# taz.de -- US-Außenminister in Russland: Tillerson im Gefrierschrank | |
> Beim Antrittsbesuch in Moskau ergehen sich beide Seiten in | |
> Unfreundlichkeiten. Russland fürchtet um seine Großmachtstellung. | |
Bild: US-Außenminister Tillerson bei seinem Besuch in Moskau | |
Moskau taz | Um im Bild zu bleiben: Die Vorstellungsvisite des | |
US-Außenministers Rex Tillerson in Moskau fand am Mittwoch in hochtoxischer | |
Atmosphäre statt. | |
Rex Tillerson sagte bei der Begrüßung durch seinen Amtskollegen Sergei | |
Lawrow, er wolle die „scharfen Differenzen“ klären und verstehen, warum es | |
Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und Russland gebe. Beide Seiten | |
seien sich einig, dass die Kommunikationskanäle offen bleiben müssten. | |
Russland habe viele Fragen zu den „sehr unklaren“ und „widersprüchlichen… | |
Ideen Washingtons, meinte Lawrow. Moskau wolle dessen „wahre Absichten“ in | |
Syrien verstehen. | |
In der Nacht zu Freitag hatte Washington eine Luftwaffenbasis zerstört, von | |
der syrische Militärs einen mutmaßlichen Giftgaseinsatz mit 80 Toten | |
lanciert haben sollen. Seither sind die russisch-amerikanischen Beziehungen | |
wieder unter den Gefrierpunkt gesunken. Dementsprechend kühl fiel der | |
Empfang Tillersons in Moskau aus. | |
## Zerrüttetes Verhältnis | |
Eigentlich hatten US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin | |
geplant, einen Neubeginn zu wagen. Spekulationen machten die Runde, Trumps | |
„America first“ und Moskaus Ambitionen auf eine erweiterte Einflusszone | |
könnten die internationalen Kräfteverhältnisse verschieben. Nach nicht | |
einmal hundert Tagen Trump-Präsidentschaft ist das Verhältnis zu Russland | |
jedoch zerrütteter denn je zuvor seit dem Kalten Krieg. Putin empfing den | |
amerikanischen Emissär, dem er vor drei Jahren den Freundschaftsorden | |
verliehen hatte, mit einem ausführlichen TV-Interview im Sender Mir, das | |
der Nachrichtenkanal Rossija 24 seit Dienstagabend in einer Dauerschleife | |
sendete. | |
Russland behauptet, das Assad-Regime hätte keine Chemiewaffen mehr. Zur | |
Untermauerung der These, das Gas stamme aus Beständen der Opposition und | |
sei als Provokation gedacht, sagte der Kremlchef: „Wir haben aus | |
verschiedenen Quellen Informationen, wonach solche Provokationen auch in | |
anderen Regionen Syriens, einschließlich des Südens von Damaskus, | |
vorbereitet werden.“ Auch dort wolle man syrischen Offiziellen dies wieder | |
in die Schuhe schieben. Die Quellen behielt Putin für sich. Der russische | |
Präsident fühlte sich an die US-Invasion 2003 im Irak erinnert. Damals | |
hatte der Westen den USA leichtfertig Glauben geschenkt, dass der irakische | |
Diktator Saddam Hussein auf Bergen von chemischen Waffen säße. | |
Auch diesmal hätten sich die Nato-Mitgliedsländer trotz Verstoßes gegen das | |
Völkerrecht wieder hinter den US-Präsidenten gestellt: „Sie nicken wie | |
chinesische Götzenbilder“, nichts werde geprüft oder hinterfragt, meinte | |
Putin. Er kündigte an, Russland werde sich an UN-Agenturen in Den Haag | |
wenden, die den Giftgaseinsatz genau untersuchen sollten. | |
Tillerson hatte schon im Vorfeld Präsident Putin gereizt, als er von | |
„Inkompetenz“ oder aber einer „Mitschuld“ Russlands für den Giftgasein… | |
sprach. 2013 hatte Moskau den Konflikt um Syrien entschärft, indem es sich | |
verpflichtete, die Giftgasproduktion und deren Lagerstätten zu vernichten. | |
Das war die erste Handlung, mit der Moskau sich als Macht in Erinnerung | |
rief, die an die Rolle der Sowjetunion anknüpfen und internationale | |
Verantwortung übernehmen könnte. Dass die USA dies nun als Illusion abtun, | |
muss den Kremlchef schwer treffen. Außenpolitik und vermeintliche | |
Großmachtrolle sind die Pfunde, mit denen er innenpolitisch wuchert. | |
## Wenig Verhandlungsspielraum | |
Für Groll sorgte auch das Treffen der führenden sieben Industriestaaten im | |
italienischen Lucca zu Wochenbeginn. Die G-7-Staatenlenker forderten | |
Moskau auf, Syriens Präsident Baschar al-Assad fallen zu lassen. Die | |
Sprecherin des russischen Außenamts kommentierte scharf: Mit Ultimaten | |
reise man nicht nach Moskau. | |
Der Spielraum für Verhandlungen ist eng. Statt Trumps großen Deal gibt es | |
nun ein paar Trippelschritte aufeinander zu, meinte der russische | |
Außenpolitikexperte Fjodor Lukjanow. | |
Der Kreml sieht sich mit dem Rücken zur Wand. Der US-Luftangriff | |
demonstrierte Moskau, wie begrenzt sein Wirkungsfeld im Mittleren Osten | |
ist. Auch die eigene Schlagkraft muss es sich nun vor Augen führen. Die USA | |
hatten Moskau vorab von dem Vergeltungsschlag informiert. Wäre das | |
russische Raketenabwehrsystem in der Lage gewesen, die Tomahawks | |
abzufangen? | |
Die Intervention in Syrien sollte Russland aus der Isolation herausführen, | |
in die es seit der Krimannexion 2014 geriet. Die Anerkennung als zweite | |
Weltmacht unter Donald Trump rückt in weite Ferne. Die Sache läuft nicht | |
mehr rund. Iran, Syrien und Nordkorea sind nun Verbündete. | |
Vor diesem Hintergrund dürfte ein gemeinsames Vorgehen gegen den IS noch | |
die einfachste Aufgabe sein. | |
12 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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