# taz.de -- Wohnungen in Berlin-Kreuzberg: Privater Investor abgetaucht | |
> Das Symbol Kreuzbergs stand vor dem Verkauf an einen privaten Bieter. Der | |
> Deal könnte scheitern und eine Wohnungsbaugesellschaft profitieren. | |
Bild: Kurz vor der Rettung: das Zentrum Kreuzberg am Kottbusser Tor | |
BERLIN taz | Das Zentrum Kreuzberg wird verkauft. Diesen formalen Beschluss | |
fassten die Eigentümer der Kommanditgesellschaft auf einer kurzfristig | |
einberufenen Gesellschafterversammlung am Dienstag im Hotel Zoo Berlin am | |
Kurfürstendamm. | |
An wen der Gebäudekomplex mit 295 Wohnungen und 90 Gewerbeflächen veräußert | |
wird, wurde damit noch nicht entschieden. Die Chancen allerdings, dass der | |
Sozialwohnungskomplex nicht an einen privaten Investor verkauft wird, sind | |
groß. Stattdessen könnte wohl die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft | |
Gewobag den Zuschlag erhalten. | |
Für die etwa 1.000 überwiegend einkommensschwachen Mieter des Zentrums | |
Kreuzberg wäre das womöglich die Rettung. Bis Donnerstag müssen sie jedoch | |
noch zittern. Dann läuft die Frist für die Unterzeichnung eines | |
Kaufvertrages für den privaten Bieter Juwelus ab. | |
Bis zum Dienstag hatte Juwelus den Gesellschaftern keinen Nachweis | |
vorgelegt, dass sie die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft des | |
Zentrums Kreuzberg bei der Investitionsbank Berlin-Brandenburg (IBB) | |
übernehmen. Auch konnten sie nicht nachweisen, über die 17,5 Millionen Euro | |
der gebotenen Kaufsumme zu verfügen, die über den Gesamtschulden von 40 | |
Millionen Euro liegen. | |
## Investoren unbekannt | |
Nachdem Anfang des Jahres die Mehrheit der etwa 360 Kommanditisten | |
schriftlich für einen Verkauf votiert hatte, war [1][Juwelus Mitte März als | |
Sieger eines Bieterverfahrens hervorgegangen]. 57,5 Millionen hatte das | |
erst unmittelbar zuvor gegründete Unternehmen mit einem Stammkapital von | |
25.000 Euro geboten. Dabei sind die Finanziers bis heute unbekannt. Genannt | |
wurden sowohl US-amerikanische, als auch israelische Investoren, zuletzt | |
ein reicher Inder. Womöglich aber hat Juwelus das Geld nicht zusammen. | |
Zum Zuge kommen würde dann die Gewobag, die mit einem Gebot von 56,5 | |
Millionen Euro als zweiter aus dem Bieterverfahren hervorgegangen war. Auf | |
Anfrage der taz teilte die Wohnungsbaugesellschaft mit, Interesse daran zu | |
haben, das Haus „zu erwerben“. Bis zum Abschluss des Verfahrens wolle man | |
sich aber nicht äußern. In der Warteschleife steht noch ein dritter Bieter, | |
der ebenfalls private Investor Gijora Padovicz. | |
Sollte die Gewobag das Rennen machen, wären auch alle [2][Überlegungen zur | |
Nutzung eines bezirklichen Vorkaufsrechts] obsolet. Baustadtrat Florian | |
Schmidt (Grüne) hatte sich zuletzt vehement dafür ausgesprochen, diese | |
Option nutzen zu wollen, sollte das Zentrum Kreuzberg an einen | |
Privatinvestor verkauft werden. Der Bezirk könnte dann, z.B. für die | |
Gewobag, das Haus zum Verkehrswert erwerben. Diese Option ist jedoch mit | |
rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. | |
## Staat als wahrer Eigentümer | |
Für Ryan Harty und Marie Schubenz, die als VertreterInnen des Mieterbeirats | |
an der Gesellschafterversammlung teilnehmen konnten, bleiben viele Fragen | |
unbeantwortet. Sie hatten die Gesellschafter aufgefordert, das Zentrum | |
Kreuzberg direkt an den „wirtschaftlichen Eigentümer“, also die öffentlic… | |
Hand zu übertragen. Sollte Juwelus nun zurückziehen, wäre das „nichts als | |
Glück“, so Harty. | |
Nach Ansicht der Mieter gehört das Haus längst in staatliche Hand. Seit dem | |
Bau 1974 hat die Kommanditgesellschaft 25 Millionen Euro Schulden aus | |
Aufwendungsdarlehen, die vom Staat damals tilgungs- und zinsfrei gewährt | |
wurden. 2014, nach 30 Jahren, lief diese Frist ab, doch die IBB hatte sie | |
stillschweigend verlängert. Ab Juli jedoch hätten die Schulden bedient | |
werden müssen – für die Gesellschafter der Grund, den Verkauf anzustreben. | |
19 Apr 2017 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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