# taz.de -- Kosten der Energiewende: Ausnahmen für Große | |
> Firmen genießen immer mehr Privilegien bei der Finanzierung der | |
> Energiewende. Die Rechnung zahlen die Verbraucher. | |
Bild: Hier klappt es mit der Energiewende – bei der Finanzierung durch die Un… | |
BERLIN taz | Die großen Unternehmen in Deutschland verabschieden sich nach | |
einer Analyse des „Forums ökologisch-soziale Marktwirtschaft“ (FÖS) immer | |
mehr von der Finanzierung der Energiewende. Im Jahr 2005 lagen die | |
Ausnahmen für die Industrie bei den Energie- und Strompreisen noch bei 10,7 | |
Milliarden Euro. 2016 hatten diese Ausnahmen bereits ein Volumen von rund | |
17 Milliarden, heißt es in der Studie, die von der grünen | |
Bundestagsfraktion beauftragt wurde und der taz vorliegt. | |
Demnach gibt es insgesamt 13 Ausnahmeregeln, die Betriebe ab einer | |
bestimmten Größe ganz oder teilweise von Steuern und Abgaben zum | |
Energieverbrauch freistellen. Das Geld, das so nicht eingenommen wird, | |
fehlt entweder in der Kasse des Staates, oder es wird durch Steuern oder | |
Abgaben von kleinen Betrieben und Privatkunden aufgebracht. | |
Von den 17 Milliarden für 2016 „wurden rund 11,5 Milliarden Euro direkt | |
von den übrigen Stromkunden (zum Beispiel von Privathaushalten und | |
Gewerben) über ihren Strompreis finanziert“, heißt es in dem Gutachten. | |
Den größten Anteil bei den Hilfen für die Unternehmen macht der Analyse | |
zufolge die vollständige oder teilweise Befreiung auf die EEG-Umlage für | |
Ökostrom aus: 4,2 Milliarden für 2016. Profitieren sollen davon eigentlich | |
Unternehmen, die viel Energie verbrauchen und im internationalen Wettbewerb | |
stehen, wie etwa Stahlwerke oder Aluminiumschmelzen. Dennoch sind unter den | |
von der Umlage befreiten Unternehmen beispielsweise auch | |
Futtermittelhersteller oder regionale Verkehrsbetriebe. | |
## Kommunen verzichten | |
Auf Platz zwei der Hilfen folgen 3,9 Milliarden an entgangenen | |
Konzessionsabgaben, auf die die Kommunen verzichten, statt die | |
Energieversorger für die Nutzung von öffentlicher Infrastruktur zahlen zu | |
lassen. Drittgrößter Teil mit entgangenen 2,3 Milliarden ist die | |
verringerte EEG-Umlage für Strom, den Unternehmen selbst erzeugen. | |
Auf weitere 2 Milliarden verzichtet der Staat, weil er Großverbrauchern von | |
Strom für ihre Verbrauchsspitzen die Stromsteuer erlässt – wobei er die | |
Firmen ohnehin schon um 1,3 Milliarden Euro entlastet, weil er 36.700 | |
Firmen im produzierenden Gewerbe und in der Landwirtschaft nierigere | |
Steuern auf Strom, Gas, Öl und Kohle gewährt. | |
Zu den weiteren Privilegien der Großverbraucher gehören neben kleineren | |
Posten auch niedrigere Kosten für die Nutzung der Netze und die kostenlose | |
Zuteilung von CO2-Zertifikaten für den EU-Emissionshandel. | |
Insgesamt sieht das Gutachten den Trend, dass immer mehr Unternehmen von | |
den Abgaben befreit werden: So wurden bei den Ausnahmen von der EEG-Umlage | |
2012 rund 680 Unternehmen begünstigt. „Im Jahr 2016 profitierten insgesamt | |
bereits 2006 Unternehmen von dieser Ausnahmeregelung“, monieren die | |
Gutachter. | |
## Strompreise über dem EU-Durchschnitt | |
Die Analyse relativiert die regelmäßigen Klagen des Bundesverbands der | |
deutschen Industrie (BDI) über die Kosten der Energiewende. Allein 2015 | |
mussten laut BDI „28,2 Milliarden Euro für die Energiewende von allen | |
Verbrauchern aufgebracht werden“ – ein Großteil davon aber offenbar nicht | |
von den großen Firmen. Laut EU-Kommission liegen die deutschen Strompreise | |
für Unternehmen mit etwa 15 Cent pro Kilowattstunde zwar über dem | |
13-Cent-Schnitt im Euroraum, aber hinter Italien und Großbritannien. | |
Für die grüne Energieexpertin Julia Verlinden ist die Folgerung aus dem | |
Gutachten nicht etwa die Streichung aller Privilegien. Deutsche Unternehmen | |
müssten wettbewerbsfähig bleiben. Allerdings müsse die „ausufernde | |
Subventionspolitik“ enden, die für eine soziale Schieflage sorge, weil sie | |
Private und kleine Firmen belaste. | |
Vergünstigungen sollten nur noch Unternehmen bekommen, die „tatsächlich im | |
internationalen Wettbewerb stehen und ehrgeizige Energiesparmaßnahmen | |
nachweisen.“ Andernfalls werde auf Kosten der Verbraucher und des | |
Klimaschutzes Energieverschwendung belohnt. | |
18 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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