# taz.de -- Plattform für die Transformation: Interdisziplinärer Thinktank | |
> Die neue „Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030“ will die von der | |
> UNO gesetzten Entwicklungsziele interdisziplinär angehen. | |
Bild: Beim Umbau der Energiewirtschaft geht es auch um Arbeitsplätze | |
Bescheid wissen allein reicht nicht, um die großen globalen Probleme zu | |
lösen, wie sie die Vereinten Nationen in ihren 17 Nachhaltigkeitszielen für | |
2030 vorgegeben haben. Das Wissen muss auch zur Anwendung gebracht werden. | |
Dazu hat sich die deutsche Forschung in dieser Woche ein neues Instrument | |
geschaffen: die [1][„Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030“], die in | |
einer Kombination aus Thinktank und Dialogforum einen schnelleren Transfer | |
vom Wissen zum Handeln erreichen will. Vorgestellt wurde sie auf dem 13. | |
Forum für Nachhaltigkeit des Bundesforschungsministeriums in Berlin. | |
Die Anregung dazu kam aus dem Bundeskanzleramt, wo mit dem [2][Rat für | |
Nachhaltige Entwicklung] die deutsche Nachhaltigkeitspolitik gesteuert | |
wird. Hierzu zählen Themen wie Landnutzung und Ernährung, nachhaltiger | |
Konsum und Produktion, Zukunft der Arbeit in der Digitalisierung oder | |
Urbanisierung. „Wir brauchen darüber eine große öffentliche Debatte, so wie | |
wir sie beim Klimaschutz auch gehabt haben“, sagte der Kanzlersamts- und | |
früherer Bundesumweltminister Peter Altmaier auf der Tagung. Es gehe um die | |
Kombination von ökologischer Tragfähigkeit des Planeten und sozialer | |
Gerechtigkeit zwischen den Menschen. | |
„Wir bringen die Erkenntnisse aus der Wissenschaft mit den Kräften der | |
Wirtschaft und der Zivilgesellschaft für die Nachhaltigkeit zusammen“, | |
umriss Forschungsministerin Johanna Wanka das Ziel der Plattform. Sie solle | |
„streng wissenschaftsgeleitet“ arbeiten, aber zugleich die Erfahrungen aus | |
der Wirtschaft, von Umweltschützern, Vereinen und Kommunen „systematisch | |
mit einbeziehen“. Diesen Prozess finanziert das Forschungsministerium | |
(BMBF) bis 2018 mit 1,3 Millionen Euro. | |
Getragen wird die Plattform von drei Wissenschaftsakteuren: dem | |
Lösungsnetzwerk für nachhaltige Entwicklung Deutschland (SDSN Germany), das | |
vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn gemanagt wird, | |
dem Deutschen Komitee für Nachhaltigkeitsforschung (DKN Future Earth) sowie | |
dem Forschungsinstitut für Nachhaltigkeitsstudien IASS (Institute for | |
Advanced Sustainability Studies) in Potsdam. Ein Lenkungskreis von 26 | |
Personen wurde berufen, der am Montag erstmals zusammentrat. Ihm gehören | |
neben 13 Wissenschaftlern auch 13 „Vertreter aus der Gesellschaft“ an, | |
darunter Umweltverbände wie der Nabu, Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmen | |
(BMW, Hugo Boss, Lebensbaum) und der Deutsche Städtetag. | |
## Rückkopplung erwünscht | |
Die Plattform soll nach den Worten der Sozialwissenschaftlerin Patrizia | |
Nanz vom IASS, die das Konzept vorstellte, „das beste verfügbare Wissen in | |
einem Lernprozess zwischen Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und | |
Wirtschaft systematisch für die Nachhaltigkeitsstrategie aufbereiten“. | |
Daraus folgten „konkrete Lösungswege und Handlungsoptionen für | |
Transformationsprozesse“. Trifft man auf Wissenslücken, werden diese an die | |
Forschung rückgekoppelt. | |
Zunächst will die Plattform „neuralgische Punkte“ identifizieren. Nanz: | |
„Das sind jene Stellen im System, die die größte Hebelwirkung haben und die | |
unbedingt verändert werden müssen.“ Dabei will sich die interdisziplinäre | |
Gruppe vor allem den Fragen zuwenden, die „quer zu einzelnen SDGs stehen“ �… | |
den Sustainable Development Goals der UNO –, und den „Fragen, die zum Kern | |
einer Sache vordringen“. Als Beispiel führte Nanz den Kohleausstieg an. | |
Hier gelte es nicht nur, den Zielkonflikt zwischen Umwelt und | |
Arbeitsplätzen auszutarieren. Sondern viel tiefer liegender stelle sich die | |
Frage, wie überhaupt die Zukunft der Arbeit aussehe, gerade vor dem | |
Hintergrund der Digitalisierung. Ausgehend von einem Klimaproblem, der | |
CO2-Reduktion, lande man bei der „Frage, welche Formen der Erwerbsarbeit | |
wünschbar und nachhaltig sind“. | |
Im Juni will die SDG-Wissenschaftsplattform in einer Konferenz ihre ersten | |
Nachhaltigkeitsthemen vorstellen. Es werden weiterhin dicke Bretter der | |
Weltprobleme sein. Nur den „Bohrer“, mit dem man sie schneller durchdringen | |
will, der soll neu erfunden werden. | |
12 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.iass-potsdam.de/de/forschung/nachhaltigkeitsziele | |
[2] http://www.nachhaltigkeitsrat.de/ | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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