# taz.de -- Von der Leyen zum Fall Franco A.: Ministerin ganz allein | |
> Im Verteidigungsausschuss kritisiert sowohl die Opposition als auch der | |
> Koalitionspartner die Ministerin. Der Vorwurf: mangelnde Aufklärung. | |
Bild: Von der Leyen auf dem Weg in den Ausschuss | |
Berlin taz | Rot-Rot-Grün gegen Ursula von der Leyen: Nach einer | |
Sondersitzung des Verteidigungsausschusses kritisierten Vertreter von | |
Linkspartei, Grünen und SPD am Mittwoch geschlossen das Krisenmanagement | |
der Verteidigungsministerin im Fall Franco A. In nichtöffentlicher Sitzung | |
hatte die CDU-Politikerin offenbar Fragen zum Verdacht auf eine | |
Terrorgruppe innerhalb der Armee offen gelassen. Dafür stellte sie einen | |
ganz allgemeinen Maßnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr | |
vor. | |
Noch vor der Bundestagswahl will von der Leyen den sogenannten | |
Traditionserlass ändern. Die Richtlinie, zuletzt aktualisiert im Jahr 1982, | |
regelt unter anderem den Umgang der Bundeswehr mit der Geschichte von | |
Wehrmacht und SS. Sie erlaubt das Sammeln und Ausstellen von Waffen und | |
anderen Ausrüstungsgegenständen aus dem „Dritten Reich“. | |
Solche Gegenstände sollen nun aus den Kasernen verschwinden. Von der Leyen | |
will zudem die politische Bildung innerhalb der Bundeswehr verbessern und | |
das Wehrdisziplinarwesen neu aufstellen. Dies könnte bewirken, dass | |
rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr künftig ausnahmslos nach oben | |
gemeldet werden und sie nicht wie im Fall Franco A. auf mittlerer Ebene | |
versanden. | |
Die Opposition und der Koalitionspartner SPD werfen der Ministerin falsche | |
Prioritäten vor. „Ich bin heute gekommen mit der Erwartung, mehr über die | |
Hintergründe des Falls Franco A. zu erfahren“, sagte die | |
Linken-Abgeordnete Christine Buchholz. Aufklärung habe von der Leyen in | |
der Sitzung aber nicht geleistet. Der Maßnahmenkatalog der Ministerin sei | |
zwar nicht grundsätzlich falsch, wirke aber wie eine Nebelkerze, „die | |
geworfen wird, um von weiteren, auch unangenehmen Nachforschungen | |
abzulenken“. | |
## Keine überzeugenden Antworten | |
Ähnlich äußerte sich die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger. „Natürlich | |
ist es wichtig, über Schlussfolgerungen zu diskutieren. Trotzdem muss eine | |
Ministerin auch selber eingestehen, wo sie Versäumnisse hat“, sagte sie. So | |
habe von der Leyen in der Sitzung keine überzeugende Antwort darauf | |
geliefert, wie oft sie sich in ihrer Amtszeit mit dem Thema | |
Rechtsextremismus beschäftigt habe. Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer | |
Arnold sagte: „Die Ministerin tritt auf, als ob sie die Problemlöserin wäre | |
und vergisst dabei, dass sie seit dreieinhalb Jahren die Verantwortung | |
trägt.“ | |
Offen blieb am Mittwoch nach Angaben aus dem Verteidigungsausschuss unter | |
anderem die Frage, warum der mutmaßliche Munitionsdiebstahl in der | |
Bundeswehr nicht früher aufgefallen war. Bei einem mutmaßlichen Komplizen | |
von Franco A. hatten die Ermittler in der vergangenen Woche rund 1.000 | |
Patronen gefunden. Mittlerweile ist klar, dass sie in Illkirch und | |
Hammelburg entwendet worden waren – zwei Bundeswehrstandorten also, an | |
denen der Oberleutnant tätig war. | |
Weitere Antworten verlangt der Ausschuss zudem in der Frage, warum der | |
mutmaßliche Mittäter Maximilian T. nicht schon früher aufflog. Schon vor | |
zwei Jahren hatte der Bundeswehrgeheimdienst MAD den Oberleutnant im | |
Visier. Ein anderer Soldat hatte gemeldet, T. habe in einem Magdeburger | |
Club betrunken versucht, ihn für eine Gruppe anzuwerben, die etwas gegen | |
Flüchtlinge unternommen wolle. Weil der MAD keine Beweise fand, schloss er | |
die Akte allerdings nach einigen Monaten wieder. Erst am Dienstag wurde | |
Maximilian T. in Folge der Ermittlungen gegen Franco A. verhaftet. | |
10 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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