# taz.de -- Naturschutzgebiet mit Nazi-Geschichte: Ein Urwald für den Bunker | |
> Die Valentinwildnis um die NS-Zwangsarbeiter-Gedenkstätte gehört ab | |
> sofort dem BUND. Der Wald soll Schutzraum und Gedenkort sein. | |
Bild: Rund um den Bunker Valentin wächst 23 Hektar Wald | |
BREMEN taz | Der BUND Bremen hat die Valentinwildnis gekauft. Dank | |
zahlreicher Spenden können die NaturschützerInnen den Bestand eines 23 | |
Hektar großen Waldes sichern, der den NS-Betonbunker Valentin in | |
Bremen-Farge seit 70 Jahren umwächst. Die für den Kauf notwendigen 23.000 | |
Euro hat der BUND vollständig aus Spenden finanziert. „Es ist die Erfüllung | |
eines langjährigen Wunsches“, sagt Joachim Seitz vom BUND. Die | |
NaturschützerInnen setzen sich seit den Siebzigerjahren für den Erhalt der | |
Valentinwildnis ein. | |
Die Idee, den Wald einfach zu kaufen, stammt dabei nicht vom BUND. Der | |
vorherige Besitzer, die Bundesanstalt für Immobilien, hatte dem | |
Naturschutzbund die Fläche für 30.000 Euro angeboten. Der BUND handelte die | |
Behörde auf 23.000 Euro herunter und benötigte zum Kauf dennoch Spenden. | |
„Wir sind finanziell stark belastet durch die Klagen gegen den | |
Offshore-Hafen und die Weservertiefung“, sagt Seitz. Umso erfreulicher sei, | |
das der Kauf geklappt habe. | |
Der Wald umgibt den Bunker Valentin, die Ruine einer U-Boot-Werft der | |
deutschen Kriegsmarine aus der NS-Zeit. Über 1.100 Zwangsarbeiter starben | |
während der Bauarbeiten von 1943 bis 1945 an Unterernährung, Krankheiten | |
und willkürlichen Erschießungen. Seit eineinhalb Jahren erinnert der | |
Denkort Valentin an Krieg und NS-Verbrechen. | |
Auch Marcus Meyer, wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte, freut sich | |
über den Erhalt des Waldes. Er sagt: „Die Bewaldung ist Teil der | |
historischen Baustellensituation.“ Die Reste der Lagerstandorte und von | |
Baustelleneinrichtungen seien sehr versteckt. „Auch das erzählt eine | |
Geschichte“, so Meyer, „nämlich dass die Geschichte dieses Ortes lange | |
nicht thematisiert wurde.“ Die Gedenkstätte plane künftig eine Kooperation | |
mit dem BUND. Denkbar ist laut BUND und Denkort etwa ein Naturlehrpfad, der | |
ebenfalls über die Geschichte der Fläche informiert und so politische und | |
Umweltbildung verbindet. | |
## Platz für tausende Fledermäuse | |
Neben der Erinnerung an die Gräuel der NS-Herrschaft kann der BUND | |
gleichzeitig sehr viel Natur erhalten: „Der Bunker beherbergt Tausende | |
Fledermäuse. Eines der größten Aufkommen in Nordwestdeutschland“, sagt | |
Seitz. Ebenso habe sich dort, einmalig in Bremen, der Uhu angesiedelt. Im | |
verwitterten Beton befinde sich zudem eine Reihe seltener Pflanzenarten. | |
Die Bundeswehr setzte die Bunkerruine seit den 1960ern teilweise instand | |
und nutzte sie bis 2010 als Materiallager. Die historische Dimension des | |
Ortes war aus dem öffentlichen Bewusstsein lange Zeit ausgeblendet. Auf der | |
Fläche konnte seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein Wald wachsen. | |
Der BUND schreibt in einer Mitteilung: „Der Wald deckt die Bunkerbaustelle | |
und die damit verbundenen Zeiten mörderischer Zwangsarbeit mit einem grünen | |
Kleid ab. Aus einem Ort des Grauens und der Qualen wurde in 70 Jahren eine | |
Oase der Natur.“ Seitz findet, das Areal zeige, was sich aus schrecklichen | |
Orten in Zeiten des Friedens entwickeln könne: „Die größte Fläche in | |
Bremen, auf der ein natürlicher Wald heranwachsen konnte.“ Der Erhalt | |
dieses Urwaldes ist nun gesichert. | |
18 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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