# taz.de -- Wanderausstellung zu Streetart: In der Glasvitrine erstarrt | |
> Die Ausstellung „Magic City“ entwendet Banksys Kunst der Straße und | |
> stellt sie ins Museum. Sie banalisiert und kommerzialisiert die Bewegung. | |
Bild: Streetart ist für den öffentlichen Raum gedacht | |
Die Seele der Streetart war seit den Anfängen der Bewegung ihre Absage an | |
die Kommerzialisierung der für die Öffentlichkeit geschaffenen Kunst durch | |
Dritte. Der Anspruch ist, für alle zugänglich zu sein, ganz egal, wie groß | |
der Geldbeutel ist – genau deshalb befinden sich die Werke auf der Straße, | |
an öffentlichen Plätzen und nicht im Museum oder White Cube. | |
„Eine faszinierend inszenierte Darbietung in Museumsqualität, aber ohne | |
Schwellenangst, denn es gibt keine Schwellen“, mit diesem Versprechen wirbt | |
„Magic City“, eine Wanderausstellung, die „Straßenkunst“ bereits in Dr… | |
gezeigt hat und seit 13. April nun auch in München besucht werden kann. | |
Schade nur, dass der Eintritt 14,90 Euro kostet. Die „Magic City“ | |
widerspricht schon in diesem Sinne nicht nur grundsätzlich der Idee der | |
Streetart – Veranstaltungen wie diese, die rein kommerziell ausgerichtet | |
sind und um der Unterhaltung Willen alles, was bunt ist, als „Streetart“ | |
betiteln, banalisieren die eigentliche Intention der Bewegung: „Graffiti is | |
an important and valid art form, it would be a shame if it was killed by | |
venture capitalism“ (Banksy 2015). | |
Streetart ist reflektiert und anspruchsvoll, eine Kunstform, die oft | |
unverblümt auf Missstände aufmerksam macht und das an Orten, an denen es | |
wehtut. Sie regt zum Nachdenken an und ist in ihrem Auftreten mehr als nur | |
bloße Verzierung, mehr als die oft im subversiven Look von Galeristen und | |
Kunsthändlern erschaffene „Urban-Art“. Das haben auch die Veranstalter von | |
„Magic City“ erkannt und bewerben ihre Ausstellung über unterschiedliche | |
Kanäle, vom Flyer über Onlinewerbeanzeigen bis zu großformatigen | |
Werbeplakaten im Stadtgebiet, als „politisch, lyrisch, bissig, kritisch“. | |
Klickt man sich jedoch einmal durch das Programm auf der Website, finden | |
sich viele Künstler, die nicht nur rein dekorative Werke erstellen, sondern | |
auch einige, die dieser idealistischen Idee inhärent widersprechen, indem | |
sie mit ihrem Talent fragwürdige Konzerne unterstützen. | |
Tristan Eaton arbeitet, wie „Magic City“ selbst stolz betont, als | |
kommerzieller Urban-Artist für Firmen wie Nike oder Versace, die Münchner | |
Graffiti-Legende Loomit kollaboriert seit Jahrzehnten ohne jede Scheu etwa | |
mit Gauloises-Zigaretten. | |
## Ihre ärgsten Feinde | |
Perfekt ins Bild passt dazu die Zusammenarbeit der Initiatoren mit Andreas | |
Schanzenbacher als Moderator. Dessen Agentur „Cromatics“ hat die | |
Kommerzialisierung urbaner Kunst in Deutschland auf die Spitze getrieben. | |
Riesige Flächen im öffentlichen Raum Berlins werden mit Bildern im | |
„Streetart-Look“ besprüht oder bemalt – aber eben nicht kritisch, bissig… | |
sondern als Werbung für große Konzerne wie den Spirituosenhersteller | |
Jägermeister oder auch Converse und Levi’s:Firmen, die schon oft wegen | |
ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in der Kritik standen. Dass dies nicht | |
im Sinne der Streetart-Bewegung ist, ist offensichtlich. | |
Banksy, Shepard Fairey, Ericailcane und viele andere prangern in unzähligen | |
Werken die Konsumgesellschaft und damit verbundene Umweltzerstörung und | |
Missachtung von Menschenrechten an. Die hippen Werbekampagnen von | |
„Cromatics“ sind genau die Art der Aneignung der öffentlichen Flächen dur… | |
Konzerne, denen Streetart-Künstler durch die Rückeroberung der Flächen im | |
Sinne der Allgemeinheit entgegenwirken wollen – der ärgste Feind der | |
Streetart. | |
Wie wahrscheinlich ist es daher, dass Banksy eine solche Veranstaltung | |
tatsächlich, wie „Magic City“ behauptet, mit „prominenten Leihgaben“ | |
unterstützt? Die Initiatoren von „Magic City“ suggerieren, Banksy | |
persönlich hätte ein Interesse daran, seine Werke hier zu zeigen. In der | |
Ausstellung von „Magic City“ in Dresden wurde bereits eine von Banksy | |
illegal im öffentlichen Raum erstellte Schablonenarbeit als besonderes | |
„Highlight“ in der Glasvitrine ausgestellt, die jedoch gegen Banksys Willen | |
von der Straße „entwendet“ wurde. | |
Gerade Banksy ist für seine radikale Haltung bekannt, hat selbst nie für | |
den öffentlichen Raum bestimmte Werke verkauft und verliehen. Oder wie sich | |
ein enger Freund Banksys – Peter Kennard – gegenüber BBC News äußert: | |
„Banksys Werke sind bewusst in der Öffentlichkeit für die Öffentlichkeit | |
geschaffen. Jeder, der ein solches Werk von dort aus kommerziellen | |
Interessen entfernt, ist ein Dieb, der sich an öffentlichem Eigentum | |
bereichert.“ | |
## Missbrauch öffentlicher Kunstwerke | |
Aber nicht nur Banksys Name wurde für das „Streetart-Spektakel“ | |
missbraucht. Nach Informationen des Künstlers selbst wurden die Arbeiten | |
von Ericailcane ohne dessen Einverständnis ins Programm aufgenommen: „I | |
didn’tgave them any permission to show my work and they didn’tcontact me. I | |
can’tfind any contact where I can write or ask something to them. Very | |
sad.“ | |
Für die Künstler bedeutet dieser Missbrauch ihrer Namen nicht nur ein | |
persönliches Ärgernis, sondern die Gefahr einer nachhaltigen Rufschädigung. | |
Denn das erzeugt für den Laien den Anschein, als würden sie ihren | |
jahrelangen subversiven Protest verraten und plötzlich am selben | |
subkulturellen Ausverkauf teilnehmen, gegen den sie seit über einem | |
Jahrzehnt ihre Kritik richten. | |
Wer authentische Streetart sehen will, sollte sie daher lieber auf der | |
Straße suchen: „ I think a museum is a bad place to look at art“ (Banksy). | |
Vor allem in München gibt es dank dem gemeinnützigen Kunstverein | |
Positive-Propaganda e. V. seit einigen Jahren eine Vielzahl von | |
Originalwerken internationaler Streetart-Größen kostenlos im öffentlichen | |
Raum zu sehen – unter anderem von Shepard Fairey und Ericailcane. Im April | |
erscheint in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat München der erste | |
kostenlose Streetart-Stadtplan, der via www.ppev.org an den | |
Touristeninformationen sowie im Kulturreferat erhältlich ist und zum | |
selbstständigen Entdecken einlädt. | |
18 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Luise Glum | |
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