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# taz.de -- Fleischkonsum in Deutschland: Fiese Keime auf dem Teller
> Eine Bundesbehörde warnt: Menschen können sich übers Essen mit
> antibiotikaresistenten Tier-Krankheitserregern anstecken.
Bild: Gerupft, eingetütet, verzehrfertig – nur das Gesundheitsrisiko bleibt …
Berlin taz | Antibiotikaresistente Keime von Tieren können über
Lebensmittel auf Menschen übertragen werden. Der Keim-Typ LA-MRSA CC9/CC398
könne insbesondere durch Putenfleisch in den Körper gelangen, [1][teilte
die Behörde Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vergangene Woche mit].
Das ist neu, denn bislang war nicht beobachtet worden, dass ein LA-MRSA
über diesen Weg übertragen wurde. LA-MRSA sind Krankheitserreger, die
Genanalysen zufolge aus Ställen stammen.
Umweltschützer kritisieren seit Langem, dass der Antibiotika-Einsatz in
Ställen zur Entstehung und Verbreitung von Keimen beitrage, die sich nicht
mehr mit diesen Medikamenten bekämpfen lassen. So gefährde die
„Massentierhaltung“ die menschliche Gesundheit. Nun hat das BfR bestätigt,
dass dieser Weg grundsätzlich möglich ist.
Das Amt bezieht sich vor allem auf Daten aus Dänemark: Dort infizierten
sich von 2009 bis 2015 zwölf Menschen mit dem CC9/CC398, obwohl dieser
Stamm bei Nutztieren in dem Land nicht vorkommt. So steht es in einer
[2][vom BfR zitierten Studie]. Bei einem Vergleich der Gene stellten die
Forscher fest, dass die Keime der Patienten denen von Tieren aus anderen
Ländern sehr stark ähnelten. „Teilweise wiesen die Stämme aus den
menschlichen Infektionen sogar die für Stämme aus Geflügel typischen Gene
auf“, berichtet das BfR. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass sich
die CC9/CC398-MRSA vom Geflügel an den Menschen angepasst haben. „Die
Autorinnen und Autoren nehmen außerdem an, dass die Stämme über
Geflügelfleisch auf die betroffenen Personen übertragen worden sein
könnten.“
Bei eigenen Untersuchungen habe das BfR weitere Stämme des CC9/CC398 MRSA
identifiziert, die den Keimen aus Dänemark sehr ähnelten. Die Mehrheit
dieser Stämme sei in Putenfleisch gefunden worden. Die Bakterien stammten
von Tieren, die in Polen gehalten, geschlachtet oder verarbeitet wurden,
wie es in dem [3][dazu veröffentlichten Fachartikel heißt].
## Risiko durch Putenfleisch
„Fasst man die Ergebnisse der beiden Studien zusammen, weist einiges darauf
hin, dass über Lebensmittel, insbesondere Putenfleisch, ein bestimmter
LA-MRSA Typ (CC9/CC398) von Tieren auf den Menschen übertragen werden
kann“, folgert das BfR. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist offen, ob diese
Übertragung durch den Verzehr und/oder den Umgang mit (rohem)
Geflügelfleisch erfolgen kann.“
Dennoch sei das Risiko einer Übertragung von LA-MRSA auf den Menschen durch
Geflügelfleisch immer noch gering, sagte der für Antibiotikaresistenzen
zuständige Fachgruppenleiter des BfR, Bernd-Alois Tenhagen, der taz.
Einerseits, weil Studien zufolge die Konzentration der Keime im
Lebensmittel gering sei und „vermutlich in den seltensten Fällen ausreichen
würde, den Menschen mit MRSA zu besiedeln“. Zum anderen spreche die
geografische Verteilung der beim Menschen in Deutschland nachgewiesenen
MRSA von Tieren nicht für eine Übertragung des Erregers über Lebensmittel.
Die Fälle häuften sich in Gebieten mit intensiver Nutztierhaltung und
entsprechend vielen in den Ställen tätigen Personen. „Bei einer Übertragung
von Nutztier-assoziierten MRSA über Lebensmittel müsste die Besiedlung beim
Menschen hingegen geografisch gleichmäßiger verteilt sein“.
Das BfR empfiehlt aber, MRSA bei Nutztieren und in Lebensmitteln weiterhin
intensiv zu beobachten. Außerdem sollte noch mehr getan werden, um zu
verhindern, dass die Keime etwa in Ställen in die Lebensmittelkette
gelangen.
2 May 2017
## LINKS
[1] http://www.bfr.bund.de/cm/343/die-uebertragung-von-nutztierassoziierten-mrs…
[2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5091345/
[3] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5159606/
## AUTOREN
Jost Maurin
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