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# taz.de -- Sanctuary Cities in den USA: Texas erzwingt Hatz auf Immigranten
> Viele Kommunen in den USA bieten Einwanderern ohne Papiere Schutz. Der
> texanische Gouverneur Abbott droht ihnen mit drakonischen Strafen.
Bild: Protest gegen den Gouverneur in Austin, Texas
New York taz | Bei der Verfolgung von papierlosen EinwandererInnen geht
Texas voran. Am Sonntag unterschrieb Gouverneur Greg Abbott ein Gesetz, das
das bislang schärfste Vorgehen der Trump-Ära gegen Sanctuary Cities
postuliert – gegen Städte, die papierlosen Einwanderern Schutz bieten.
Vom 1. September an sollen alle lokalen Behörden – von den Bürgermeistern
bis hin zur Polizei – gezwungen werden, mit der Einwanderungspolizei ICE,
einer Bundesbehörde, zu kollaborieren. Sie sollen ausländisch aussehende
Menschen auch ohne Anlass auffordern, ihre Papiere zu zeigen. Falls die
lokalen Behörden dazu – und zur Auslieferung von Papierlosen an die ICE –
nicht bereit sind, riskieren sie bis zu 25.000 Dollar Geldstrafe oder
Gefängnis.
„Abbott hat der texanischen Polizei eine Lizenz zur Diskriminierung
gegeben“, kommentierte die Bürgerrechtsorganisation ACLU. Noch am Abend der
Unterzeichnung fand der erste Protest am Gouverneurssitz statt, weitere
sollen folgen. Ein ähnliches Gesetz im Bundesstaat Arizona war 2010 auf
Widerstand gestoßen und vom obersten Gericht wegen verfassungswidrigen
Inhalts weitgehend aufgehoben worden.
Zahlreiche Polizeichefs und Sheriffs in Texas haben das Gesetz als
Hindernis für ihre Arbeit bezeichnet. In einem gemeinsamen Brief schrieben
sie: „Es ist schlecht für Texas und wird unsere Kommunen gefährlicher
machen.“ Sie befürchten, dass nun weite Teile der Latino-Community – sowohl
Papierlose als auch Leute mit legalem Aufenthalt – in den Untergrund
getrieben werden. Sie befürchten, dass viele ImmigrantInnen aus Angst vor
der Abschiebepolizei sich nicht mehr trauen, Anzeige wegen häuslicher
Gewalt zu erstatten oder als Zeugen von Straftaten aufzutreten.
## „Rassistisch und verfassungswidrig“
Sally Hernandez, Sheriff von Travis County, erklärte, sie sei nicht bereit,
Leute lediglich auf der Basis ihres Migrationsstatus festzunehmen. „Das
dient nicht der öffentlichen Sicherheit“, sagte sie, „es bindet vielmehr
die Hände der Ermittler und es treibt die Opfer von Verbrechen in den
Schatten.“
In der mehrheitlich demokratischen Stadt Austin nennt Ratsherr Gregorio
Casar das Gesetz „rassistisch und verfassungswidrig“. Mehrere
Bürgerrechtsgruppen haben angekündigt, gegen das Gesetz zu klagen. Sie
argumentieren, das Gesetz werde dazu führen, dass verstärkt Latinos
kontrolliert werden, was eine rassistische Diskriminierung darstelle.
Donald Trump und sein Justizminister Jeff Sessions sagten von Washington
aus den mehreren Hundert Sanctuary Cities in den USA den Kampf an.
„Sanctuary City“ zu sein bedeutet in der Regel, dass diese Kommunen im
Umgang mit ihren BewohnerInnen auf Ausweiskontrollen verzichten. In Texas
ist dies lediglich in der Hauptstadt Austin Praxis.
Sessions hat den Sanctuary Cities mit dem Entzug von Bundesfinanzen
gedroht. Dies wurde vorerst von einem Bundesrichter gestoppt, aber jetzt
preschen weitere Bundesstaaten mit Initiativen vor, die sich ausdrücklich
gegen die Sanctuary Cities richten.
## Abschiebung trotz Aufenthaltsgenehmigung
Die Sanctuary-Bewegung war unter Expräsident Barack Obama entstanden, in
dessen Amtszeit die Rekordzahl von rund 3 Millionen Menschen ohne Papiere
abgeschoben wurden, allerdings betraf dies stets straffällig gewordene
Menschen. In den letzten Wochen wurden hingegen quer durch die USA auch
Mütter und Väter von minderjährigen Kindern ins Ausland abgeschoben. Für
die Kinder, meist US-Staatsangehörige, bleibt den Eltern im Fall ihrer
Abschiebung lediglich die Alternative, sie mit nach Mexiko oder
Zentralamerika zu nehmen oder sie in fremde Familien zu geben.
In den letzten Wochen sind – und auch das ist eine Verschärfung – zudem
mehrfach Jugendliche abgeschoben worden, obwohl sie vorübergehende
Aufenthaltsgenehmigungen hatten und sich völlig legal in den USA
aufhielten. Auch wurden Eltern, die ihre Kinder zur Schule brachten, dort
von der Abschiebepolizei abgefangen. Auf den Notaufnahmestationen erlebt
das Personal, dass Menschen ihre kranken Angehörigen einliefern und sich
dann im Laufschritt davonmachen.
Während jetzt Angst unter Latinos grassiert, behauptet Gouverneur Abbott,
dass sich sein Gesetz nur gegen „Kriminelle“ richte – alle anderen müsst…
sich keine Gedanken machen. „Es ist ein trauriger Tag für Texas“, entgegnet
Elissa Steglich, eine Jura-Professorin, die an der Texas Immigration Clinic
in Austin Einwanderer berät. „Texas hat sehr lange die außergewöhnlichen
Beiträge von Einwanderern geschätzt. Aber dies ist eine abschreckende
Nachricht an die Community.“
José Garza vom Workers Defense Project in Austin sagt: „Wir müssen diese
Politik auf der Straße, in den Gerichten und an der Wahlurne bekämpfen.“
10 May 2017
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Sanctuary Cities
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Texas
Einwanderungspolitik
Mexiko
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Kirchenasyl
Jeff Sessions
Schwerpunkt Rassismus
Lesestück Recherche und Reportage
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