Auf
angeblichen Screenshots aus Großbritannien hieß es, sollte der geforderte
Betrag nicht innerhalb von sieben Tagen bezahlt werden, würden alle Daten
gelöscht.
Beim russischen Innenministerium fielen rund 1000 Computer aus. Das
entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn in westlichen
IT-Sicherheitskreisen wurden hinter der Veröffentlichung der NSA-Daten
Hacker mit Verbindungen zu russischen Geheimdiensten vermutet.
13 May 2017
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